Interview

"Doppelpass"-Moderator Florian König sieht keine große Demut in der Fußball-Bundesliga

Der „Doppelpass“ ist seit 27 Jahren das erfolgreichste Talk-Format im Fußball. Hinter Florian König liegt sein erstes Jahr als Moderator der Kultsendung. Im Interview spricht er über den Spagat zwischen Stammtischparolen und Expertentum sowie seine Wahrnehmung der überhitzten Branche. Und der 54-Jährige verrät, was er von Formel-1-Legende Niki Lauda gelernt hat.

Von 
Marc Stevermüer
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Florian König und das Phrasenschwein, das mindestens so legendär wie die Sendung ist. © Sport1/Rupp

Mannheim. Herr König, wie arm hat Sie das „Doppelpass“-Phrasenschwein in dieser Saison gemacht?

Florian König: Es ging eigentlich. Wenn ich mich nicht gewaltig verschätze, bin ich da mit einer zweistelligen Summe herausgekommen. Damit kann ich gut leben. Ich hatte befürchtet, viel mehr einzahlen zu müssen.

Ohnehin fällt auf, dass sich Ihre Gäste diesbezüglich im Griff haben. Ist das Zeitalter der Phrasen vorbei?

König: Unsere Gäste versuchen, Allgemeinplätze zu vermeiden. Aber wir wissen doch: Wenn man sich mal in Rage redet, spricht man eben schon mal von den Bildern, die mehr als 1000 Worte sagen.

Was ja nicht falsch ist.

König: Eben. Oft passen die Dinger einfach.

Sie haben jahrelang mit Experte Niki Lauda die Formel 1 moderiert. Wie hat der Mensch Niki Lauda Ihren Beruf beeinflusst, was haben Sie von ihm gelernt?

König: Die Jahre mit ihm waren total prägend. Niki ist eine faszinierende Persönlichkeit gewesen und hat immer das direkte Wort, die offene, ehrliche und auch mal konfrontative Kommunikation geschätzt. Es ging ihm um Klartext, eine harte und dennoch faire Auseinandersetzung. Und das ist für den Doppelpass total wichtig.

Florian König

Florian König wurde am 14. September 1967 in Tübingen geboren.

Seine journalistischen Wurzeln liegen beim SWR, 1994 wechselte er von der ARD zu RTL. Beim Privatsender wurde er vor allem zu einem Gesicht der Formel-1-Übertragungen. Auch bei den Boxkämpfen der Brüder Wladimir und Vitali Klitschko sowie bei Fußball-Länderspielen war er dabei.

Seit vergangenem Jahr moderiert der Vater von zwei Söhnen die Kultsendung „Doppelpass“.

Die Bayern werden immer Meister, den Chaosclub Hamburger SV gibt es noch nicht wieder in der 1. Liga und der VfB Stuttgart wechselt seinen Trainer nicht mehr. Hatten Sie zuletzt Sorge, dass es langweilig wird, und waren Sie froh, als dann Felix Magath kam?

König (lacht): Wir hatten keine Angst, dass uns mal die Themen ausgehen. Aber natürlich ist das doch eine super Nachricht für den ganzen Fußball, wenn eine große Persönlichkeit wie Felix Magath zurück auf der Bundesliga-Landkarte ist. Wenn da ein Mann ist, der mal einen Spruch raushaut, an dem sich die Menschen reiben können, der polarisiert und einfach ein kerniger und knorriger Typ ist.

Magath weckt Emotionen, der Hamburger SV ebenfalls. Oder Schalke 04 und Werder Bremen. Das Problem: Zuletzt spielten diese Vereine alle in der 2. Liga. Sehen Sie da ein Attraktivitätsproblem für die 1. Liga?

König: Ich finde diese Debatte ein wenig ungerecht gegenüber Clubs wie Fürth oder Bielefeld. Die hatten sich die 1. Liga im Gegensatz zu den genannten Vereinen sportlich erarbeitet und es somit verdient, zuletzt eine Klasse höher zu spielen. Aber natürlich hat es eine andere Wucht für die ganze Liga, wenn da Schalke, Hamburg und Werder mitspielen. Es ist einfach die Wahrheit: Dass Vereine wie Schalke und Bremen jetzt aufsteigen, tut der Attraktivität der Bundesliga gut. Diese Clubs liefern Themen und Emotionen.

Auch für Ihre Sendung, die ein wenig vom Stammtisch- und Klamauk-Image weggekommen ist. Ist das nicht mehr zeitgemäß?

König: Der Doppelpass ist jetzt mehr als 25 Jahre alt und entwickelt sich auch weiter. Und so wie er jetzt ist, passt er in die Zeit. Mir ist schon wichtig, dass es diese Stammtisch-Elemente gibt. Aber es darf auch kein Sprüche-Feuerwerk geben.

Dann dürfte Mario Basler ja nicht mehr kommen….

König (lacht): Das ist seine Art. Aber deswegen hat er ja trotzdem fachlich etwas zu sagen.

Wie schwierig ist der Spagat zwischen hemdsärmeliger Atmosphäre mit flotten Sprüchen von Mario Basler und knallharter Spielanalyse?

König: Die Mischung muss stimmen. Fünf Baslers helfen uns nicht. Fünf Taktik-Nerds aber auch nicht. Wenn aber ein Basler auf einen Taktik-Nerd trifft, kann das sehr spannend sein, wenn Mario mal überspitzt kontert: „Hör mir auf mit deinen Analysen, ich habe frühe fünf Wodka-Tonic getrunken und trotzdem das Tor getroffen.“ Daraus kann etwas entstehen, weil die Theorie auf die Praxis trifft.

Und wie viel Debatte über diametral abkippende Sechser, zweite Pressinglinien, falsche Neuner und Außenbahn-Hybridspieler verträgt eine Sendung?

König: Das darf es bei uns mal geben, aber wir werden sicherlich nicht die Taktiktafel bei uns einführen. Das wäre nicht der Doppelpass. Wir wollen die Breite ansprechen. Denn am Sonntagmorgen um 11 Uhr sitzen nicht zwingend nur Taktik-Nerds vorm Fernseher, sondern auch Familien. Unsere Sendung soll Substanz haben, aber gleichzeitig leicht und humorig und eben nicht staubtrocken sein.

Mehr Spannung an der Ligaspitze würde bei der Attraktivität auch helfen.

König: Es ist eine komische Situation. Wir haben mit den Bayern einen Meister, der mit großem Vorsprung den Titel holt und trotzdem unzufrieden ist. Und wir haben einen Vize-Meister mit Dortmund, der sich auch mehr erhofft hat. Das dürfte eine deutsche Besonderheit sein. Wir haben den Tabellenersten und den Tabellenzweiten, die sich beide in der Krise befinden. Vielleicht eröffnet sich da jetzt eine Möglichkeit für den Rest der Liga. Es ist natürlich der Wunschtraum, dass man mal ein Saisonfinale wie 1992 mit drei punktgleichen Mannschaften vor dem letzten Spieltag hinbekommt.

Und keiner der drei Clubs waren die Bayern, sondern Stuttgart, Frankfurt und Dortmund.

König: Das kann man sich wirklich nur noch schwer vorstellen. Und ich habe meine Zweifel, ob diese Zeiten zurückkommen.

Am Samstag steht das Pokalfinale zwischen Freiburg und Leipzig an. Dies wird im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein. Ansonsten ist der Fußball zum Großteil im Pay-TV verschwunden. Angeblich plant die Deutsche Fußball Liga (DFL) nun einen Kurswandel und will künftig wieder mehr Spiele im Free-TV anbieten. Was halten Sie als Fernsehmann von dieser Idee?

König: Ich kann das nicht neutral beantworten, weil ich ein Kind des frei empfangbaren Fernsehens bin. Auf der einen Seite geht es erst einmal um viel Geld. Und das kann vor allem das Pay-TV bieten. Aber die großen Reichweiten für eine starke öffentliche Wahrnehmung erzielt nun mal nicht das Pay-TV. Sport1 hat durch die Live-Übertragung des Topspiels der 2. Bundesliga im Free-TV beispielsweise die Aufmerksamkeit für diese Liga wieder deutlich erhöht. Ich finde es außerdem gefährlich, dass mit der Champions League der wichtigste europäische Fußballwettbewerb im Bezahl- und Streamingangebot verschwunden ist. Die DFL wird einen Weg finden müssen, mit dem sie Geld verdienen und Reichweite erzielen kann.

Sie sprechen wöchentlich mit den Protagonisten der Bundesliga. Haben Sie den Eindruck, dass bei den Vereinen nun wirklich die Demut vorherrscht, die zu Beginn der Corona-Pandemie angekündigt wurde?

König: Den Vereinsverantwortlichen ist schon klar, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen. Das höre ich immer wieder heraus. Aber wenn wir uns das Bundesliga-Geschäft ansehen, erkenne ich da jetzt kein großes Umdenken. Die Gehälter, die Ablösen, die Handgelder - alle Summen sind hoch. Ich sehe also entsprechend auch keine große Demut in der Liga. Im Gegenteil: Die Fußballszene macht so weiter wie vor der Corona-Krise. Mich wundert das aber nicht, weil wir Menschen nun mal so sind. In bestimmten Phasen nimmt man sich vor, bewusster zu leben und jeden Tag zu genießen, weil vielleicht ein guter Freund verunglückt oder schwer erkrankt ist. Und zwei Tage später regt man sich doch wieder auf, weil einer an der grünen Ampel nicht schnell genug losfährt. Wir fallen alle in unsere Verhaltensmuster zurück - und das gilt dann auch für die Bundesliga.

TV-Tipp: Sport1, Doppelpass, sonntags, 11 Uhr.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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