Mannheim. Ein wenig unangenehm ist den Rhein-Neckar Löwen diese Personalentscheidung schon. Und so verwunderte es nicht, dass Hallensprecher Kevin Gerwin es bei der Verkündung der Mannschaftsaufstellung vor der 24:27 (16:14)-Niederlage am Donnerstag gegen die Füchse Berlin vermied, den Abschied des seit Wochen formstarken Jerry Tollbring auch nur ansatzweise zu erwähnen. Gewiss: Es ist eher nicht die Aufgabe des Hallensprechers, Zu- und Abgänge zu verkünden. Aber es fiel dem neutralen Betrachter dann doch auf, dass die „frisch“ (O-Ton Gerwin) unterschriebenen Verträge von Niclas Kirkeløkke und Mait Patrail hervorgehoben – und der Abschied Tollbrings zwar wenige Minuten zuvor per Pressemitteilung verkündet, in der Halle dann aber doch schlichtweg verschwiegen wurde. Schlechte Nachrichten machen sie eben nicht gut. Offenbar sogar dann, wenn gar keine Fans da sind.
Klar ist: Tollbrings Weggang sorgt für Debatten, hier und da sogar für Kritik und Unverständnis. Zumal der Schwede gegen Berlin seine nächste Gala hinlegte und zehn Treffer erzielte. Seit Wochen zeigt der Linksaußen zuverlässig seine Klasse. Aber eben auch nur, weil Uwe Gensheimer verletzt fehlt. An ihm gibt es für Tollbring kein Vorbeikommen. So sehen sie das bei den Löwen, weshalb der Spieler nun die Konsequenzen zieht, die Sportchef Oliver Roggisch im Gespräch mit dieser Redaktion nachvollziehen kann: „Jerry will weg. Er zeigt gerade Topleistungen und mir blutet ein wenig das Herz. Aber Uwe ist Uwe. Und auch wenn der sich gerade nicht auf seinem Toplevel befindet, ist er immer noch einer der Besten der Welt.“
Soll heißen: Wenn Gensheimer gesund ist, wird er auch spielen. Doch Tollbring wünschte sich mehr Einsatzzeit, nachdem er seinen Platz in der schwedischen Nationalmannschaft verloren hat. „Wenn er da wieder hinwill, muss er spielen. Das können wir ihm nicht garantieren“, sagt Roggisch und verweist auf eine Qualität Gensheimers, die Tollbring nicht hat: „Letztendlich kann Uwe im Gegensatz zu Jerry auf der Halbposition decken, was für uns von unschätzbarem Wert ist, weil Uwe das richtig, richtig gut macht.“
Der Kapitän ist allerdings auch „nur“ noch bis 2022 an den Club gebunden und hat – vornehm ausgedrückt – mit 34 Jahren vermutlich den Großteil seiner Karriere hinter sich. Schaffen sich die Löwen auf Linksaußen also die ganz große Baustelle? Oder verlängern sie Gensheimers Vertrag?
„Wir kennen Uwes Wert für den Verein auf und neben dem Feld. Wir haben mit ihm aber noch keine Gespräche über eine Vertragsverlängerung geführt. Für uns war die Trainerfrage wichtig, die haben wir geklärt. Jetzt geht es an die Planung über 2022 hinaus“, sagt Geschäftsführerin Kettemann, die sich bei den Einsatzzeiten Tollbrings auf die Einschätzungen der Verantwortlichen im sportlichen Bereich verlässt: „Was die Spielanteile auf Linksaußen angeht, ist es eine Entscheidung der Trainer. Und da hatten wir jetzt mit Kristján Andrésson und Martin Schwalb zwei Trainer, die Uwe vor Jerry gesehen haben. Und diesen Trainern müssen wir vertrauen, weil sie die Jungs jeden Tag sehen.“
Wie Roggisch bestätigt, wird Gensheimer in der nächsten Saison aber ebenso wenig wie Patrick Groetzki auf dem anderen Flügel den Alleinunterhalter geben müssen. „Wir werden auf Links- und Rechtsaußen jeweils eine Nummer zwei holen“, kündigt der Sportchef an. Perspektivisch gesehen brauchen die Löwen aber auch eine neue Nummer eins auf Linksaußen, der Name Tim Nothdurft macht längst die Runde. Der 23-Jährige ist vertraglich noch bis 2022 an Ligarivale HBW Balingen-Weilstetten gebunden, ist aber grundsätzlich ein „sehr interessanter Spieler“, wie Roggisch sagt: „Perspektivisch gesehen ist er definitiv ein Mann für die Nationalmannschaft. Tim dürfte bei jedem Bundesligisten auf dem Zettel stehen.“ Also auch bei den Löwen.
Die werden auf den Außenpositionen zwar noch etwas tun, ein Ersatz für Jesper Nielsen ist hingegen „nach jetzigem Stand nicht“ eingeplant, wie der Sportchef verrät. „Zu 95 Prozent spielt Jannik Kohlbacher am Kreis. Sicherlich muss Ymir Gislason im Angriff besser werden. Da hat er aber Potenzial. Deswegen wäre es ein Fehler, wenn wir ihm jemanden vor die Nase setzen.“
Das wird im Fall von Torwart Nikolas Katsigiannis auch nicht passieren, allerdings steht mit Mikael Appelgren nach verletzungsbedingter Zwangspause der Stammtorwart vor seinem Comeback. Andreas Palicka ist auch noch da, der aufstrebende Nachwuchskeeper David Späth erhielt gerade erst einen neuen Vertrag. „Mit Nikolas Katsigiannis war immer abgesprochen, dass er nur in dieser Saison bei uns spielen wird“, sagt Managerin Kettemann im Gespräch mit dieser Redaktion: „Wir sind froh, dass wir ihn bei uns haben. Aber in absehbarer Zeit kehrt Mikael Appelgren nach seiner Verletzung zurück in den Kader.“ Vielleicht sogar schon zum Final Four in der European League am 22./23. Mai.
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