Fußball

Viele Verletzungen in der Kreisklasse nach Corona-Pause

Von 
Andi Nowey
Lesedauer: 
Eisspray hilft zwar kurzzeitig. Doch aufgrund muskulärer Probleme fehlen den Teams zahlreiche Spieler. © Berno Nix

Mannheim. „Wir konnten bis heute kein einziges Spiel machen mit dem gesamten Kader. Und es trifft auch nicht nur einen bis drei Spieler, die uns ausfallen. Aktuell sind es acht Verletzte, wir haben über 30 Prozent Trainingsmangel durch Verletzungen.“ Volkan Koc, Trainer des ASV Feudenheim muss Woche für Woche jonglieren, um sonntags eine schlagkräftige Truppe auf das Feld zu schicken.

So wie ihm geht es vielen Trainern. Die Verletztenlisten sind nach dem Kaltstart im Sommer lang, teilweise wurden Spiele bereits abgesagt oder verlegt, da zu wenig Personal zur Verfügung stand. Die häufigsten Verletzungen, so klagen die Trainer, spielen sich im muskulären Bereich ab. Ist das eine Folge der langen Corona-Pause? Haben die Spieler in dieser Zeit zu wenig proaktiv gemacht? War die Belastungssteuerung nach Wiederbeginn zu schnell zu intensiv? Oder kam der Saisonstart zu früh? Diese Redaktion hat sich exemplarisch in der Kreisklasse A1 umgehört und Verantwortliche aus jedem Verein befragt.

Außergewöhnliche Situation

Zehn von 16 Trainern dieser Liga beklagen eine außergewöhnlich hohe Zahl an Verletzungen im muskulären Bereich und schreiben das größtenteils der langen Corona-Unterbrechung zu. „Ich denke schon, dass da ein Zusammenhang besteht“, sagt Pfingstbergs Coach Miguel de Mingo. „Die lange Pause hat mit Sicherheit nicht gut getan. Nur joggen zu gehen, ging irgendwann mal auf den Keks.“ Noch nie in der Nachkriegsgeschichte war der Spielbetrieb im Kreisfußball so lange unterbrochen wie von November 2020 bis Juni 2021.

Mehr zum Thema

Bundesliga-Serie

VfB Stuttgart: Die Sache mit dem Gras

Veröffentlicht
Von
Frank Wild
Mehr erfahren
American Football

Unicorns übernehmen Tabellenführung

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Bereits kurz vor dem Re-Start wurden Stimmen hinsichtlich einer hohen Verletzungsgefahr laut. Einher ging das noch mit der einsetzenden Urlaubszeit, die die Fitness-Amplitude mancher Spieler noch einmal verringerte. „Seit wir wieder auf den Platz durften, zieht sich das Problem der Verletzungen wie ein roter Faden durch die Vorbereitung und die laufende Saison. Wir haben viele muskuläre Ausfälle“, betont Gabriel Reiß, Trainer beim FC Viktoria Neckarhausen. „Das liegt auch daran, dass viele Spieler in der langen Pause einfach nichts gemacht haben, um ihre Grundfitness beizubehalten. Und die plötzliche hohe Belastung kam für viele zu früh und diese Rückstände sind auch nur schwer aufzuholen.“

Der Physiotherapeut Frank Arndt, der viele Jahre lang im Profifußball-Bereich in Bulgarien und der Schweiz tätig war, sieht die Gründe für die Verletzungshäufigkeit bei den Amateur-Clubs hauptsächlich in den fehlenden professionellen Möglichkeiten, um Vorab-Analysen durchzuführen. „Normalerweise müsste man zu Beginn Maximal-Krafttests und Ausdauertests machen, aus denen heraus man die Belastung steuert. Andernfalls würden zum Trainingsstart ein 1,90 Meter großer Innenverteidiger und ein 1,70 Meter großer Außenbahnrenner gleich gestellt“, verdeutlicht Arndt.

„Außerdem müsste auch die Regeneration gesteuert werden. Wenn man überlastet ist, insbesondere in der Vorbereitung, und viele Spiele macht, geht die Muskulatur in die Übersäuerung. In den müden Muskeln sind dann insbesondere der hintere Oberschenkel beim Schuss oder die Rückseite beim Sprint besonders anfällig.“ Auch den Einsatz von Elektrolyt-Getränken vor, am und nach dem Spieltag predigt der 53-Jährige.

Kritische Fragen an den Verband

Während Amir Ascic beim FK Bosna Mannheim „nicht über eine außergewöhnlich hohe Zahl an Verletzungen“ klagen kann, sieht Pascal Beckmann vom TSV Neckarau II die Einstellung der Spieler, aber auch den frühen Saisonstart ursächlich für die Misere, die auch sein Team mit derzeit neun verletzten Akteuren ereilt hat. „Ich würde die Corona-Pause mit der direkt hohen Belastung als einen der Hauptgründe für das Verletzungspech nennen. Dennoch sind in den letzten Jahren die Prioritäten vieler Spieler in andere Richtungen gegangen als Fußball. Viele wollen nur noch einmal die Woche trainieren und lieber etwas anderes unternehmen“, so der TSV-Coach. „Die Belastung kam definitiv zu früh. Ich verstehe, dass der Verband schnellstmöglich mit der Runde anfangen wollte, um nicht noch einmal eine Saison ohne Wertung zu haben. Aber dies auf Kosten der Spieler durchzuführen, ist nicht sinnvoll und auch nicht clever durchdacht“, so Beckmann.

Eine weitere Meinung vertritt Bartosz Franke vom SV 98/07 Seckenheim: „Das auf die Corona-Pause zu schieben, wäre etwas zu billig. Viele Jungs sind einfach grundsätzlich unfit. Bestimmt haben die Spieler etwas versäumt und die Vorbereitung war etwas kurz nach so einer langen Pause. Aber ich denke, es liegt an der Grundfitness und dem Alter in meinem Team.“

Freier Autor Schwerpunkte: Mannheimer Kreisfußball, Kreisklassen A und B, Kreispokal, Waldhof-Legenden

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen