Sinsheim. Abstiegskampf ist Kopfsache bei der TSG Hoffenheim. Bei der bitteren und späten 2:3-Heimniederlage gegen Borussia Dortmund stand exakt dieses Körperteil im Mittelpunkt intensiver Diskussionen nach dem BVB-Siegtor durch Waldemar Anton (90.+5). Die umstrittenste Szene des Spiels war dem Dortmunder Siegtreffer vorausgegangen.
Dortmunds Carney Chukwuemeka stürmte allein auf Nationaltorwart Oliver Baumann zu, traf diesen im Zweikampf um den Ball mit dem Knie am Kopf. Der TSG-Kapitän rappelte sich wieder auf, taumelte aber durch den Strafraum und konnte so bei Antons Abstauber zum 3:2 nicht mehr eingreifen.
DFB verteidigt umstrittene Entscheidung von Schiedsrichter Brand
Tor oder nicht? Schiedsrichter Benjamin Brand gab den Treffer. Ganz ohne VAR-Eingriff – oder zumindest ohne sich die bewegten Bilder nochmals selbst anzuschauen. TSG-Trainer Christian Ilzer nannte es eine „Skandalentscheidung“, weil für beide Teams ganz viel auf dem Spiel stehe. Der Klassenerhalt für Hoffenheim, die Champions League für den BVB.
„Ich verstehe es nicht. Er hat genug Zeit, es sich anzuschauen und eine klare Entscheidung zu treffen“, sagte Baumann mit großer Schramme am Kopf. Warum griff der Kölner Keller aber nicht ein? „Aus unserer Sicht lag hier kein Foulspiel von Chukwuemeka vor, sondern ein Zusammenprall“, sagte Alex Feuerherdt, Sprecher der DFB Schiri GmbH: „Eine mögliche Kopfverletzung war für den Schiedsrichter in dieser Situation nicht unmittelbar zu erkennen. Zumal Baumann zunächst aufstand und weiterspielte.“
Glück liegt auf der Seite des BVB
Eine Szene, viele Sichtweisen. Ilzer schüttelte heftig mit dem Kopf, als BVB-Trainerkollege Niko Kovac davon sprach, dass Carney Chukwuemeka „eine Spur eher am Ball“ gewesen sei. „Die Zeitlupe, wo er eher am Ball ist, die haben wir nicht gefunden“, entgegnete Ilzer auf dem Pressepodium den Dortmunder Sichtweisen.
50/50-Entscheidungen fallen oft positiv für jenes Team aus, das wie der BVB derzeit einen Lauf hat – und gegen jenes, das wie Hoffenheim um den Ligaverbleib bangen muss. Dortmunds Daniel Svensson stand vor Serhou Guirassys 1:0 (20.) knapp nicht im Abseits, Pavel Kaderabek vorm vermeintlichen TSG-Ausgleich zum 1:1 (40.) hingegen schon.
„Jede Entscheidung war gegen uns, 38 VAR-Entscheidungen, die alle für Dortmund liefen“, schnaubte Anton Stach hinterher. Und sprach von einem „Scheißgefühl – und das wird auch so bleiben.“ Da tröstete auch sein Zuckerpass zum zwischenzeitlichen 1:1 (61.) durch Adam Hlozek nicht. Stach war 75 Minuten nach Spielende allein mit seinem Frust. Die Kapuze des TSG-Trainingsanzugs tief ins Gesicht gezogen, saß der 26-Jährige unerkannt von den Fans vorm Stadion auf den Stufen zur Südtribüne und blickte auf sein Handy.
Zweimal war die TSG zurückgekommen gegen starke Dortmunder, die allerdings auch das 2:0 verpasst hatten, als Guirassy Can den Ball für den Elfmeter wegschnappte – und an Baumann scheiterte (34.). Nach Julian Brandt 2:1 (74.) köpfte Kaderabek Hoffenheim zu Beginn der Nachspielzeit zum 2:2 und vermeintlich zu einem Zähler, der für die TSG-Moral ebenso wichtig gewesen wäre wie fürs Bundesliga-Punktekonto.
Ilzer kritisiert mangelnde Cleverness beim Abwehrverhalten
Dann kam aber der später viel diskutierte Kopftreffer als Hoffenheimer Tiefschlag daher. Anders als bei einem Boxkampf ist das im Fußball durchaus möglich. Zumindest im übertragenen Sinn.
Bei allem verständlichen TSG-Ärger bemängelte aber auch Ilzer mit Blick auf das dritte Gegentor, dass sein Team das 2:2 nicht clever herunterspielte und stattdessen Chukwuemeka allein auf Baumann zustürmte: „Die Situation darf nicht mehr zustande kommen.“ Arthur Chaves und Umut Tohumcu sahen dabei schlecht aus – so wie die TSG mit Blick auf die Konkurrenz an diesem 31. Spieltag.
TSG-Trainer erwartet spannende Endphase im Abstiegskampf
Durch den Heidenheimer 1:0-Coup beim VfB Stuttgart ist der Hoffenheimer Vorsprung auf Rang 16 auf fünf Zähler geschmolzen. Bei Stach klang viel Trotz und Jetzt-Erst-Recht durch: „Wir haben eine gute Ausgangsposition. Wenn wir unsere Punkte holen, dann können sie uns nicht mehr einholen“, sprach er mit Blick auf die Konkurrenz aus Heidenheim, Bochum und Kiel.
„Vier Punkte müssen wir noch einfahren“, sagte Ilzer mit Blick auf die Spiele in Mönchengladbach und Wolfsburg sowie dem Heimfinale am 34. Spieltag gegen Bayern München. In diesem Fall müsste Heidenheim schon alle seine drei Partien gegen den VfL Bochum, Union Berlin und Werder Bremen gewinnen, um punktgleich zu sein. Die Tordifferenz spricht obendrein für die Kraichgauer. „Es wird kein Honiglecken“, weiß aber Ilzer.
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