Wassersport

Deutsche Meisterin im Synchronschwimmen: Mannheimerin Kristina Atamanchuk glänzt im Becken

Kristina Atamanchuk gewinnt eine Medaille nach der anderen. Die 17-jährige Synchronschwimmerin aus der Ukraine ist in ihrer Altersklasse die Beste in Deutschland.

Von 
Nicolai Lehnort
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Kristina Atamanchuk © Atamanchuk

Mannheim. Kristina holt ihr Handy aus der Hosentasche und öffnet ein Foto. Es zeigt ein von Gewinnerinnen überlaufenes Podest bei einer Siegerehrung. Darauf drängen sich unter anderem acht junge Frauen in blau-gelben Schwimmanzügen. Kristina deutet auf eines der Mädchen, es ist eine Freundin. Die zwischen 16 und 20 Jahre jungen Frauen stellen die ukrainische Nationalmannschaft im Synchronschwimmen, die bei der Europameisterschaft Anfang Juni zwei Silbermedaillen gewinnt.

Wenige Tage später steht auch Kristina Atamanchuk auf dem Treppchen. Die deutsche Fahne weht in der Flensburger Schwimmhalle in ihrem Rücken. Die 17-Jährige gewinnt die deutsche Meisterschaft im Synchronschwimmen in der Altersklasse B. Es ist bereits ihre zweite Jugendmeisterschaft in der Sportart, seit sie für den Mannheimer Schwimmverein Volkstümlicher Wassersport (VW) an den Start geht.

Synchronschwimmerin Kristina Atamanchuk aus Sportinternat nach Mannheim gekommen

Vor drei Jahren kam Kristina gemeinsam mit ihrer Familie aus der Ukraine nach Deutschland. Was sie in Charkiw im zarten Alter von sechs Jahren begonnen und erfolgreich betrieben hatte, setzt sie in der neuen Heimat fort. „Dass sie ein riesiges Potenzial hat, habe ich sofort gesehen“, berichtet ihre Trainerin Charlotte Hundshammer vom ersten Training in Mannheim. Sie begleitet die Nachwuchsathletin seit drei Jahren.

Die für den VW Mannheim startende Kristina Atamanchuk hat zahllose Medaillen im Synchronschwimmen und Wettkampfschwimmen gewonnen. © Nicolai Lehnort

Kristinas Leistungsstand war für deutsche Verhältnisse außergewöhnlich. In der Ukraine schwamm sie für die Jugendnationalmannschaft und besuchte ein Sportinternat in Charkiw. Jeden Tag zwei Trainingseinheiten, vor und nach der Schule. Täglich acht Stunden Schwimmtraining, sechsmal die Woche. Von sieben bis 21 Uhr ist sie Tag für Tag unterwegs. Kristina ist vom Ehrgeiz getrieben. „Medaillen gewinnst du nur, wenn du trainierst“, sagt sie nüchtern.

Vom Ehrgeiz getrieben: Nicht nur Training im Synchronschwimmen

Auch Trainerin Charlotte Hundshammer weiß um ihren Willen. „Sie ist eins der Mädchen, das immer im Training ist.“ Doch den ehemaligen Trainingsumfang kann der Mannheimer Schwimmverein ihr nicht bieten. Zusätzlich zu den maximal drei wöchentlichen Einheiten im Synchronschwimmen besucht Kristina aus eigenen Stücken das Training der Wettkampfschwimmer – als einzige aus Hundshammers dreizehnköpfigem Team.

Sechsmal die Woche steigt Kristina ins Schwimmbecken. Am Wochenende trainiert sie zusätzlich am Olympiastützpunkt in Heidelberg. „Sie lebt im Schwimmbecken“, sagt Vater Aleksandr mit einem Schmunzeln. Und er lebt am Beckenrand. Aleksandr Atamanchuk ist Schwimmkampfrichter – und hat neben Kristina noch einen nicht minder erfolgreichen Sohn. Kyrylo Atamanchuk ging zuletzt bei den deutschen Jugendmeisterschaften im Schwimmen in Berlin an den Start.

Kristina Atamanchuks Vorbild Ukraine: Synchronschwimmerinnen als Superstars

Tochter Kristina weiß, was sie kann. Bei Wettkämpfen verlässt sie sich auf ihre Fähigkeiten. „Wenn wir es im Training üben, weiß ich, dass ich es kann“, sagt sie selbstbewusst. „Ich gehe da entspannt rein.“ Im Gegensatz zu ihrer Trainerin, wie Charlotte Hundshammer zugibt. „Ich bin am Beckenrand nervöser als sie.“ Kristinas Selbstvertrauen kommt nicht von ungefähr. „Sie ist unheimlich wettkampfstark“, meint ihre Trainerin. Zwar lässt die 17-Jährige es im Training auch mal schleifen, doch sobald es ums Ganze geht, legt sie nochmal eine Schippe drauf.

Während Synchronschwimmen hierzulande ein Dasein als Randsportart fristet, hat es in der Ukraine einen völlig anderen Stellenwert. Dort sind die jungen Frauen der Nationalmannschaft teilweise Superstars. In Kombination mit einer Trainertätigkeit im Nachwuchs verdienen sie mit ihren Erfolgen im Schwimmbecken ihren Lebensunterhalt.

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Als Trainerin würde auch Kristina zukünftig gerne arbeiten. So wie ihre Vorbilder aus der ukrainischen Heimat. Doch ihre Brötchen wird die Neuntklässlerin an der Karl-von-Drais-Schule ausschließlich mit dem Schwimmsport in Deutschland nicht verdienen können.

Kristina Atamanchuk aus Mannheim: Ziel ist deutsche Nationalmannschaft im Synchronschwimmen

Vize-Europameisterin mit der Ukraine. An der Seite ihrer Freundin auf dem Podest stehen. Das hätte Anfang Juni auch Kristina gelingen können – wäre da nicht der Krieg, der vor drei Jahren in ihrer Heimat ausgebrochen ist. Mit dem Verlassen der Ukraine ist die 17-Jährige nicht mehr für das Land startberechtigt. Ihr Ziel ist nun die deutsche Nationalmannschaft.

„Ich traue ihr das auf jeden Fall zu“, sagt Charlotte Hundshammer. „Weil sie den Ehrgeiz dazu hat.“ In ihren bald 25 Jahren im Synchronschwimmen, erinnert sich die Trainerin, „hatte ich vielleicht vier Mädchen, die das hohe Level von Kristina erreicht haben“. Bei der deutschen Meisterschaft hat die Mannheimerin bereits Konkurrentinnen aus Deutschlands B-Kader hinter sich gelassen.

Das Einzige, was Kristina derzeit von der Jugendnationalmannschaft im schwarz-rot-goldenen Schwimmanzug trennt: Sie hat noch keinen deutschen Pass. Allzu viel Zeit bleibt der 17-Jährigen allerdings nicht mehr, um ihren Traum zu verwirklichen: Mit Anfang 20 erreichen Synchronschwimmerinnen in der Regel ihren sportlichen Zenit.

Volontariat Nicolai Lehnort ist seit Juli 2023 Volontär.

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