Düsseldorf/Mannheim. Mit einem Lächeln im Gesicht betritt Uwe Gensheimer am Sonntag das Spielfeld im Düsseldorfer PSD Bank Dome und nimmt entspannt seine Geschenke entgegen. Nach 204 Länderspielen und 921 Toren endet für ihn in diesem emotionalen Moment ein 16-jähriges Kapitel. Für den Mannheimer ist nämlich endgültig Schluss beim Deutschen Handballbund (DHB), der seinen langjährigen Kapitän in der Halbzeitpause des Länderspiels gegen Portugal stilvoll verabschiedet. Die einstigen Mitspieler applaudieren und die 5478 Zuschauer feiern den Weltklasse-Linksaußen, der im November 2005 sein Debüt im DHB-Trikot gab.
„Das ist ein schöner Abschluss einer langer Nationalmannschaftskarriere, ein toller und würdiger Rahmen“, sagte Gensheimer, der sich fortan auf seine Aufgaben beim Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen konzentrieren, die DHB-Auswahl aber nicht vergessen wird: „Die Erinnerungen werden bis ans Lebensende bleiben.“
Kretzschmar: „Der beste deutsche Linksaußen, den es je gab“
Uwe Gensheimer prägte 16 Jahre lang die deutsche Nationalmannschaft. Diese Redaktion hat sich bei langjährigen Weggefährten und Größen des Handballs umgehört, wie sie den Mannheimer wahrgenommen haben.
Stefan Kretzschmar (Ex-Nationalspieler, deutsche Handball-Ikone, früher selbst Linksaußen)
„Uwe ist und war rein handballerisch der beste und spektakulärste Linksaußen, den es jemals in Deutschland gegeben hat. Wenn man seine Fähigkeiten, seine Athletik und sein Handgelenk sieht, ist Uwe das Nonplusultra. Das Gesamtpaket Gensheimer hat es bis jetzt in dieser Form noch nicht gegeben, er hat die Linksaußenposition revolutioniert. Daran gibt keine Zweifel, dahinter steht noch nicht einmal ein Fragezeichen. Ich hätte Uwe allerdings gewünscht, dass er niemals Kapitän der Nationalmannschaft geworden wäre. Ich weiß, dass das eine große Ehre ist und dass man dieses Amt nur schwer ablehnen kann, wenn man es angeboten bekommt. Ich glaube aber, dass ihm diese Rolle und die große Verantwortung in der Nationalmannschaft ein Stück weit seine Kreativität und Unbekümmertheit genommen haben. Beides ist für das Spiel eines Linksaußen aber zwingend notwendig ist. Es schien mir hin und wieder so, dass ihn dieses Kapitänsamt das gewisse Etwas genommen hat, weil auf ihm ein extrem großer Druck lastete und weil sich manche auch gerne hinter ihm versteckt haben. Wenn es in der ganzen Mannschaft nicht lief, wurde oft vergessen, dass mehrere Spieler da keine gute Leistung gezeigt haben. Aber Uwe hat die Kritik immer abbekommen. Er war als Superstar das perfekte Ziel in schlechten Zeiten. Und das finde ich ein bisschen schade. Denn normalerweise müsste die Geschichte kurz und knapp lauten: Er war der Beste auf seiner Position.“
Oliver Roggisch (Teammanager der Nationalmannschaft, Sportkoordinator der Rhein-Neckar Löwen und Vorgänger von Gensheimer als DHB-Kapitän)
„Uwe ist nach wie vor einer der besten deutschen Handballer und ein Superstar über die Grenzen hinaus. Er war jahrelang ein überragender Kapitän der Nationalmannschaft und ein absolutes Vorbild. Uwe hat für die jungen Spieler immer ein offenes Ohr gehabt und ist nicht nur ein großartiger Handballer, sondern auch ein großartiger Mensch.“
Martin Heuberger (Junioren- und Bundestrainer von Gensheimer, den er 2014 zum Kapitän machte)
„Uwe ist trotz seiner tollen Karriere immer bodenständig und ein Teamplayer geblieben. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass er als Jahrgang 1986 schon beim Jahrgang 84/85 entscheidende Akzente gesetzt hat. Um sich optimal auf seine Karriere vorzubereiten, hat er anfangs aus freien Stücken Überstunden mit einem Leichtathletik-Trainer absolviert. Uwes Karriere ging steil bergauf, er schaffte fast nahtlos den Sprung von den Junioren ins A-Team und hat die Nationalmannschaft über ein Jahrzehnt geprägt. Er war nicht nur absoluter Leistungsträger, sondern auch Kapitän der Mannschaft, was für seinen tollen Charakter spricht. Ich hoffe, dass Uwe unserer tollen Sportart - in welcher Form auch immer - erhalten bleibt.“
Strobel: „Wegen Uwe spielen Kids Handball“
Andreas Michelmann (Präsident des Deutschen Handballbundes)
„Was mich an Uwe Gensheimer fasziniert? Natürlich seine Interpretation der Rolle des Linksaußen, aber noch mehr, was die Handball-Nationalmannschaft für ihn sichtbar bedeutet hat. Ich habe ihn von Beginn an als einen Spieler und später Kapitän wahrgenommen, der immer sehr gern und mit Stolz zu uns gekommen ist. Darüber hinaus war unser persönlicher Kontakt sehr herzlich – auch in der Zeit, als er in Frankreich für Paris Saint-Germain gespielt hat. Wir haben stets offen und klar miteinander gesprochen. Es ist klar, dass Uwe als Kapitän in Verhandlungen mit dem DHB immer die Interessen der Spieler wahrgenommen hat. Wir sind stolz und dankbar, dass wir den Spieler und Menschen Uwe Gensheimer über lange Jahre als Top-Athleten und Kapitän in unserer Nationalmannschaft erleben durften. Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt seiner Karriere. Ich wünsche Uwe von Herzen noch viele erfolgreiche Jahre bei den Rhein-Neckar Löwen und in der Handball-Bundesliga.“
Martin Strobel (Gensheimers Kollege in Junioren- und A-Nationalmannschaft, bestritt gefühlt 137 seiner 147 Länderspiele mit Gensheimer)
„Uwe und ich kennen uns seit dem 13. oder 14. Lebensjahr. Schon damals war er nicht nur ein Anführer, sondern es war auch für jeden sichtbar, dass Uwe ein Weltklassespieler werden kann. Genau das hat sein Weg dann auch gezeigt. Sein Handgelenk ist einmalig, als Kapitän hat er immer zum Wohlwollen des Handballs und im Interesse des Teams gehandelt. Uwe ist ganz einfach ein großer Spieler, dem ich eine Goldmedaille mit der Nationalmannschaft gegönnt hätte. Aber auch ohne diesen Titel ist seine Karriere nicht unvollendet. Im Gegenteil: Uwe hat so viele Dinge für den Handball geleistet, die wir momentan noch gar nicht richtig sehen. Mit seiner spektakulären Spielweise hat er dazu beigetragen, dass Kinder Handball spielen, dass Kinder Linksaußen werden wollen. Dieser Mehrwert ist viel, viel größer als jeder Titel.“
Christian Prokop (Handball-Bundestrainer von 2017 bis 2020)
„Mit Uwe Gensheimer verlässt leider einer der bekanntesten Persönlichkeiten des Handballs die Nationalmannschaft. Er ist ein Ausnahme-Spieler mit unglaublichen handballerischen Fähigkeiten. Uwe war dadurch, aber vor allem durch seine Bodenständigkeit und Nahbarkeit eines der zugkräftigsten Vorbilder für Fans, Kinder und Jugendliche. Ich persönlich darf auf eine sehr schöne und intensive Zeit mit ihm zurückblicken. Gerade bei der Heim-Weltmeisterschaft 2019 ist Uwe bedingungslos vorangegangen, hat das Team und die Fans mitgerissen und konnte mit seiner Leistung eines seiner konstantesten Turniere spielen. Es ist sehr schade, dass er nicht mehr für unser Land auflaufen wird. Ich wünsche ihm alles erdenklich Gute, vor allem aber weiterhin viel Spaß bei seiner Leidenschaft Handball.“
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