Handball

Dieser Heidelberger erlebt ein Handball-Abenteuer in Ägypten

Er spielte Handball zusammen mit den jetzigen Nationalspielern Juri Knorr und David Späth. Sogar Vize-Weltmeister wurde Benedikt Damm. Doch dann entschied sich der Heidelberger für einen anderen Weg

Von 
Marc Stevermüer
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Bei der Club-WM vor den Toren Kairos für die California Eagles aktiv: Benedikt Damm. © IHF / Jozo Cabraja / kolektiff

Ob es das Ende seiner immer noch jungen Laufbahn ist, weiß Benedikt Damm selbst gar nicht so genau. Klar ist aber auch: Wenn dem so sein sollte, „dann kann ein Abschluss auch schlechter sein“, sagt der 23-Jährige am Telefon. Der Handballer wirkt ruhig und aufgeräumt, als er aus dem fernen Ägypten anruft. Was einerseits verwundert, weil Damm gerade ein großes Abenteuer erlebt. Andererseits scheint diese angenehme Bodenständigkeit aber auch typisch für ihn zu sein, denn aus seinen Worten lässt sich recht schnell ein gesunder Abstand zum Profisport entnehmen.

Mit den California Eagles nimmt der gebürtige Heidelberger gerade an der Club-Weltmeisterschaft in New Capital, der am Reißbrett designten neuen ägyptischen Hauptstadt 60 Kilometer westlich von Kairo, teil. Von einem pulsierenden Leben ist dort nichts zu spüren. „Hier gibt es wirklich nichts – von leerstehenden Gebäuden einmal abgesehen. Das ist wirklich ein bisschen komisch“, kann Damm mit dem milliardenschweren Prestigeprojekt des ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi nur sehr wenig anfangen. Doch jetzt ist er nun mal dort. Und zwar in erster Linie, um Handball zu spielen.

Benedikt Damm ist bei der Club-WM für US-Team aktiv

Neun Mannschaften aus der ganzen Welt kämpfen gerade vor den Toren Kairos um den Titel bei der Club-WM. Die großen Favoriten sind Champions-League-Gewinner FC Barcelona, der ungarische Spitzenclub Veszprém HC und der deutsche Meister SC Magdeburg. Es ist klar, dass diese drei europäischen Vereine den Triumph unter sich ausmachen. Die restlichen Teilnehmer von den anderen Kontinenten sind eigentlich nur ein schmückendes Beiwerk. Um den Wettbewerb größer und bedeutsamer wirken zu lassen, als er es in Wirklichkeit ist.

Damm weiß das. Und trotzdem musste er nicht lange überlegen, als sich die Chance ergab, das Trikot der US-Amerikaner überzuziehen. Der Kontakt kam über Eagles-Torwart Lucas Kröger zustande, der wie auch Damm früher für den Zweitligisten TuS Fürstenfeldbruck am Ball war und den es vor sechs Jahren studienbedingt in die USA verschlug. „Er hat dort dann auch Handball gespielt. Jetzt fehlte denen ein Kreisläufer. Und dann sind sie auf mich gekommen“, berichtet der 23-Jährige, der schon beim Qualifikationsturnier für die Club-WM in New Jersey für die California Eagles auflief und seinen Teil dazu beitrug, dass sein Team nun in Ägypten dabei ist.

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In der Jugend spielte der gebürtige Heidelberger für den TSV Wieblingen, über die HG Oftersheim/Schwetzingen ging es später in die Nachwuchsabteilung des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen. Der Kreisläufer, der später noch auf sechs Bundesligaeinsätze für die Eulen Ludwigshafen kam, spielte beim zweifachen Meister und Pokalsieger aus Mannheim zusammen mit dem jetzigen Nationaltorwart David Späth und mit Philipp Ahouansou, der mittlerweile das Trikot der HSG Wetzlar trägt. Mit der Jugend-Nationalmannschaft des Deutschen Handballbundes (DHB) gewann er 2019 sogar WM-Silber. Seite an Seite mit Julian Köster, der gerade erst Olympia-Zweiter mit der DHB-Auswahl wurde. Und auch mit Topstar Juri Knorr von den Rhein-Neckar Löwen oder dem Berliner Spielmacher Nils Lichtlein stand er in jungen Jahren gemeinsam für Deutschland auf dem Feld.

„Es ist schön zu sehen, dass es Julian, David, Juri, Nils und noch ein paar andere gepackt haben. Ich freue mich wirklich für jeden Einzelnen von ihnen und finde es ehrlich gesagt auch ganz cool, dass ich mit denen mal in einer Mannschaft gespielt habe“, sagt Damm, für den sich schon recht früh in seinem Leben die Prioritäten verschoben. Sein Jura-Studium stand stets über allem anderen, weshalb er glaubhaft versichert, sich in den vergangenen Monaten und Jahren nie die Frage gestellt zu haben, ob er es auch ins Rampenlicht und auf die ganz große Handball-Bühne hätte schaffen können: „Mich beschäftigt dieses Thema tatsächlich überhaupt nicht, mich lässt das sogar kalt. Denn ich bin froh darüber, wie alles gekommen ist.“ Auch weil er sich andere Träume erfüllte.

Die Geschichte der Karriere von Damm ist nämlich eine Geschichte, in der eine Weggabelung eine große Rolle spielt. Er habe immer vorgehabt, im Ausland zu studieren, erzählt der Heidelberger, der 2021/22 für zwei Semester an die Universität in Barcelona ging: „Für mich war klar, dass ich mich nicht wegen einer Handballkarriere einschränken möchte – und dass ich das Thema Handball zurückschraube, wenn sich eine Möglichkeit im Ausland ergibt.“ Entsprechend wurde ihm bei der Entscheidung für Barcelona sofort bewusst, dass es das war. Und dass es gut ist, wie es war. „Ich bin unglaublich dankbar für das, was ich als Jugendspieler erleben durfte: Turniere mit der Nationalmannschaft und zwei deutsche Vize-Meisterschaften mit den Löwen. Das vergesse ich nicht. Und das kann mir keiner mehr nehmen.“

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Damm hat all das nun hinter sich gelassen. Aus Überzeugung. Und mit Zufriedenheit. Mit dem Uni-Team von Barcelona gewann der Kreisläufer zwar noch die katalanische Meisterschaft. Und nach seiner Rückkehr nach Deutschland stand er auch noch für Fürstenfeldbruck in der 2. Liga auf dem Feld, doch vor dieser Saison hörte der Heidelberger bei den Bayern auf, um sich voll und ganz seinem Examen im nächsten Jahr zu widmen. Mit einer Ausnahme: der Club-WM in Ägypten.

Mit den Eagles verlor er zwar in der Vorrunde gegen Khaleej Club aus Saudi-Arabien (25:48) und Magdeburg (21:57) jeweils deutlich, im ersten Spiel war der 23-Jährige mit sechs Treffern aber immerhin bester Torschütze seine Teams. „Wir sind eine ziemlich zusammengewürfelte Truppe“, sagt der Heidelberger und berichtet von einigen europäischen Spielern, mit denen sich die US-Amerikaner vor dem Turnier verstärkt haben. Skandinavier, Schweizer und Deutsche gehören zum Team, das wirklich sein Bestes gibt.

Jura-Examen genießt für Benedikt Damm Priorität

Doch hin und wieder sieht es eben so aus, als hätten sich da ein paar Spieler zufällig getroffen und spontan beschlossen, eine Runde Handball zu spielen. Was übrigens fast den Tatsachen entspricht, wie Damm verrät: „Wir hatten vor dem ersten Spiel ein gemeinsames Training. Wenn die Mitspieler aus den verschiedensten Orten der Welt kommen, ist es logischerweise schwierig, so etwas wie Abläufe herzustellen. Wir müssen irgendwie miteinander spielen.“ Was teilweise ganz gut klappt, aber auf keinen Fall durchgängig. Doch Damm weiß das realistisch einzuschätzen und genießt in der 7500 Zuschauer fassenden – aber oft doch recht leeren – New Capital Sports Hall die vielen Momente, die ihm für immer bleiben werden: „Wir haben Spaß, es ist einfach cool mit dieser Truppe.“ In diesem Fall steht also das Erlebnis tatsächlich über dem Ergebnis.

Ende der Woche fliegt der Heidelberger zurück nach Deutschland. Und dann war’s das erst einmal mit Handball. Es geht an den Schreibtisch. Mitte des nächsten Jahres sei er dann „hoffentlich komplett durch mit dem ersten Examen“. Um dann doch noch einmal Handball zu spielen? „Ich schließe nichts aus, weil ich wirklich keine Ahnung habe, wie es weitergeht. Vielleicht juckt es irgendwann in den Fingern. Sport in einer Mannschaft zu betreiben, ist nicht das Schlechteste.“ Es muss ja auch nicht zwingend für ein US-Team in Ägypten sein.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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