Mannheim. Dass der Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist, ist eine alte Floskel. Auf den Wahrheitsgehalt dieser Binsenweisheit hat diese Feststellung allerdings keinen Einfluss. Beispiel gefällig? Ziemlich genau vor einem halben Jahr wurde Rüdiger Rehm als neuer Waldhof-Trainer am Alsenweg wie ein Messias empfangen. Dass der Coach zum Trainingsauftakt - wie im Sommer 2023 geschehen - den meisten Applaus bekommt, ist eher eine Seltenheit. Doch mittlerweile hat sich die Stimmung komplett gedreht, spätestens nach dem 0:2 (0:1) gegen Dynamo Dresden am Dienstagabend ist Rehm der Buhmann - nun auch für den blau-schwarzen Fan-Block, der bisher stillgehalten hatte.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
„Trainer raus“, skandierte die OST-Tribüne lautstark und geschlossen nach der zweiten Niederlage im neuen Fußball-Jahr, mit der die Mannheimer auf Platz 18 und damit immer tiefer in den Abstiegssumpf der 3. Liga abrutschten. Und die Sprechchöre gingen nicht spurlos an Rehm vorbei, der dieses Mal erst gar nicht den Dialog mit den Fans suchte. „Natürlich macht das etwas mit einem“, räumte der 45-Jährige ein, der lange einen Vertrauensvorschuss genoss und so auch die üble Sieglos-Serie von elf Pflichtspielen ohne Dreier überstand. Aber Rehm will wie schon vor der Winterpause weiter kämpfen.
„Wir sind es gewohnt, in dieser Saison Rückschläge zu verkraften. Wir müssen weitermachen, es gibt nichts anderes. Ich weiß, dass wir alles geben, um aus dieser Situation herauszukommen. Und ich weiß auch, dass ich die Mannschaft hinter mir habe. Wenn man gesehen hat, wie sie gegen Dresden gefightet hat, gibt es da keinen Zweifel dran“, meinte Rehm, der am Freitagabend (19 Uhr) beim Halleschen FC mal wieder vor einem „Endspiel“ stehen dürfte
Ergebnisdruck gegen Zeitdruck
Der Fußball-Lehrer, dem schon mit dem 1:2 in Lübeck sein Jubiläumsspiel mit 250 Drittliga-Einsätzen als Trainer missriet, steckt dabei vor allem mit Blick auf sein neues Personal in einem zeitlichen Dilemma. So fehlt es den Winter-Neuzugängen Terrence Boyd und Kevin Goden verständlicherweise noch an der Abstimmung mit den neuen Kollegen. Jede weitere Trainingseinheit würde deshalb guttun. Was der SV Waldhof aber noch dringender benötigt, sind Ergebnisse. Die englische Woche zum Neustart nach der Winterpause könnte die Mannheimer deshalb schon entscheidend zurückwerfen, bevor die Taktung Richtung Februar dann wieder mehr Raum für die Vorbereitung lässt.
Schließlich zeigte Boyd gegen Dresden, dass er zum Dreh- und Angelpunkt im Waldhof-Angriff werden kann - auch wenn er zwei Kopfbälle neben und nicht wie sonst so häufig ins Tor gesetzt hatte. Und Goden? Der war in der guten ersten Halbzeit ein echter Aktivposten auf der rechten Seite, brachte seine Schnelligkeit ins Spiel und agierte viel geradliniger als zuletzt etwa Kelvin Arase.
Sein Debüt hatte sich der 24-Jährige zwar anders vorgestellt, wollte sich aber nicht entmutigen lassen. „Ich habe versucht, mein Tempo auszuspielen und zum Tor zu gehen. Natürlich hätte ich noch gefährlicher sein können“, blickte Goden auf seine ersten 77 Minuten im Waldhof-Trikot zurück und wusste um die prekäre Lage. „Dass Halle noch in Duisburg gewonnen hat, ist eben so in dieser Liga. Da kann jeder gegen jeden gewinnen - und am Freitag sind wir dran“, hofft der schnelle Angreifer auf die Trendwende.
„Der Club muss in der Liga bleiben“
Aufmunterung in diese Richtung gab es immerhin auch vom Gegner in Gestalt des Ex-Waldhöfers Kevin Broll. Der Torhüter der Dresdner kennt SVW-Coach Rüdiger Rehm noch aus gemeinsamen Tagen bei der SG Sonnenhof Großaspach und traut ihm durchaus zu, das Ruder nochmals herumreißen zu können.
„Er hatte eigentlich immer eine gute Philosophie“, hat Broll auch die übrigen Stationen Rehms verfolgt. Er hofft auf ein gutes Ende für seinen ehemaligen Verein. „Ich hoffe, die reißen sich jetzt mal zusammen, denn der Club muss in der 3. Liga bleiben und hat in der Regionalliga nichts verloren“, postulierte der Dynamo-Keeper.
Ob es damit getan ist, steht dagegen auf einem ganz anderen Blatt, da auch das von Rehm als „Murmeltor“ bezeichnete 0:1 durch Tom Zimmerschied (45.) und der Treffer zum 0:2-Endstand durch Lucas Cueto (61.) erneut die defensive Anfälligkeit der Waldhöfer deutlich machten. 37 Gegentreffer sind aktuell der drittschlechteste Wert der Liga. So viele Offensivspieler kann der SVW gar nicht mehr verpflichten, um diese Gegentorflut auszugleichen. Deshalb soll nun offenbar unbedingt noch einmal in die Qualität des Kaders investiert werden. „Wir brauchen Hilfe. Wir müssen uns selber helfen oder eben extern“, räumte Rehm ein, bis zum Transferschluss am 31. Januar weiter in allen Bereichen die Augen offen zu halten.
Und während bereits schon wieder Trainer-Kandidaten wie der in der 3. Liga noch völlig unerfahrene Kai Herdling oder die bekannten „Feuerwehrmänner“ gehandelt werden, bereitete Rehm sein Team am Mittwoch auf die Partie in Halle vor. Dort würde bei einer weiteren Niederlage bereits ein Loch von sieben Zählern zu den Ostdeutschen reißen, die sogar noch ein Spiel in der Hinterhand haben. Und bei solch einer Konstellation dürfte Rehms Ankunft im Sommer 2023 endgültig nur noch eine blasse Erinnerung sein.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport/vereine_artikel,-sv-waldhof-waldhof-trainer-rehm-vom-messias-zum-buhmann-_arid,2169003.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html