Fußball

Wie die 3. Fußball-Liga ihr „Graue-Maus-Image“ ablegt

So viele Tore wie lange nicht mehr, zudem Trainer mit konsequentem Offensivkonzept: Liga drei wird immer attraktiver. Ein Blick in die dritte Liga.

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Rüdiger Ofenloch
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Offensive ist Trumpf: Waldhofs Lukas Klünter schaltet sich als Außenverteidiger ständig mit nach vorne ein. © PIX-Sportfotos

Mannheim. Von der grauen Maus zum bunten Schmetterling? Ganz so weit geht die Entwicklung in der 3. Fußball-Liga nicht. Aber: Es tut sich etwas in der einst als „Treterliga“ geschmähten Spielklasse. Ablesen lässt sich das an der Anzahl der Tore und – noch auffälliger – an den spielerischen Ansätzen der Trainer. Der SV Waldhof Mannheim liefert selbst das beste Beispiel.

Mit 1,77 Toren pro Spiel kommen die Blau-Schwarzen auf den besten Schnitt ihrer Drittliga-Historie. Nur in der Saison 2022/23, damals mit Christian Neidhart als Trainer, war der SVW mit 1,66 Toren pro Spiel in ähnlichen Sphären unterwegs. In keiner anderen Saison knackten die Kurpfälzer die 1,5-Tore-Marke. Dass sie aktuell so häufig treffen, ist alles andere als Zufall. Cheftrainer Luc Holtz hat seinen „Buwe“ Offensiv-Fußball verordnet – und die nehmen die Ansage mit Handkuss.

Nicht nur, dass sich Felix Lohkemper, Kennedy Okpala & Co. viele Chancen erarbeiten. Meistens nutzen sie diese überdurchschnittlich gut. Der aktuelle Toreschnitt (1,77) liegt über dem der erwarteten Tore (1,62). Will sagen: Die Waldhöfer machen aus ihren Gelegenheiten mehr als diese hergeben, haben also eine hohe Abschlussqualität und -effizienz – wenn man das jüngste Gastspiel in Hoffenheim mit seinen zahlreich vergebenen Hochkarätern einmal ausklammert.

Offensivdrang hat seinen Preis in Form von Gegnerchancen

Derlei Offensivdrang hat seinen Preis. So liegt der Wert an erwarteten Gegentoren sogar leicht über dem der eigenen zu erwartenden Tore (1,63). Oder anders formuliert: Wenn der Waldhof spielt, ist Unterhaltung garantiert, wird nicht gemauert oder taktiert, sondern nach vorne gegangen – inklusive aller Risiken, die diese Spielweise mit sich bringt. Zumal Luc Holtz nicht der einzige Trainer in der Liga ist, der auf Offensive setzt. Ganz im Gegenteil.

Da sind „Pele“ Wollitz in Cottbus und Tobias Strobl in Verl. Der eine lässt radikalen Umschalt-, der andere genauso konsequenten Ballbesitzfußball spielen. Beide kommen damit jeweils auf 30 Treffer in den ersten 13 Spielen. Mut, der belohnt wird: Cottbus steht auf Rang zwei, Verl auf drei. Auch Uwe Koschinat verfolgt mit Rot-Weiss Essen den spielerischen Ansatz, genauso wie Kollege Timo Schultz in Osnabrück und Dietmar Hirsch in Duisburg. Dass diese Teams aktuell die Top-5 der Liga bilden, spiegelt die vor allem für die Fans erfreuliche Entwicklung hin zu mehr Angriff und weniger Abwehr wider.

Zehn Prozent Zuwachs bei den insgesamt erzielten Toren, das ist ein Pfund. Damit liegt die Dritte Liga zum ersten Mal seit Jahren wieder über einem Schnitt von drei Toren pro Partie. Das spricht für einen allgemeinen Trend – und zeigt sich Woche für Woche auf den Plätzen. Bei den Zweitvertretungen aus Hoffenheim (6. Platz) und Stuttgart (7.) wird naturgemäß ein gepflegter Ball gespielt, genauso wie bei der Viktoria aus Köln (8.), die einen Punkt und drei Tore vor dem Waldhof steht. Umgekehrt sieht man am Tabellenende, was passiert, wenn man weniger auf Eigeninitiative setzt beziehungsweise setzen kann.

Unten steht, wer das Offensivspiel nicht mitmacht

Die Teams am unteren Ende der Tabelle tun sich allesamt schwer mit Spielgestaltung und dem Kreieren von Chancen. Schlusslicht Schweinfurt kommt gerade einmal auf neun Treffer, Havelse davor auf 15: die beiden schlechtesten Werte ligaweit. Der Charakter der 3. Liga hat sich grundlegend gewandelt: Die Basis bildet zwar immer noch das Körperliche mit stabiler Physis, Laufbereitschaft, Zweikampfhärte. Wer darauf jedoch kein schlüssiges Offensivkonzept baut, der hat keine Chance mehr mitzuhalten und kämpft von Beginn an nur gegen den Abstieg.

So oft wie in dieser Saison jubelte man beim SV Waldhof in der 3. Liga noch nie. © PIX-Sportfotos

Nach 13 von 38 Spieltagen hat sich das Feld sortiert. Das bedeutet nicht, dass irgendwelche Entscheidungen gefallen wären. Aber es lassen sich schon deutliche Tendenzen erkennen. Die Offensichtlichste: Das Aufstiegsrennen war selten so offen. „In dieser Liga kann jeder jeden schlagen“, sagt Waldhof-Sportchef Gerhard Zuber vollkommen zu Recht. Zwischen dem MSV Duisburg auf Platz eins (26 Punkte) und dem Achten Viktoria Köln (20) liegen gerade einmal zwei Siege beziehungsweise Niederlagen. Und auch der SV Waldhof dahinter (19) befindet sich in Reichweite.

Dass der SVW wiederum lediglich drei Zähler mehr auf dem Konto hat als der 15. Aachen, zeigt, wie eng es zugeht. Lediglich Schweinfurt (3) und Havelse (4) fallen ab. Ihnen fehlen bereits elf und zwölf Punkte auf den ersten Nichtabstiegsplatz. Dort steht mit dem FC Erzgebirge Aue eine Mannschaft, die ebenfalls den Ball haben und etwas damit anfangen will, diesen Ansatz bisher aber viel zu selten auf den Platz bekommt. Ähnliches gilt für die hinter den Erwartungen liegenden FC Ingolstadt (14., 17 Punkte), 1860 München (13., 18 Punkte) und Hansa Rostock (12., 18 Punkte).

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Wie schwer es ist, mit der Entwicklung der Liga Schritt zu halten, zeigt folgendes Kuriosum: Auf den Abstiegsrängen stehen aktuell ausschließlich Aufsteiger aus der Regionalliga und, mit Regensburg (17., 14 Punkte) und Ulm (18., 13 Punkte), beide Absteiger aus der Zweiten Liga, die vor allem mit der Offensivpower der gegnerischen Teams große Probleme haben und für Drittligaverhältnisse selbst zu wenig Torgefahr ausstrahlen.

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