Topspiel in der 3. Liga

Ex-Waldhof-Kapitän Conrad über Elversbergs Höhenflug: "Ich kann es selbst nicht fassen"

Der frühere Waldhof-Kapitän Kevin Conrad arbeitet mit Drittliga-Tabellenführer SV Elversberg an einer riesigen Fußball-Sensation. Seine Rückkehr ins Carl-Benz-Stadion am Montag fällt aber flach

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Alexander Müller
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Wie einst beim SVW fungiert Kevin Conrad auch in Elversberg als Kapitän. © PIX

Elversberg. Den 6. März hatte sich Kevin Conrad dick im Kalender angestrichen. Die Rückkehr mit seinem neuen Verein SV Elversberg an den Ort, an dem er so viele emotionale Momente erleben durfte – inklusive der denkwürdigen Party nach dem Drittliga-Aufstieg im Frühjahr 2019. Doch es kam anders. Im Training riss der Meniskus, am Mittwoch wurde Conrad bereits operiert. Ausfallzeit vier bis sechs Wochen. „Ich bin schon sehr traurig, ich wäre gerne wieder mal im Carl-Benz-Stadion eingelaufen“, sagt der 32-Jährige, der das Topspiel der 3. Liga zwischen dem SV Waldhof und dem Tabellenführer aus dem Saarland (Montag, 19 Uhr) nun zuhause vor dem Fernseher verfolgen wird.

Fußballsensation steht bevor

Die Elversberger mit ihrem Kapitän Conrad sind auf dem besten Weg, für eine der größten Fußballsensationen der vergangenen Jahre zu sorgen. Nach dem 24. Spieltag steht der Aufsteiger aus der Regionalliga unangefochten auf Platz eins der 3. Liga – und die Verfolger benötigen schon ein Fernglas, um den Dorfverein aus dem Landkreis Neunkirchen überhaupt noch orten zu können.

13 Punkte Vorsprung sind es auf den SV Wehen Wiesbaden, der de facto auf dem zweiten direkten Aufstiegsplatz steht, weil sich der SC Freiburg  II nicht für die 2. Liga qualifizieren darf. Gar 17 Zähler haben die Saarländer nach dem 24. Spieltag mehr als der VfL Osnabrück auf dem Relegationsrang. Das sind gewaltige Abstände, die die „Elv“ eigentlich nicht mehr verspielen kann.

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„Ich kann es nicht erklären, weil ich es selbst nicht fassen kann“, sagt Conrad mit einem Lachen über den Elversberger Höhenflug, der längst bundesweit für Erstaunen sorgt. Und dann erzählt der Abwehrmann doch, wie die Siege am Saisonbeginn das Selbstbewusstsein im Team derart verstärkt haben, dass die Mannschaft immer widerstandsfähiger wurde.

Wie akribisch Trainer Horst Steffen seine Spieler auf die Begegnungen vorbereitet und ihnen immer einen guten Plan an die Hand gibt. „Jeder, der spielt, weiß was er zu tun hat. Wir wissen aber auch, dass wir in jedem Spiel ans Limit gehen müssen“, sagt Conrad. Elversberg kommt immer über die Basics wie Laufbereitschaft, Intensität und eine Vielzahl an Sprints – spielt auf dieser Grundlage aber auch einen attraktiven Stil. „Natürlich haben wir durch die Siege viel Selbstvertrauen getankt. Wir trauen uns jetzt, Dinge auch spielerisch zu lösen“, meint Conrad.

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Aufgrund des riesigen Vorsprungs benötigen die Elversberger aus den verbleiben 14 Liga-Spielen nur noch vier oder fünf Siege, um frühzeitig den sensationellen Durchmarsch in die 2. Liga perfekt zu machen. Conrad weiß das natürlich, hält sich aber weiter an die offizielle Sprachregelung des Vereins. „Ich sage immer: Solange rechnerisch noch alles möglich ist, rechne ich auch mit allem. Aber wir wissen natürlich, wo wir stehen und wollen das bis zum Ende durchziehen.“

Trennung zwischen SVW und Conrad nicht ohne Zwischengeräusche

Einen weiteren wichtigen Schritt Richtung Aufstieg können die Saarländer am Montagabend in Mannheim machen, wenn die beste Heim- und die beste Auswärtsmannschaft der 3. Liga aufeinandertreffen. Trotz des ernüchternden 0:4 des SV Waldhof in der Vorwoche bei Dortmund II warnt Conrad allerdings vor der Klasse im Team seines früheren Vereins. „Über die Heimstärke des Waldhof wissen wir Bescheid. Das 0:4 in Dortmund ist natürlich viel zu hoch ausgefallen. Wir wissen, dass sie besser sind. Da kommt eine absolute Spitzenmannschaft auf uns zu“, sagt er.

Die Trennung zwischen dem SVW und Conrad im Jahr 2020 war nicht ohne Nebengeräusche verlaufen. Der Kapitän hatte öffentlich den damaligen Sportchef Jochen Kientz wegen des zu geringen Tempos bei Vertragsverlängerungen kritisiert, darauf war Conrad vom Verein abgemahnt worden. Während Trainer Bernhard Trares vehement ein neues Arbeitspapier für seinen Führungsspieler forderte, lehnte Kientz das ab. Diese Meinungsverschiedenheiten waren ein Grund dafür, warum am Saisonende nicht nur Conrad Mannheim in Richtung Elversberg verließ, sondern auch Trares keine Lust auf den Trainer-Job beim SVW mehr hatte.

Conrad ist Aufstiegsexperte

Genugtuung, dass er für den Waldhof angeblich nicht mehr gut genug gewesen sei und in der kommenden Saison wahrscheinlich in der 2. Liga auflaufen werde, spüre er nicht, so Conrad. „Ich bin kein nachtragender Mensch. Ich erinnere mich lieber an die schönen Zeiten und habe noch viel Kontakt zu einigen Jungs aus der Aufstiegsmannschaft. Was wir da geschafft haben, nimmt uns niemand mehr“, sagt der 32-Jährige.

Auch die Waldhof-Fans unter den voraussichtlich mehr als 10 000 Zuschauern am Montagabend hätten ihren Aufstiegshelden Conrad sicher sehr freundlich begrüßt. Wenn der Verteidiger aus dem schwäbischen Künzelsau den Vorsprung mit Elversberg über die Ziellinie bringen sollte, wäre es übrigens schon sein vierter Aufstieg als Profi nach der TSG Hoffenheim II, Waldhof und im vergangenen Jahr Elversberg. Und vielleicht schaut er dann einfach statt als gegnerischer Spieler mal als Zuschauer im Carl-Benz-Stadion vorbei.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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