Handball

Löwe Lagergren - neues Glück in neuer Rolle

Von 
Marc Stevermüer
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Neuer Löwen-Dirigent: Albin Lagergren. © Franziska Gora/Pix

Leipzig. Der Mann der großen Emotionen ist Albin Lagergren nicht, was ihm ja keinesfalls zum Vorwurf gemacht werden darf. Denn Menschen sind verschieden. Und nicht immer ist der Lauteste auch der Beste. Mal abgesehen davon, dass gespielte Emotionen schlimmer als gar keine sind und man die Sache auch andersherum betrachten kann. Denn wenn man ein Tor erzielt und danach ohne große Posen zurückläuft, kann das den Gegner auch verunsichern, weil es ihm signalisiert, dass da noch mehr kommt. Das Problem: Bei Lagergren kam in seinen bislang 20 Monaten bei den Rhein-Neckar Löwen nicht viel. Weder an Emotionen noch an Leistung.

Am Donnerstag aber schreitet er nicht nur mit einem Lachen durch die Katakomben der Leipziger Arena, sondern ballt in der Kabine auch mehrfach die Faust und klatscht mit den Kollegen ab, die nach und nach durch die Tür kommen. Dieser Abend – so viel steht fest – hatte Lagergren gutgetan. Wie schon der in der vergangenen Woche, als die Löwen gegen den TVB Stuttgart gewannen. Diesmal siegte der Handball-Bundesligist 31:28 (15:13) beim SC DHfK Leipzig. Und in beiden Begegnungen führte Lagergren auf der für ihn ungewohnten Spielmacherposition Regie.

Gutes Verhältnis zu Vranjes

„Ich habe das vielleicht zehnmal in meiner Karriere gespielt“, sagt der Schwede, als er aus der Kabine zurückkehrt. Mangelnde Erfahrung war dem 29-Jährigen zuvor aber nicht anzumerken. Im Gegenteil. Er machte seine Sache gut. Vor allem auch deshalb, weil er ein Linkshänder ist, was auf der Mitte seltener vorkommt und ein Umdenken bei allen Mitspielern erfordert. Doch der Plan von Trainer Ljubomir Vranjes ging erneut auf, weil der Schwede seinem Landsmann vertraut: „Albin und ich haben ein gutes Verhältnis. Ich möchte ihm diese Verantwortung geben, weil er einen unglaublichen Handballverstand hat.“

An den grundsätzlichen Qualitäten des Linkshänders gab es auch nie Zweifel. Beim SC Magdeburg machte sich Lagergren von 2018 bis 2020 einen Namen. Und zwar vor allem deshalb, weil er kaum Fehler beging, richtige Entscheidungen traf, den Angriff beschleunigte. Nur bei den Löwen zeigte er das seit seinem Wechsel 2020 kaum, im Nationalteam aber immer wieder. Zuletzt im Januar, als Schweden den EM-Titel gewann. Mit dem Stammspieler und Leistungsträger Lagergren, der im Finale gegen Spanien Verantwortung übernahm und wenige Sekunden vor dem Abpfiff den Siebenmeter herausholte, den Niclas Ekberg zum Titelgewinn verwandelte.

So entschlossen und mutig hatte man den 29-Jährigen bei den Löwen eher selten gesehen. Bisweilen schien es sogar so, dass da im gelben Dress der Schweden der Zwillingsbruder von dem Albin Lagergren spielt, der den gelben Dress bei den Löwen trägt. Das sorgte für Fragezeichen beim Bundesligisten. Dabei ist die Erklärung doch recht einfach, wenn man weiß, worauf es in einem Club ankommt.

Es geht immer auch um den Wohlfühlfaktor, der bei den Löwen zuletzt aus unterschiedlichen Gründen nicht stimmte. Im Allgemeinen, weil es diesem Club seit dem Weggang von Meistertrainer Nikolaj Jacobsen an Orientierung fehlt. Im Speziellen, weil Lagergren ein recht introvertierter Typ ist und Ende des vergangenen Jahres mit dem plötzlichen Weggang seines Freundes Andreas Palicka auch noch seine wichtigste Bezugsperson verlor.

Das mag sich zunächst nach einem sensiblen Charakter anhören, aber eine Mannschaft, ein Verein ist doch eben genau das. Ein sensibles Gebilde, das Menschen in Führungspositionen mit einem feinen Gespür und ebenso klaren Vorgaben braucht. Lagergren sieht genau diese Person in Vranjes, der zwar nur bis zum Saisonende auf der Löwen-Trainerbank sitzt, seinen Job aber wie einst Jacobsen interpretiert. Als Mann, der führt und der entscheidet. Eine starke Persönlichkeit, die einfach die Richtung vorgibt.

„Ich habe jetzt eine Rolle“

„Ljubo ist als Trainer wichtig für mich, ich habe jetzt eine Rolle“, sagt Lagergren: „Vorher wusste ich nicht so genau, was ich machen soll. Jetzt haben wir mehr Struktur.“ In der Mannschaft und auf dem Feld, wo nun der Linkshänder das Sagen hat – was ihm gefällt: „Ich mag diese Position und bin bereit für diese Aufgabe. Ich glaube, wenn ich mehr Verantwortung habe, spiele ich besser.“

Rechtsaußen Patrick Groetzki ist vor der Partie am Sonntag (16 Uhr) bei TuS N-Lübbecke der Leistungs- und Stimmungsumschwung beim Schweden nicht entgangen. „Man merkt, dass Albin mit Spaß bei der Sache ist. Er hat megaviel Spielverständnis und sieht Sachen, die andere nicht so sehen“, lobt der 32-jährige seinen Teamkollegen, um den es zuletzt trotz eines bis 2023 gültigen Arbeitsvertrags in Mannheim Wechselgerüchte gab.

In dieser Verfassung können die Löwen ihn allerdings kaum gehen lassen – erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass mit Andy Schmid bald genau der Mann den Club verlässt, der zwölf Jahre lang als Spielmacher glänzte. Juri Knorr soll künftig diesen Job übernehmen, ist aber auch erst 21 Jahre alt.

„Die Variante mit Albin auf der Mitte kann man auch in der nächsten Saison benutzen“, meint Vranjes mit Blick auf Lagergren, der vermutlich kein Mann der großen Emotionen mehr wird. Aber immerhin lacht er wieder. Und Freude ist fraglos ein guter Anfang.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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