Fußball

Waldhof-Pokalcoup gegen Kiel: Triumph der Verteidigung

Der Waldhof-Coup im DFB-Pokal gegen Zweitligist Kiel fußt auf einer herausragenden Leistung in der Defensive. Trainer Christian Neidhart verteilt ein Sonderlob an Gerrit Gohlke. Nun wird es am 4. September spannend

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Alexander Müller
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Nachdem Fridolin Wagner den entscheidenden fünften Elfmeter gegen Kiel verwandelt hatte, brach im Carl-Benz-Stadion die pure Begeisterung aus. © Michael Ruffler/PIX

Mannheim. Die flirrende Pokal-Euphorie im ohrenbetäubend lauten Carl-Benz-Stadion nach dem erfolgreichen Elfmeter-Krimi gegen Holstein Kiel war bei Christian Neidhart mit ein bisschen Distanz in ein Gefühl der tiefen Zufriedenheit übergegangen. „Ich bin froh, dass wir das gerissen haben. Es wäre bitter gewesen, wenn wir das Spiel nicht gezogen und im Elfmeterschießen verloren hätten. Das wird uns auf jeden Fall wieder ein Stück nach vorne bringen und zusammenschweißen“, sagte der Trainer des SV Waldhof nach diesem hochemotionalen Pokalabend - mit einem letztlich glücklichen Ende für den Mannheimer Drittligisten.

120 Minuten lang hatte sich der SVW mit allem, was die Mannschaft im Tank hatte, gegen die körperlich robusten Kieler gewehrt. Vor allem die Abwehr im Verbund mit den Sechsern Stefano Russo und Marco Höger bewegte sich nahe am Optimum. „Wir haben uns mit allem, was wir hatten, in die Schüsse geworfen“, erklärte der überragende Kapitän Marcel Seegert, der bei zwei riskanten Rettungsaktionen auch Gefahren für die eigene Gesundheit billigend in Kauf nahm.

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Sein Verteidiger-Kompagnon Gerrit Gohlke stand Seegert in nichts nach - der gebürtige Darmstädter zeigte eine seiner besten Leistungen, seitdem er in Mannheim unter Vertrag steht. In der ersten Halbzeit gewann Gohlke 100 Prozent seiner Zweikämpfe. Auch als Kiel mit fortlaufender Spieldauer in der Offensive frische Kräfte brachte, blieb die SVW-Defensive stabil. Die Waldhof-Abwehr, in der die Außenverteidiger Alexander Rossipal und Julian Riedel ebenso makellose Auftritte zeigten, gewann diesen heißen Pokal-Fight bei Temperaturen von über 30 Grad am Sonntagabend.

Gerrit Gohlkes Gala

„Gerrit Gohlke hat zusammen mit Marcel Seegert alles wegverteidigt, jeden Stürmer ausgeschaltet und auch noch ein schönes Kopfball-Tor nach einer Standardsituation gemacht“, lobte Neidhart. Gohlkes Treffer in der zweiten Hälfte wurde zwar wegen Abseits nicht anerkannt, das konnte seine Gala aber nicht schmälern. Der 23-Jährige befindet sich auf dem besten Weg, das „Bruder-Leichtfuß“-Image mit einem Hang zu unnötigen Patzern, das ihn in seinen Waldhof-Zeiten bisher treu begleitet hat, abzustreifen. Nach seinen starken Vorstellungen gegen Viktoria Köln (3:1) und Kiel darf Gohlke fürs Erste als gesetzt gelten.

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„Das war eine überragende Mannschaftsleistung“, ließ Baxter Bahn 120 intensive Minuten Revue passieren, in denen der Drittligist den DFB-Pokal-Halbfinalisten der Saison 2020/21 mit ganz viel Mentalität und einem guten Plan Neidharts völlig verdient in die Knie zwang. Nachdem auch in der Verlängerung keine Tore gefallen waren, kam es zum ultimativen Spannungshöhepunkt - dem Elfmeterschießen.

„Ich habe zu den Jungs gesagt: Tut mir einen Gefallen und schießt die Elfmeter mit voller Überzeugung. Nicht anhalten, abstoppen und dann übers Tor schießen“, berichtete Neidhart. Diesen Auftrag erfüllten Bahn, Rossipal, Stefano Russo und Pascal Sohm mit erstaunlicher Lässigkeit. Und weil der Kieler Marvin Schulz den Ball über das Tor gesetzt hatte, lag es an Fridolin Wagner, mehr als 13 000 Waldhof-Fans mit einem erfolgreichen fünften Versuch in Ekstase zu versetzen. Wagner traf sicher, das Carl-Benz-Stadion rastete aus.

„Ich wusste vorher schon, wohin ich schießen will. Deshalb musste ich nicht überlegen, was ich mache. Ein Abendspiel mit solchen Fans, dann der entscheidende Elfmeter, der reingeht. Das ist einer der schönsten Sonntage in meinem Leben“, jubelte der Matchwinner, der den SVW zum zweiten Mal in Folge in die zweite Pokalrunde beförderte.

Auslosung am 4. September

Im Vorjahr war nach der Sensation gegen Eintracht Frankfurt (2:0) gegen Union Berlin (1:3 nach Verlängerung) Schluss, jetzt haben die Mannheimer Lust auf mehr bekommen. In der Auslosung am 4. September im ZDF locken große Namen wie Dortmund, Schalke oder die Bayern (sofern die Ende August bei Viktoria Köln siegen), aber auch die Chance, bei einem Einzug ins Achtelfinale die DFB-Pokalprämien von bis jetzt 627 000 Euro auf knapp 1,5 Millionen Euro mehr als zu verdoppeln. Das ist für den Etat eines Drittligisten eine außerordentliche Summe.

Sport-Geschäftsführer Tim Schork deutete am Montag an, dass er deshalb auch mit einem Zweitligisten als Zweitrunden-Los gut leben könnte, da dann ein Weiterkommen sportlich realistischer würde. Die nicht eingeplanten Einnahmen aus dem Kiel-Coup dürften den finanziellen Spielraum bei der Suche nach einem neuen Stürmer und einem weiteren Linksverteidiger zumindest indirekt erweitern.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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