Politbarometer

Politbarometer nach Oster-Debakel: Eine Klatsche für die Regierung

Die Union verliert in der Sonntagsfrage der Forschungsgruppe Wahlen sieben Prozentpunkte. Vor allem der Impfkampagne stellen Bürgerinnen und Bürger ein „vernichtendes Zwischenfazit" aus.

Von 
Martin Geiger
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Mannheim. Das hat es in der Geschichte des Politbarometers der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen noch nie gegeben: Um ganze sieben Prozentpunkte ist die Union in den vergangenen vier Wochen bei der sogenannten Sonntagsfrage abgestürzt. Das bedeutet, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, könnten CDU/CSU nach den Umfragen der Meinungsforscher gerade mal noch mit 28 Prozent der Stimmen rechnen. Damit liegen die Parteien wieder auf dem Zustimmungsniveau, das sie vor der Corona-Pandemie hatten. Sprich: Der in der Krise angewachsene Zuspruch ist erst mal futsch.

Die Gründe dafür sind ziemlich eindeutig zu identifizieren, sagt Andrea Wolf, Mitglied im Vorstand der Forschungsgruppe: „Zuvorderst ist das die Unzufriedenheit mit dem Corona-Management. Aber selbstverständlich spielen auch die Landtagswahlen eine Rolle, bei denen die Union in beiden Ländern verloren hat. Und die Masken-Affäre trägt natürlich auch einen Teil dazu bei.“

Große Koalition verliert Mehrheit

Profitieren können von diesem Rekordverlust vor allem die Grünen (+ 4 Prozentpunkte), aber auch AfD (+2) und FDP (+2). Damit verliert die große Koalition zumindest in der Umfrage ihre Mehrheit. Aktuell würde lediglich ein schwarz-grünes Bündnis eine solche erreichen. Aber auch eine Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP rückt damit in den Bereich des Möglichen.

Doch ob die realen Wahlergebnisse im September wirklich vergleichbar mit den aktuellen Erhebungen der Meinungsforscher sein werden, lasse sich keinesfalls vorhersagen, betont Wolf: „Dafür ist es noch zu früh. Wir haben ja noch nicht mal alle Kanzlerkandidaten.“ Außerdem wisse niemand, welche Themen für die Bürgerinnen und Bürger im Sommer und Herbst wichtig seien: „Wir haben jetzt gesehen, wie sehr es schwankt bei der Zufriedenheit mit dem wichtigsten Problem, das wir in Deutschland haben: Corona. Und da wird sich ja hoffentlich in den nächsten Monaten noch ein bisschen etwas ändern, wenn wir mehr Impfstoff zur Verfügung haben“, so Wolf.

Aktuell stellen die Deutschen dem Krisen-Management der Verantwortlichen, wen wundert es, ein schlechtes Zeugnis aus: Eine Mehrheit von 55 Prozent bewertet die Arbeit von Bund und Ländern kritisch. Zum Vergleich: In den ersten Monaten der Pandemie begrüßten neun von zehn Befragten das diesbezügliche Handeln der Bundesregierung.

Ein „vernichtendes Zwischenfazit“, so die Forschungsgruppe, ziehen die Menschen insbesondere beim Thema Impfen: 92 Prozent finden, dass die Kampagne „eher schlecht“ läuft. Im Januar waren lediglich 58 Prozent dieser Meinung. Entsprechend glauben auch 71 Prozent nicht mehr an das Versprechen der Regierung, dass bis zum Ende des Sommers allen Impfwilligen ein Angebot gemacht werden kann.

Die Corona-Schutzmaßnahmen werden derweil ambivalent diskutiert: Nach 55 Prozent im Vormonat finden nur noch 31 Prozent die aktuellen Regeln „gerade richtig“. 36 Prozent hätten gerne strengere, 26 Prozent lockerere.

Nur Söder kann Kanzler

Diese Stimmung macht sich auch bei der Bewertung der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker bemerkbar – in Form von wesentlich schlechteren Imagewerten, vor allem für Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und CDU-Chef Armin Laschet. „Da, wo es knirscht im Getriebe, da sieht man auch, dass die Imageeinbußen am größten sind“, erklärt Meinungsforscherin Wolf. Angesichts dieser Lage können es Markus Söder (CSU) und Annalena Baerbock (Grüne) schon als Erfolg werten, dass sie ihre Werte stabil halten konnten.

Der CSU-Chef darf sich zudem über ein anderes Ergebnis freuen: Er ist der Einzige, den die Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) geeignet findet, um Kanzler zu werden. Sein potenzieller unionsinterner Konkurrent Laschet landet mit 23 Prozent in dieser Rangliste nach Olaf Scholz (SPD), Robert Habeck (Grüne) und Baerbock gerade mal auf Rang fünf.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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