Magdeburg. Sebastian Hinze freute sich. Auf sein Zuhause. Und sein Bett. Denn nach eigenem Bekunden ist der Trainer der Rhein-Neckar Löwen nicht unbedingt der geborene „Hotelschläfer“, weshalb die vergangenen Tage für ihn in dieser Hinsicht eher problematisch verliefen. Am Samstag brach der gebürtige Wuppertaler mit seiner Mannschaft zu einem Auswärtsdoppelpack auf. Nach der 37:40-Niederlage beim HSV Hamburg am Sonntag folgte am Mittwoch ein versöhnliches Ende der Reise mit dem 32:32 (16:18) beim Meister SC Magdeburg. Nur eine Sekunde fehlte – und der Mannheimer Bundesligist hätte sogar für die Sensation gesorgt.
Hinze wollte trotz des späten Ausgleichs nicht hadern, auch wenn er in der Kabine zunächst in „enttäuschte Gesichter“ geschaut habe. „Ich bin sehr stolz auf die mentale Stärke meiner Mannschaft, weil wir auch in den Phasen, in denen wir hätten wegbrechen können, stabil geblieben sind“, sagte der Trainer in den Katakomben der legendären Bördelandhalle, in der Gegner und Schiedsrichter stets so willkommen sind wie ein Metzgermeister mit frischem Grillfleisch auf einer Vegetarierparty.
Eine gewisse Reife
Keine Frage: Diese Arena mit ihren frenetischen Fans kann ein gewaltiges, bisweilen einschüchterndes Erlebnis sein. Und der SCM mit seinem Tempo-Handball eine gewaltige, bisweilen einschüchternde Mannschaft. Doch von der aufgeheizten Atmosphäre ließen sich die Badener zu keiner Zeit aus der Ruhe bringen, weil die innere Haltung zu diesem Spiel immer passte und sie eine gewisse Reife zeigten, die man angesichts des Neuaufbaus und noch dazu bei diesem Gegner nicht zwingend erwarten konnte, ja sogar nicht erwarten durfte.
Ganz offensichtlich kommen die Löwen auf ihrem über drei bis fünf Jahre angelegten Weg in Richtung Tabellenspitze gerade aber ein wenig schneller voran. Oder anders ausgedrückt: Das Zukunftsprojekt überlistet momentan die Gegenwart, wenngleich Hinze mit Verweis auf die Niederlage in Hamburg von ein „paar Entwicklungsschritten“ sprach, die sein Team noch gehen müsse. Insgesamt ist er aber zufrieden: „Alle glauben an das, was wir machen. Und jeder Gegner weiß, was ihn gegen uns erwartet.“
Das mochte man als Ansage in Richtung Konkurrenz verstehen, war so aber gar nicht gemeint. Denn Hinze sprach seine Worte im Sinne seines unaufgeregten Auftretens aus. Er meinte sie eher als Feststellung, was von einem Grundvertrauen in sein Team und sein Handeln zeugt: „Wir haben in Magdeburg 60 Minuten Löwen-Handball auf die Platte gebracht und gesehen, dass wir auch in diese Atmosphäre gegen diesen Gegner Spiele gewinnen können.“ Eine Erkenntnis, die Hoffnung macht. Zumal sich die Badener nach der knappen Niederlage beim THW Kiel nun auch beim Meister absolut konkurrenz- und siegfähig präsentierten.
Entsprechend wusste SCM-Trainer Bennet Wiegert nach „einem verdammt schwierigen Spiel“ den Zähler auch als das einzuordnen, was er für seine Mannschaft war: „Ein Punktgewinn.“
Wild hatte der Meistercoach während des Spiels vor seiner Bank gestikuliert, er zappelte und zuckte. Ganz so, als liefe Strom durch seinen Körper, was seine Anspannung unterstrich: „Wir hatten uns mehr erhofft, sollten mit diesem Unentschieden aber sehr zufrieden sein.“ Ein bemerkenswerter Satz, war er doch nichts anderes als ein Kompliment an die wiedererstarkten Löwen, die sich als funktionierendes Kollektiv präsentierten.
„Gutes Gefühl“
Im dritten Auswärtsspiel innerhalb von acht Tagen nutzte Hinze die Breite seines Kaders. Mit Ausnahme von Ersatztorwart David Späth und Talent Niklas Michalski kamen alle Profis zum Einsatz. Einen folgenschweren Bruch im Spiel gab es durch diese Wechselei mit Zügen eines Schichtwechsels indes nicht, was laut Kapitän Patrick Groetzki für „ein gutes Gefühl“ sorgt: „Wir wissen, dass alle alles können. Wichtig ist, dass die gesamte Mannschaft in der Saison drin ist. Wir haben hier mit allen bestanden.“ Auch mit Rückraum-Rechtshänder Lukas Nilsson, der nach mehr als einem halben Jahr Verletzungspause und einem zehnminütigen Comeback in Hamburg diesmal etwas mehr als eine Viertelstunde mitwirkte und zwei Tore erzielte.
Auf der anderen Halbposition stand Niclas Kirkeløkke zwar im Schatten des überragenden achtfachen Torschützen Albin Lagergren, doch auch der Däne setzte Akzente. Sonst hätte ihn Hinze weder eine halbe Stunde auf dem Feld gelassen noch anschließend für „sein bestes Spiel in dieser Saison“ gelobt.
Kurzum: Der Löwen-Trainer verließ Magdeburg nicht nur mit Vorfreude auf sein Bett, sondern auch ziemlich glücklich. Zumal die Aussichten stimmen. Am Sonntag (14 Uhr) geht es gegen den TBV Lemgo Lippe – und zwar in der Mannheimer SAP Arena. Es winkt eine weitere Nacht im eigenen Bett.
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