Die Geduld neigt sich dem Ende entgegen. Als die Profis des SV Waldhof am Sonntagnachmittag nach dem 0:0 gegen Schlusslicht MSV Duisburg in einem Drittliga-Spiel auf unterirdischem Niveau den Gang zu den treuesten Fans auf der Otto-Siffling-Tribüne antraten, waren Pfiffe zu hören. Und das programmatische „Wir woll’n Euch kämpfen sehen“. Wobei: Am Kampf hatte es weniger gelegen im Krisengipfel gegen den Tabellenletzten, vielmehr an einem fußballerisch zeitweise furchtbaren Vortrag des SVW, der auch im sechsten Spiel in Folge ohne Sieg blieb.
„Es war für die Zuschauer mit Sicherheit grausam“, gestand Baxter Bahn, der in Abwesenheit von Reservist Marcel Seegert die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führte. Aber: „Es ist so in diesen Zeiten, wenn du unten drinsteckst. Ich kann die Reaktion der Fans voll verstehen. Was man uns aber nicht vorwerfen kann, dass wir uns nicht reingehauen hätten.“ Der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus, die Mannheimer müssen sich in dieser Verfassung darauf einrichten, bis zur Winterpause im Tabellenkeller festzustecken.
Beste Chance durch Rieckmann
„Wir müssen nicht drumherum reden, dass das kein schönes Fußballspiel war. Jeder, der ins Stadion kommt, wünscht sich etwas anderes. Im Moment geht es aber nicht um einen Schönheitspreis, sondern darum, Punkte zu sammeln“, erklärte Trainer Rüdiger Rehm. „Wir haben schon viel besser Fußball gespielt, aber wir nehmen dieses 0:0 jetzt mit. Es gibt nichts anderes. Wichtig ist, dass die Jungs jetzt auch wissen: Sie können’s zu null. Im Moment ist eine Phase, in der wir mit Kleinigkeiten zufrieden sein müssen.“ Die Ansprüche beim SV Waldhof sind im November 2023 sehr weit gesunken.
Schon die erste Halbzeit gehörte zum Unansehnlichsten, was es seit der Rückkehr des SVW in den Profifußball 2019 im Carl-Benz-Stadion zu erleben gab. Dem Waldhof gelang fußballerisch fast nichts, Schlusslicht Duisburg hatte zu Beginn sogar leichte Feldvorteile, unterstrich aber danach auch nachdrücklich, warum der MSV bisher die harmloseste Offensive der 3. Liga stellt.
SV Waldhof – Duisburg
- SV Waldhof: Bartels - Albenas (62. Abifade), Riedel, Karbstein, Jans – Rieckmann, Bahn – Arase, Taz (78. Okpala), Hawkins (88. Carls) – Sohm (62. Herrmann).
- MSV Duisburg: V. Müller – Feltscher (34. Knoll), Bitter, Mai, Mogultay - Castaneda (46. Stierlin), Michelbrink (63. R. Müller), Pledl, Jander - Girth (63. Esswein), Ekene (89. König).
- Tore: keine. – Beste Spieler: Hawkins/Mai. – Gelbe Karten: Okpala/Girth, Mickelbrink, Jander, Bitter.
- Schiedsrichter: Mario Hildenbrand (Wertheim)
- Zuschauer: 7728.
- Nächstes Spiel: RW Essen – SV Waldhof, Sonntag, 12. November, 16.30 Uhr.
Die immerhin 7728 Zuschauer bekamen Mittelfeld-Gerumpel, Fehlpässe, Stückwerk und Unzulänglichkeiten zu sehen. Die erste nennenswerte Gelegenheit für die Mannheimer resultierte folgerichtig aus einer Standardsituation. Nach einer Taz-Ecke traf Julian Rieckmann aus dem Getümmel nur den Pfosten (22.). Die beste Chance des Spiels. „Julian hat mir in der Pause gesagt, dass er in dieser Situation kurz nichts gesehen hat“, berichtete Rehm aus der Kabine.
In der Nachspielzeit des ersten Abschnitts kam noch einmal Pascal Sohm aus spitzem Winkel zum Abschluss, traf aber nach Parade von MSV-Keeper Vincent Müller nur das Außennetz (45.+3). Es war ein Abnutzungskampf auf äußerst niedrigem fußballerischem Niveau, Abstiegskampf pur eben. Dazu passte das miese Herbstwetter mit heftigen Regenschauern und böigem Wind, und ein Rasen, der mit fortlaufender Spieldauer einem Acker glich. „Wir hatten die größere Anzahl an Chancen, auch wenn es nicht viele waren. Daraus müssen wir mehr machen“, sagte der Waldhof-Trainer.
Beetz stellt sich vor Kompp
Wer gedacht hatte, dass dieser Gruselkick im zweiten Durchgang nur besser werden könne, sah sich bitterlich getäuscht. Duisburgs Abwehrchef Sebastian Mai brachte mal einen Kopfball nach einer Ecke Richtung Tor (47.), Berkan Taz zog nach einem Solo aus 25 Metern ab - leichte Beute für Torwart Müller (53.).
Die Ultras auf der OST vertrieben sich die Zeit, indem sie Protestplakate gegen den umstrittenen Geschäftsführer Markus Kompp hochhielten („Aufsichtsrat seit Jahren von den Lügen eines Mannes vergiftet. Geschäftsführer das Ego welches den Verein vernichtet“), auf dem Platz spielte weiter Not gegen Elend. Duisburg konnte nicht mehr, der SVW dilettierte sich durch einige im Grunde aussichtsreiche Kontermöglichkeiten. Selbst Täuschungsversuche funktionierten nicht: Der eingewechselte Kennedy Okpala sah nach einer Schwalbe Gelb (81.), und nachdem Samuel Abifade eine Ecke in der Nachspielzeit über den Querbalken geköpft hatte (90.+1), wurden die Zuschauer im Carl-Benz-Stadion durch den Schlusspfiff erlöst.
Mittelstürmer Pascal Sohm wies danach zurecht darauf hin, dass das 0:0 - übrigens die erste Nullnummer des Waldhof in einem Drittliga-Heimspiel seit dem 27. Juni 2020 (0:0 gegen Münster) die angespannte sportliche Situation nicht beruhigen kann. „Ein dreckiges 1:0 hätte uns gutgetan. Die Tabelle entzerrt sich langsam ein bisschen. Natürlich sollten wir schon schauen, dass wir die nötigen Punkte einfahren“, sagte Sohm.
Dass es auch im Umfeld des Vereins heftig rumort, hatte sich schon am Morgen des Spieltags gezeigt. Unbekannte hatten die Geschäftsstelle am Stadion in der Nacht mit einer Mauer zubetoniert. Auf den Steinen stand: „Der Kompp muss weg“. Der Fan-Protest gegen den Geschäftsführer setzte sich während des Spiels fort. Nach einer imposanten Choreographie, bei der über dem Schriftzug „Die größten Errungenschaften der Stadt“ Mannheimer Erfindungen wie die Draisine und das Automobil sowie etliche Waldhof-Legenden gezeigt wurden, waren auf der OST mehrere Anti-Kompp-Tapeten zu sehen. Dazu skandierten Teile der organisierten Fans „Wir ham die Schnauze voll“.
Präsident Bernd Beetz stellte sich, angesprochen auf die Aktionen der Anhänger, als Gast in der Halbzeitpause bei „MagentaSport“ erneut vor den Chef der Spielbetriebs-GmbH. „Wir müssen Mauern einreißen, nicht aufbauen. Ich finde die Kritik ein bisschen überzogen“, sagte der 73-Jährige.
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