Hannover. Marius, Hand aufs Herz: Nach Ihrer Zeit bei den Löwen haben Sie erst in Flensburg gespielt, nun tragen Sie das Hannover-Trikot. Sind Sie jetzt ein Norddeutscher?
Marius Steinhauser: (lacht) Den Süddeutschen bekommt niemand aus mir heraus. Allein schon wegen meines Dialekts – aber auch, weil ich sehr heimatverbunden bin. Nichtsdestotrotz hat mich die Zeit im Norden geprägt. Meine Frau Anika und ich haben hier unsere Familie gegründet. Allein schon deshalb verbinde ich mit dieser Region sehr viele positive Erinnerungen. Der Norden ist unsere zweite Heimat.
Am Freitag (19 Uhr) geht es mit der TSV Hannover-Burgdorf gegen die Rhein-Neckar Löwen, den Verein aus Ihrer ersten Heimat. Ist das ein Spiel wie jedes andere für Sie?
Steinhauser: Auf keinen Fall. Für mich ist diese Begegnung immer etwas ganz Besonderes und hochemotional. Wenn man das so sagen kann, sind die Löwen mein Profi-Heimatverein. Das ist der Club, bei dem ich in der Bundesliga gestartet bin, der mir in jungen Jahren das Vertrauen geschenkt und der zu mir gehalten hat, als ich mir eine schwere Knieverletzung zugezogen habe. Damals haben die Löwen mir einen Dreijahresvertrag gegeben – das werde ich niemals vergessen. Und dafür bin ich den Löwen ewig dankbar.
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Warum sind Sie 2017 gegangen?
Steinhauser: Das war damals für mich ein riesengroßer Schritt, ich wollte aber raus aus der Komfortzone. Das war so das Hauptding. Ich habe außerdem gespürt, dass es perspektivisch schwer wird, noch mehr Spielzeit zu bekommen. Patrick Groetzki war damals schon bei den Löwen und in einem Alter, in dem er noch lange würde spielen können. Als dann das Angebot aus Flensburg kam, war das eine große Ehre für mich. Solch eine Anfrage kommt ja nicht oft ins Haus geflattert. Anika und ich wollten das unbedingt machen.
In Flensburg war die Konkurrenz mit Lasse Svan aber auch groß.
Steinhauser: Das stimmt. Aber ich habe mir Jahr für Jahr mehr Spielanteile erarbeitet und mich in eine Position gespielt, um ihn irgendwann auch beerben zu können.
Es kam dann anders. Flensburg holte nach Svans Weggang mit Johan Hansen einen neuen Rechtsaußen und Sie verließen den Verein. Wie sehr haben die Jahre mit Groetzki und Svan Sie geprägt?
Steinhauser: Im Prinzip bin ich in meiner Karriere den umgekehrten Weg gegangen. Als junger Spieler bekommt man ans Herz gelegt, zu kleinen Clubs zu wechseln, um dort so viel wie möglich auf dem Feld zu stehen und sich entsprechend zu entwickeln. Ich war von Anfang in einer anderen Rolle. Ich musste mir bei dieser Konkurrenz meine Spielanteile hart erarbeiten. Für mich war das aber super – und ich finde auch, dass es gut geklappt hat.
Warum war das „super“?
Steinhauser: Es war ein riesiger Ansporn, sich seine Einsatzzeit und damit auch den Respekt zu verdienen. Wenn ich auf dem Feld stand, habe ich meine Leistung gebracht. Manch einer mag vielleicht meinen, dass diese Karriereschritte nicht richtig waren. Aber mir hat es unheimlich viel gebracht, täglich mit Weltklassespielern zu arbeiten oder auch gegen Weltklassetorhüter im Training zu werfen. Allein der Austausch mit diesen Jungs war ein Gewinn. Und auch der Druck, im Kampf um die Meisterschaft über 34 Spieltage immer gewinnen zu müssen, war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Denn daran sieht man, wie wertvoll solch ein Titel ist, weil man so viel investieren muss.
Sie haben jeweils zwei Meisterschaften mit den Löwen und mit Flensburg gewonnen. Welcher war der schönste Titel?
Steinhauser: Das kann ich nicht zu 100 Prozent beantworten, weil für beide Vereine jede Meisterschaft wirklich etwas Besonderes war. 2016 mit den Löwen – das war die erste Meisterschaft für den Club überhaupt. Diesen Erfolg im nächsten Jahr zu wiederholen und vorzeitig als Meister festzustehen – das war ebenso beeindruckend. In Flensburg haben wir die erste Meisterschaft seit 14 Jahren geholt. Auch dort haben wir den Titel verteidigt. Das sind die schwierigsten Meisterschaften, wenn es darum geht, etwas zu bestätigen. Mir ist das mit den Löwen und Flensburg gelungen. Und ich kann sagen: Die Partys waren alle sehr ausgelassen (lacht).
Sie haben Ihren Karriereweg angesprochen. In Hannover sind Sie nun die klare Nummer eins auf Ihrer Position und noch dazu Mannschaftskapitän. Das ist etwas ganz anderes als all die Jahre zuvor.
Steinhauser: Als mich unser Trainer Christian Prokop 2022 zum Kapitän gemacht hat, hat mich das extrem überrascht. Damit habe ich nicht gerechnet. Auch weil es ungewöhnlich ist, dass ein Neuzugang sofort Kapitän wird. Aber natürlich wollte ich mich dieser Verantwortung stellen. Die Mannschaft befand sich zudem im Umbruch. Letztendlich hat sich durch dieses Amt aber nicht viel verändert. Jeder weiß ja, dass ich ohnehin ein kommunikativer Mensch bin und den Mund aufmache.
Sie sprechen den Umbruch an. Wie ist es Christian Prokop gelungen, so schnell eine Spitzenmannschaft zu formen? Es ist ja nicht so, dass Hannover reihenweise Weltklassespieler eingekauft hat.
Steinhauser: Christian schenkt jungen Spielern das Vertrauen. Sie dürfen Fehler bei ihm machen, er geht immer wieder ins Gespräch mit den Jungs und steht hinter ihnen. Das ist ganz wichtig. Und durch den Umbruch konnte er die Mannschaft auch so zusammenstellen, dass viel zu seiner Handball-Idee passt und dass es auch zwischenmenschlich funktioniert. Das ist mit das Wichtigste bei der Transferpolitik: Man muss Spieler holen, die charakterlich gut zueinander passen.
Mit Renars Uscins hat Ihr Trainer einen Leistungsträger der Nationalmannschaft selbst entwickelt. Auch Justus Fischer gehört längst zu den deutschen Hoffnungsträgern. War dieser Weg absehbar?
Steinhauser: Beide sind Ausnahmetalente. Sie haben vom Trainer ihre Chancen bekommen. Und sie haben ihre Chancen genutzt. Aber eben auch, weil sie – wie ich bereits sagte – Fehler machen durften. Mittlerweile bringen sie zuverlässig ihre Leistung. Deswegen spielen sie immer. Ich muss ehrlich sagen, dass gerade Renars eine krasse Entwicklung genommen hat.
Hannover steht punktgleich mit der MT Melsungen auf Platz eins. Ist Ihr Team so gut oder ist die Tabellensituation einem klassischen Lauf geschuldet?
Steinhauser: Gute Frage. Ich glaube, dass wir aktuell eine Welle reiten. Das kommt bei einer jungen Mannschaft häufiger vor. Aber unser Potenzial ist enorm – und wenn wir es ausreizen, dann läuft es genauso wie jetzt gerade. Wir haben Qualität. Die muss sich allerdings noch über die Jahre entwickeln, weil wir so viele junge Spieler im Team haben.
Nach vier Meisterschaften in Folge mit den Löwen und Flensburg haben Sie aber mal gescherzt: „Der Titel ist dort, wo Steini ist.“ Warum also nicht in Hannover?
Steinhauser: Wir sind nicht der SC Magdeburg, wir sind nicht der THW Kiel und wir sind auch nicht die SG Flensburg-Handewitt. Wir können nicht einfach sagen: „Hey, unsere Spieler haben ihre Qualität schon über Jahre nachgewiesen und wir wollen Meister werden.“ Es macht also keinen Sinn, die Meisterschaft als Ziel auszurufen. Das wäre auch vermessen. Ich weiß, wie schwer es ist, über 34 Spieltage solch ein Niveau zu halten.
Aber die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb sollte es schon sein, oder?
Steinhauser: In der vergangenen Saison haben wir in der European League gespielt. Um sich für diesen Wettbewerb zu qualifizieren, müssen wir vermutlich Fünfter oder Sechster werden. Und das ist auch ein realistisches Ziel für uns.
Welches persönliche Ziel verfolgen Sie noch? Es fehlt ein Länderspiel.
Steinhauser: Beim Thema Nationalmannschaft bin ich wirklich völlig tiefenentspannt. Jeder Profisportler wünscht sich oder träumt davon, irgendwann einmal bei der Nationalmannschaft dabei zu sein. Ich werde versuchen, weiterhin meine Leistung für Hannover zu bringen – und was darüber hinaus passiert, habe ich nicht in der Hand.
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