In Freiburg steht das neueste Stadion der Bundesliga. In Sachen Kabinen-Schallschutz gibt es aber bessere Arenen - dies ist seit Samstagabend bewiesen. Dass Pellegrino Matarazzo nach der 2:3-Niederlage seiner TSG Hoffenheim beim SC Freiburg lautstark schimpfte, wütete, grantelte, war im Stadionbauch weithin hörbar.
Der Trainer, der an seinem Lautstärkeregler drehte, erklärte seinen Kabinenfrust hinterher wesentlich leiser so: „Es ging um vieles. Um das komplette Spiel, die Mutlosigkeit der ersten Hälfte.“ Der Frust aus der Kabine musste auch bei der Pressekonferenz raus: „Wir können keine Handbremse angezogen haben, um ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Wir brauchen nicht über Talent zu sprechen, wenn wir es nicht auf den Platz bringen.“
Kramaric sorgt für Offensivdrang
Verdient lagen die Nordbadener zunächst mit 0:2 zurück. Erst traf Lucas Höler (37.), dann der Ex-Hoffenheimer Vincenzo Grifo (55.). Die größte Problemzone der Kraichgauer bleibt die Defensive. Kein TSG-Verteidiger agiert bislang stabil und fehlerfrei, immer wackelt einer. Vorm 0:2 verdribbelte sich Florian Grillitsch, anschließend sah Stanley Nsoki gegen Grifo viel zu hüftsteif aus. Ihren im Sommer für 12,3 Millionen verpflichteten ungarischen Abwehrmann Attila Szalai gaben die Hoffenheimer trotzdem nach der Partie in Freiburg auf Leihbasis bis zum Sommer an die Breisgauer ab.
Auch nach vorne ging zuerst nicht viel. Erst als Andrej Kramaric im zweiten Durchgang mitstürmte, gelang offensiv mehr. Zwei lange Bälle von Ozan Kabak und Florian Grillitsch ermöglichten Wout Weghorst (57.) und Maximilian Beier (77.) den 2:2-Ausgleich. „Ich dachte, wir drehen das Ding jetzt“, sagte Beier.
Umstrittener Zweikampf vor dem Siegtreffer
Nicht nur der Jungstürmer glaubte das. Erst recht, als die TSG nach einer Gelb-Roten Karte gegen den gebürtigen Mannheimer Manuel Gulde (82.) die finalen Minuten in Überzahl agierte. Trotzdem wurde das Badenduell noch verloren. Der Entstehung des Freiburger 3:2-Siegtreffers von Roland Sallai ging aus Hoffenheimer Sicht allerdings ein Foul im Mittelfeld von Maximilian Eggestein an Kramaric voraus. „Wenn ich dramatisch falle, bekomme ich wohl einen Freistoß“, so der Kroate. Eggesteins Flanke führte anschließend zum Hoffenheimer K.o.
„Ich würde mich an seiner Stelle auch aufregen“, gestand Eggestein lächelnd. Für einen Eingriff per Videobeweis sei es aber „ein bisschen wenig“ gewesen. Matarazzo und Co. sahen das natürlich komplett anders. Zwischen vermeintlichem Foul an Kramaric und dem entscheidenden Gegentreffer vergingen allerdings noch etliche Sekunden. „Wir müssen es trotzdem wegverteidigen“, gab sich dann auch Torhüter Oliver Baumann selbstkritisch. Fehlende Cleverness ist aktuell nicht die einzige Hoffenheimer Baustelle.
Konkurrenten ziehen langsam davon
Sommerzugang Wout Weghorst attestiert dem Team ein Mentalitätsproblem. „Wenn du was willst, ist es immer noch ein Unterschied, ob du echt was willst“, sagte er. Auch Weghorst kann die Tabelle lesen.
Dem eigenen Anspruch und der Konkurrenz um die Europapokalplätze rennen die Hoffenheimer immer mehr hinterher. „Wir wollten an den Freiburgern vorbeiziehen“, so Baumann. Die sind nun trotz größter Personalsorgen vier Zähler voraus. Teilt man die bisherigen 18 Spieltage in zwei Hälften, so steckt die TSG schon wieder in ihrer alljährlichen Krise, in der sie wie ein Abstiegskandidat punktet. Aus den ersten neun Partien sammelten die Kraichgauer 18 Punkte, aus den neun darauffolgenden nur noch sechs. In der Tabelle der Spieltage 10 bis 18 landen die Kraichgauer auf Rang 17.
Sechs Punkte aus neun Spielen - das ist nicht die Bilanz eines Europa-Anwärters, sondern eines Abstiegskandidaten. Die TSG kann wohl nur nicht in Abstiegsgefahr geraten, weil im Tabellenkeller ein Schneckenrennen stattfindet. In den jüngsten vier Partien setzte es zudem stets drei Gegentore. „Wenn es nicht besser wird, werden wir unsere Ziele nicht erreichen“, prognostizierte Matarazzo.
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