Kassel/Mannheim. Bill Stewart ist es gewohnt, zu polarisieren. Das, was vor seinem Rückflug in seine Heimat nach Toronto über ihn einbrach, hat er in dieser Form aber noch nicht erlebt. Der Kanadier, der die Adler im Jahr 2001 zum Titel führte und noch immer für den Club aus der Deutschen Eishockey Liga arbeitet, wollte die Kassel Huskies in die DEL führen. Nach Spiel fünf der Finalserie wurde er aber nicht einfach nur entlassen, danach kamen aus Kassel schwerwiegende Vorwürfe. Nun bricht Stewart das Schweigen und stellt seine Sichtweise dar. Er hat Zeugen, die diese belegen.
Herr Stewart, würden Sie nach den Erfahrungen, die Sie in Kassel gemacht haben, noch einmal bei den Huskies unterschreiben?
Bill Stewart: Ich habe ja gar nicht in Kassel unterschrieben, weil ich immer noch für die Adler Mannheim arbeite. Ich bin mit Huskies-Geschäftsführer Joe Gibbs gut befreundet und habe ihm einen Gefallen getan.
Zur Person: Bill Stewart
- Bill Stewart wurde am 6. Oktober 1957 in Toronto geboren.
- Seinen größten Erfolg als Trainer feierte Stewart im Jahr 2001, als er die Adler Mannheim zum Titel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) führte.
- Auch nach dem Ende seiner ersten Amtszeit blieb er dem Club verbunden, sprang unter anderem als Feuerwehrmann ein. Zuletzt trainierte er die Adler in der Saison 2022/23, in der er mit Mannheim das Halbfinale erreichte. Zurzeit arbeitet Stewart als Berater und Scout für die Adler.
- Nach Spiel fünf der DEL2-Finalserie gegen Regensburg setzten die Kassel Huskies den 66-Jährigen vor die Tür, danach machten wilde Gerüchte die Runde.
- Die Aussage des dritten Huskies-Torhüters Kristian Hufsky, die dieser Redaktion vorliegt, entlastet Stewart. In der Nachricht des 24-Jährigen, der beim Vorfall in der Trainerkabine dabei war, heißt es unter anderem: „Wir haben Essensboxen sortiert und auf den Boden gestellt. Bill war verärgert und hat gegen die Boxen getreten. Er hat mich damit getroffen, aber das war’s auch schon. Wir hatten immer noch genug Essen. Es war kein anderer Spieler involviert.“
War diese Freundschaft der einzige Grund, warum Sie den Job in Kassel übernommen haben?
Stewart: Nein, mich hat auch die Herausforderung gereizt. Die Huskies hatten vier Jahre lang versucht, in die DEL aufzusteigen. Ich wollte sie zu diesem Ziel führen. Ich habe Daniel (Adler-Gesellschafter Daniel Hopp, Anmerkung der Redaktion) gefragt, was er davon hält, und er hat mir gesagt: Klar, mach das!
Welche Aufgabe haben Sie denn noch bei den Adlern?
Stewart: Ich arbeite als Scout und Berater für den Club.
Zurück zum Ende Ihrer Zeit in Kassel. Sie wurden nach dem fünften Finalspiel gegen die Eisbären Regensburg gefeuert. Als Begründung wurde ein vermeintlicher Vorfall nach der Niederlage in Spiel vier genannt. Ihnen wird vorgeworfen, einigen Spielern das Essen aus der Hand geschlagen zu haben. Was sagen Sie dazu?
Stewart: Mir ist es wichtig, meinen Namen reinzuwaschen. Ich habe die Dinge, die mir vorgeworfen werden, nicht gemacht. Ich habe von diesen Lügen erst von meiner Frau erfahren, sie hat mich darauf hingewiesen. Es waren nur wenige Leute in der Trainerkabine in Regensburg, in der sich die Szene abgespielt hat, die nun falsch dargestellt wird. Unser dritter Torhüter Kristian Hufsky war dabei. Er hat genau gesehen, was vorgefallen ist und legt Zeugnis für mich ab: Ich habe niemandem das Essen aus der Hand geschlagen! Dass jetzt solche Unwahrheiten über mich erzählt werden, beschäftigt mich sehr.
Aus welcher Ecke kommen die Anschuldigungen?
Stewart: Ich will niemanden vor den Bus werfen. Die 52 Tage, die ich in Kassel verbracht habe, waren für mich eine Herzensangelegenheit. Eines weiß ich genau nach dieser Zeit: Im Team der Kassel Huskies gibt es zwei Mannschaften. Es gibt eine Gruppe von Spielern, die aufsteigen will, und es gibt fünf bis sieben Spieler, die wissen, dass sie ihren Job verlieren, wenn der Club den Aufstieg in die DEL schafft. Ich kann das in einer gewissen Weise auch nachvollziehen, denn sie haben Ehefrauen und Kinder.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
Daniel Kreutzer hat für Sie übernommen. War Ihnen klar, dass die Wende in der Finalserie gegen Regensburg ausbleiben würde?
Stewart: Daniel Kreutzer kam aus heiterem Himmel. Er ist ein toller Mensch, eine Galionsfigur bei den Huskies und kennt sich im deutschen Eishockey gut aus. Ich wünsche ihm nur das Beste. Es hat aber einen Grund, warum die Huskies in den vergangenen Jahren den Aufstieg stets verpasst haben. Immer wieder haben sie den Trainer gewechselt: Tim Kehler, der jetzt für Schwenningen arbeitet, war zu soft. Corey Neilson war zu hart. Bo Subr, den ich ersetzt habe, war zu weich, ich wieder zu hart. Hört doch auf damit! Ich soll Schlittschuhe weggekickt und Spielern das Essen aus der Hand geschlagen haben - das ist eine komplette Lüge!
Wie haben Sie den Job in Kassel angepackt?
Stewart: Ich habe ja nicht zum ersten Mal den Feuerwehrmann gespielt, jeder kennt die Mechanismen des Trainergeschäfts. Ich hatte in Kassel keine lange Vorbereitungszeit. Mir stand wenig Zeit zur Verfügung. Aus diesem Grund habe ich meine Arbeit mit dem Fuß auf dem Gaspedal aufgenommen. Einigen Spielern hat das nicht gefallen, sie sind zum Besitzer gerannt.
Wie lange werden Sie diese Vorfälle beschäftigen?
Stewart: Ich bin nicht sauer, nur enttäuscht. Sie sind in der Vergangenheit so verfahren und werden das in Zukunft wieder so tun. Ich rede von den Spielern, die zu schlecht waren, und nicht von jenen, die das Zeug dazu hätten, in der DEL zu spielen. Stephen MacAulay war genauso verärgert wie ich. Ich will über niemanden schlecht reden. Ich will nur, dass die Wahrheit ans Licht kommt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport_artikel,-sport-bill-stewart-ich-habe-niemandem-das-essen-aus-der-hand-geschlagen-_arid,2200951.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,1.html