Vor dem Ligaspiel bei GWD Minden spricht Trainer Ljubomir Vranjes über die Defizite bei den Handballern der Rhein-Neckar Löwen. Er vermisst die Professionalität und macht klar, dass sein Kader in vielerlei Hinsicht Grenzen hat. Auch der Schwede ist eben ein Opfer der katastrophalen Personalpolitik.
Ljubomir Vranjes sitzt in seinem Büro im Trainingszentrum der Rhein-Neckar Löwen. Vor der Begegnung am Donnerstag (19.05 Uhr) bei GWD Minden spricht der neue Trainer darüber …
… ob seine Aufgabe schwerer als erwartet ist:
„Handballerisch habe ich es mir einfacher gedacht. Es gibt Probleme, die vorher bekannt waren. Und es ist schwer, mit diesem Kader eine Lösung dafür zu finden. Wir müssen zwei Spieler wechseln. Wir schaffen es nicht, den Druck aufzubauen, den ich haben möchte. Wir schaffen es nicht, so zu spielen, wie ich das möchte. Wir haben nicht genug Kraft und auch nicht die Spieler dafür.“
… warum er nicht so spielen lassen kann, wie er möchte:
„Es können nicht viele Spieler in Abwehr und Angriff eingesetzt werden. Mait Patrail und Ymir Gislason müssen 60 Minuten Innenblock spielen. Ich kann Mait aber nicht noch 60 Minuten im Rückraum aufstellen. Ich versuche, mit Ymir am Kreis zu spielen, um weniger zu wechseln. Aber man sieht bei ihm, dass es Kraft kostet, im Mittelblock zu stehen und im Angriff zu spielen. Wenn ich Kristjan Horzen oder Jannik Kohlbacher in der Abwehr einsetze, geht das nur auf den Halbpositionen. Dann habe ich aber wieder zwei Abwehr-Angriff-Wechsel. Es ist unglaublich schwer. Ich versuche, einen Weg zu finden, dass wir vielleicht am Anfang einer Partie mehr wechseln und dann am Ende nicht mehr, wenn es um Punkte geht. Ich überlege, es mit Niclas Kirkeløkke im Mittelblock zu probieren, um nur einen Wechsel zu haben. Aber es ist nicht so einfach, ihn da hinzustellen und dann soll es sofort funktionieren.“
… wie er die Abwehr sieht:
„Unser Rückzug ist besser geworden, aber wie gesagt: Wir haben zwei Abwehr-Angriff-Wechsel. Ich habe mit unseren Gegnern gesprochen. Alle wollen gegen uns so angreifen und das nutzen. Ich würde das auch so machen. GWD Minden läuft die ganze Zeit, die werden das auch am Donnerstag machen. Wir müssen also noch besser zurücklaufen.“
… warum er nach der Niederlage am Sonntag gegen Wetzlar besonders niedergeschlagen wirkte:
„Unser Auftreten frustriert mich. Aber ich gebe nicht auf und ich kämpfe weiter. Es klingt jetzt alles so negativ. Das ist es aber nicht. Die Jungs machen auch gute Sachen, es ist nicht alles scheiße. Wir hatten gegen Kiel, in Berlin, gegen Erlangen und Wetzlar immer eine Chance auf den Sieg und sind selbst schuld, dass wir nicht gewonnen haben.“
… ob alle aus der Mannschaft den Ernst der Lage erkannt haben:
„Irgendwann müssen die Spieler wissen, dass es um Punkte geht. Diese Rhein-Neckar Löwen sind nicht Top-Acht in der Bundesliga. Das sind sie nicht. Wir müssen das verstehen, dass wir in jedem Spiel alles reinbringen müssen, um zu gewinnen. Ich will das deutlich sagen: Wir müssen um jeden Punkt kämpfen. Und auch um jeden Zentimeter auf dem Feld. Ich sehe viel Unsicherheit. Und die wird nicht weniger, wenn man gegen Wetzlar verliert. Aber was ist das für eine Vorstellung? Wir sollen gegen Wetzlar gewinnen. Seht mal, wie die Wetzlarer spielen und wo die stehen. Wir sind nicht da, wo Wetzlar ist. Wir hatten fünf Torwartparaden und Wetzlar 14. Wir hatten etwa zehn technische Fehler. Die hatte Wetzlar nicht. Wir verlieren zu viele Zweikämpfe.“
… was er über die extrem vielen technischen Fehler denkt:
„Der Ball ist wie ein Diamant. Und wenn man einen Diamanten in der Hand hält, dann schmeißt man den nicht weg. Den musst du behalten. Es geht um Balance in unserem Spiel. Wir wollen mutig sein, aber wir brauchen auch ein bisschen Sicherheit. Und das ist nicht einfach im Moment, ich sage das ganz ehrlich.“
… wie er den enttäuschenden Albin Lagergren sieht:
„Das Problem gibt es nicht seit heute oder gestern, sondern seit längerer Zeit. Man muss mit ihm sprechen. Ganz ehrlich: Wenn ich hier auch Trainer ab Sommer sein würde, hätte ich einen ganz anderen Umgang mit ihm. Handballerisch ist das nicht optimal. Und motivationsmäßig ist das auch nicht optimal. Aber wenn wir schon so reden: Das gilt nicht nur für Albin. Wie viele Spieler haben einen Vertrag hier für die nächste Saison? Und was ist mit den Spielern, die Verträge haben? Was für eine Rolle haben sie jetzt? Jeder hat seine Probleme. Aber ich erwarte Professionalität, jeder soll seine Aufgabe annehmen. Es ist mir egal, ob der Spieler nächste Saison hier ist oder nicht. Ob er zufrieden ist oder nicht. Der Verein geht vor. Diese Professionalität möchte ich am Donnerstag in Minden sehen. Ich komme von draußen und sehe nun Sachen von innen. Ich versuche nur, die Mannschaft auf ein maximal hohes Niveau zu bekommen. Kämpferisch, handballerisch und bei der Motivation. Der Rest ist nicht meine Baustelle.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-rhein-neckar-loewen-klartext-von-trainer-vranjes-diese-loewen-sind-nicht-top-acht-_arid,1919930.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,2.html