Kaiserslautern. Auch im Pfälzer Wald kann es im Winter grau und ungemütlich sein, doch mit der Familie um sich herum steckt Jan van Eijden das momentan klaglos weg. Schließlich wird sich das ewige Reisen für den neuen Sprint-Bundestrainer der deutschen Bahnradsportler nun deutlich reduzieren, und auch klimatisch könnte sich die endgültige Rückkehr des 45-Jährigen in die Pfalz langfristig vielleicht auszahlen.
„Den Regen in Manchester werde ich jedenfalls nicht vermissen“, lacht van Eijden mit Blick auf 15 Jahre als Sprint-Trainer der Radsportmacht Großbritannien, am 1. Februar tritt er beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) nun die Nachfolge des langjährigen Erfolgscoaches Detlef Uibel an. Bis dahin genießt er noch die Tage mit seiner Frau Stefanie und seinen drei Kindern Oscar (10), Felix (8) und Olivia (5).
Die werden ihren Papa Jan nun öfter und nicht nur an den Wochenenden sehen, was für den Erfolgscoach der Briten der ausschlaggebende Grund für die Rückkehr nach Deutschland war. Zwar wohnen die van Eijdens schon seit 2012 wieder in Kaiserslautern, wo der Ex-Weltmeister seit seiner Zeit am Heinrich-Heine-Sportgymnasium Wurzeln geschlagen hat, doch viel von seiner zweiten Heimat hat der gebürtige Remagener zuletzt nie gesehen.
„Ich war 35 bis 40 Wochen unterwegs“, berichtet van Eijden über sein Leben aus dem Koffer. Entweder pendelte der 45-Jährige unter der Woche nach Manchester, wo die britischen Bahnradsportler in einem zentralen Trainingszentrum versammelt sind, oder eben direkt zu den Wettkämpfen mit dem „Team GB“, das unter seiner Anleitung bei den vergangenen vier Olympischen Spielen im Sprintbereich nicht weniger als 20 Medaillen holte, darunter zwölf Mal Gold.
Beeindruckende Bilanz
Dass angesichts dieser beeindruckenden Bilanz der BDR den Kontakt zu dem inzwischen profilierten Coach nicht abreißen ließ, versteht sich von selbst, nun ergab sich die Chance für eine Zusammenarbeit, als der 62-jährige Uibel im Oktober seinen Rückzug zum Jahresende 2021 bekanntgab. „Mir war sofort klar, dass ich das machen muss, wenn sich die Chance ergibt und ich den Job bekomme“, musste van Eijden auch angesichts der wegen den corona-bedingten Restriktionen immer beschwerlicher werdenden Reisen auf die Insel nicht zwei Mal überlegen.
„Ich lasse wirklich sehr gute Freunde in Manchester zurück“, fällt ihm dieser Schritt nicht durchweg einfach, doch die Vorfreude auf die neue Herausforderung und die verbesserte familiäre Situation stehen letztlich im Vordergrund.
Mit Spannung darf erwartet werden, wie der neue Coach mit der deutschen Kurzzeit-Elite auf der Bahn den Systemwechsel schafft. In Großbritannien war der Aufbau schließlich streng zentralisiert, alles war bis auf die Stützpunkte in Wales und Schottland auf Manchester zugeschnitten. „Dort hatten wir kurze Wege, zwei Ärzte vor Ort, es gab Psychologen, wir hatten die ganze Wissenschaft mit Bio- und Aerodynamik im Haus, es wurde viel auf Details geachtet“, arbeitete van Eijden in England mit einem großen Team an einer Stelle. In Deutschland ist er nun neben seinem Amt als Trainer bei den Lehrgängen der Nationalmannschaft auch als Koordinator der fünf Olympia-Stützpunkte in Kaiserslautern, Chemnitz, Erfurt, Cottbus und Schwerin gefragt. Ein Händchen als Diplomat, um regionale Befindlichkeiten zu berücksichtigen, dürfte dabei nicht von Nachteil sein.
Generell sieht van Eijden die BDR-Struktur dabei aber nicht unbedingt als Nachteil. „Wir haben hier auch alles, müssen es eben zusammenbringen und weiter optimieren“, sieht van Eijden auch Vorteile am Stützpunktsystem. Beispielsweise können Stars wie Emma Hinze in Cottbus oder wie in den vergangenen Jahren Miriam Welte in Kaiserslautern Jugendliche in der Region motivieren, zudem gebe es im Konstrukt mit Heim-, Stützpunkt- und Bundestrainer insgesamt wohl mehr Trainingszeit für die Athleten.
Über mangelnde Aufgabenfelder kann sich van Eijden, der Anfang der 2000er Jahre auch eine Zeit lang in Mannheim gelebt und auf der Bahn des RRC Endspurt trainiert hatte, sich jedenfalls nicht beschweren. „Jetzt hoffe ich, dass ich die beiden Systeme gut verknüpfen und für die BDR-Sprinter noch mal mehr herausholen kann“, sagt van Eijden.
Olympia 2024 am Horizont
Anfangen wird der neue Sprintchef beim BDR ab dem 1. Februar mit einer Vorstellungsrunde bei den fünf Stützpunkten, dann dürfte es aber auch schon bald in die Planungen für die nächsten großen Wettkämpfe gehen. Olympia in Paris 2024 ist dabei schon am Horizont.
Dabei möchte van Eijden den Teamgedanken mit der nötigen Gelassenheit vorleben, die er bei den Briten gelernt hat, dennoch hat der 45-Jährige auch klare Vorstellungen, die nicht verhandelbar sind: Trainingseinstellung oder etwa Grundtugenden wie Pünktlichkeit. Die haben die Engländer schließlich auch ein Stück von ihrem „German Coach“ adaptiert. „Da hieß es immer: Wenn der Jan da war, war er nie zu spät“, blickt van Eijden mit einem Schmunzeln zurück.
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