Mannheim. Ljubomir Vranjes schloss die Pressekonferenz mit einem kleinen Satz, der eigentlich ein ganz großer war. Weil er eine gewisse Wucht entfaltete. „Es tut mir leid“, sagte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen und ließ zunächst offen, was genau ihm denn leid tue. Möglicherweise meinte er die Tatsache, dass auch er es nicht geschafft hat, für die Trendwende beim seit Jahren kriselnden und schwer abgestürzten Handball-Bundesligisten zu sorgen. Was dann schon eine gewisse Aussagekraft hat.
Denn der Schwede gehört weltweit zu den anerkanntesten Fachkräften. Nur kann eben auch er nicht das beheben, was in den vergangenen Jahren aus dieser Mannschaft, ja sogar aus dem ganzen Verein gemacht wurde. Heim-Niederlagen wie das peinliche 28:34 am Donnerstag gegen den Aufsteiger HSV Hamburg sind keine Ausrutscher mehr, sondern der Alltag. Das allein ist schon schlimm genug.
Vranjes: "Das ist nicht in Ordnung"
Noch gravierender wiegt aber, wie sich die Mannschaft bisweilen präsentiert. Und zwar völlig unabhängig von der längst bekannten Tatsache, dass dieser Kader ohnehin katastrophal zusammengestellt ist und der Verein nicht auf der Trainerbank, sondern in anderen Bereichen ein Problem hat. Gegen Hamburg fehlte es an den Grundtugenden. Wie schon in Erlangen. Oder gegen Hannover. Und genau das tut Vranjes leid für die Fans. „Wir haben die Chance auf eine Party vor unseren Zuschauern. Und dann so was“, sagte der Trainer und gab sich erst gar keine Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Aus jedem seiner Sätze, seiner Gestik und seiner Mimik sah und hörte man den reinen, ungefilterten und geballten Frust heraus. Seine schonungslose Analyse trug Züge einer Abrechnung mit dem eigenen Team.
„Das ist nicht in Ordnung, überhaupt nicht in Ordnung“, wiederholte er, um seiner Aussage mehr Kraft zu verleihen - und um nach anderen Worten zu suchen. Denn zum Teil machte ihn diese Leistung einfach sprachlos. „Ich bin unglaublich enttäuscht, wie wir das heute…“ Pause. „Ja...“ Pause. „Wie soll ich das sagen, wie wir aufgetreten sind. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Das war zu wenig von uns.“ Und zwar von allen, wenn man vom achtfachen Torschützen Juri Knorr absieht.
Fan-Unmut und Fan-Flucht
Der von der Realität schockierte Vranjes sprach von einem „schwarzen Tag für mich“. Und zwar allein schon deshalb, weil er sich unter einem Bundesligisten etwas anderes vorstellt als das, was er gegen Hamburg sah. „Das bin nicht ich, das will ich nicht sehen, dieser Auftritt ist eine Frechheit“, schimpfte der Trainer und forderte dazu auf, die Spieler nach ihrer Meinung zu diesem Kollektivausfall zu fragen. Torwart Nikolas Katsigiannis fasste den Auftritt am besten zusammen: „Das Ergebnis spiegelt die Leistung wider. Das war zu wenig in vielen Bereichen, das geht so nicht, so können wir uns nicht verkaufen. Das war wirklich nicht okay.“ Wieder einmal nicht. Mit gravierenden Folgen.
Einige Zuschauer verließen die Halle vor dem Spielende, andere pfiffen, als die Erlösung kam und das Elend endlich vorbei war. Ohnehin verloren sich nur 3220 Zuschauer in der riesigen Mannheimer SAP Arena. Es hatte etwas von einer Fortsetzung der Geisterspiele - was auch in finanzieller Hinsicht ein Problem für die Löwen ist. Denn seit Beginn der Corona-Pandemie verdeutlicht der Club die Wichtigkeit von Ticketeinnahmen. Jetzt dürfen die Fans wieder in die Halle, nur kaum einer kommt. Aber ganz ehrlich: Wer will sich so was auch ansehen?
Immerhin hat der Club aber eine andere Baustelle geschlossen. Seit Monaten - wenn auch nicht offiziell verkündet - steht fest, dass Admiral als Hauptsponsor zur neuen Saison aussteigt. Nach Informationen dieser Redaktion soll diese Lücke der bisherige Premiumpartner WTG füllen. Es geht also aufwärts. Schließlich fehlen nur noch Zuschauer und sportlicher Erfolg.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-rhein-neckar-loewen-eine-frechheit-loewen-trainer-vranjes-kritisiert-team-scharf-_arid,1935831.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,2.html