Bundestagswahl (mit Fotostrecke und Video)

Olaf Scholz beim Mannheimer Morgen: Scharfer Ton im Wahlkampfendspurt

Olaf Scholz kritisiert beim „Mannheimer Morgen“ seinen grünen Koalitionspartner wegen zu langsamer Entscheidungen in der Migrationspolitik. So lief der Besuch des SPD-Kanzlers.

Von 
Marco Pecht und Sebastian Koch
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Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts) im Gespräch mit MM-Chefredakteur Karsten Kammholz. © Christoph Blüthner

Mannheim. SPD-Spitzenkandidat und Bundeskanzler Olaf Scholz hat beim Thema Migration den Grünen-Koalitionspartner attackiert. Dass viele Entscheidungen zur Begrenzung der illegalen Einwanderung spät gekommen seien, habe an den Grünen gelegen. „Mein geschätzter grüner Koalitionspartner hat eigentlich für alle Vorschläge immer ein paar Monate extra gebraucht“, sagte Scholz am Freitag in der Wahlarena des „Mannheimer Morgen“. Vielleicht wäre es anders auch schneller gegangen, so der SPD-Politiker.

Gleichzeitig betonte Scholz im Gespräch mit MM-Chefredakteur Karsten Kammholz aber auch, dass Deutschland künftig weiterhin Einwanderung brauche. „In der Frage der Migration haben wir die richtigen Entscheidungen getroffen.“ Es seien bereits 2023 Gesetze gegen die irreguläre Migration verschärft und Grenzkontrollen eingeführt worden. Daher kämen etwa ein Drittel weniger Migranten unrechtmäßig nach Deutschland.

Scholz: Deutschland benötigt auch künftig Einwanderung

„Unser Land lebt von dem fast ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger, die einen Migrationshintergrund haben“, sagte der Bundeskanzler. Seiner Einschätzung nach benötigt Deutschland für seinen wirtschaftlichen Erfolg auch in Zukunft Migration. Diese Menschen fühlten sich von den aktuellen Debatten auch immer mit angegriffen. Es müsse zwar die irreguläre Migration zurückgehen, das gesellschaftliche Klima dürfe aber nicht vergiftet werden.

Sollte die Videoaufzeichung der MM-Wahlarena mit Olaf Scholz bei Ihnen nicht ausgespielt werden, bitte hier klicken

In der vergangenen Bundestagswoche war ein Grundkonsens zwischen den sogenannten Parteien der demokratischen Mitte beendet worden. Erstmals hatte die Union unter Führung ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz einen Beschluss zur Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag mit den Stimmen der AfD durchgesetzt. Eine Mehrheit für einen Gesetzentwurf mit konkreten Regelungen bekam sie aber nicht. Seit dem gibt es immer wieder Proteste - auch bei Wahlkampfauftritten von Merz.

TV-Duell am Sonntagabend

Das erste großen TV-Duell vor der Bundestagswahl am Sonntag (9. Februar) wird bei ARD und ZDF übertragen. Die öffentlich-rechtlichen Sender nutzen gleich mehrere Wege sowohl im TV als auch im Radio. Live um 20.15 Uhr ist das TV-Duell parallel im ZDF-Hauptprogramm und im ARD-Programm Das Erste zu sehen sowie in den Mediatheken. Ebenso im Hörfunk: Deutsche Welle, Radioprogramme der ARD und der Deutschlandfunk übertragen das Duell.

Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) werden zwei versierten Talkmasterinnen gegenüberstehen: Maybrit Illner und Sandra Maischberger .

Scholz rief in diesem Zusammenhang im Gespräch mit dieser Redaktion zur Mäßigung auf, gleichzeitig verteidigte er aber Großdemonstrationen gegen die CDU. Alles, was in Richtung Bedrohung gehe, sei „nicht akzeptabel“ und dürfe in unserer Gesellschaft keinen Platz haben, sagte er. Scholz kritisierte unter anderem ein aggressives Auftreten gegenüber Wahlkämpfern an Infoständen oder beim Plakatieren. Zuletzt wurden zudem unter anderem CDU-Geschäftsstellen attackiert.

Die demokratischen Parteien müssen sich immer miteinander unterhalten können. Es gibt keinen Grund für eine Zusammenarbeit mit extremen Rechten
Olaf Scholz (SPD) Bundeskanzler

„Was immer sein darf, ist seine Meinung zu sagen“, erklärte der Kanzler hingegen mit Blick auf Demonstrationen gegen die Union in zahlreichen Städten in den vergangenen Tagen. Dass die Union im Bundestag auch mithilfe der AfD Mehrheiten gesucht und erlangt habe, sei „keine Staatskunst, sondern das Gegenteil“ gewesen. Merz, habe dadurch „ohne Not und ohne Sinn“ auch eigene Parteimitglieder „schwer entsetzt“, sagte Scholz. „Die demokratischen Parteien müssen sich immer miteinander unterhalten können. Es gibt keinen Grund für eine Zusammenarbeit mit extremen Rechten.“

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Scholz erklärte, er habe sich im Herbst 2023 mit den Ländern auf schärfere Maßnahmen gegen „irreguläre Migration“ verständigt, die ihre Wirkung mittlerweile „entfaltet“ hätten. Merz habe nach diesen Beschlüssen zugesagte Gespräche mit ihm abgebrochen. „Das Muster hatten wir nach dem furchtbaren Anschlag in Solingen wieder“, erklärte der Bundeskanzler und kritisierte eine fehlende Kompromissbereitschaft von Merz. Der habe beim Thema Migration seine eigenen Vorschläge, bei denen er keine Kompromisse dulde, kritisierte Scholz. „So wird die Welt nicht funktionieren, so kann man nicht mal eine Regierung schmieden.“ Zuletzt hatten Union und FDP ihrerseits eine fehlende Bereitschaft zu Kompromissen der SPD und Grünen bei Migrationsfragen moniert.

Das Interview wurde für den Youtube-Kanal des „Mannheimer Morgen“ aufgezeichnet. © Christoph Blüthner

Im Falle einer Wiederwahl will Scholz seinen Politikstil grundlegend ändern. „Ich wäre nicht nur derjenige, der Ergebnisse verkündet, sondern müsste ab und zu auch mal den Spielstand kommentieren“, sagte Scholz. In den vergangenen Jahren habe er seine Rolle zu oft als „Kapitän“ verstanden, der dafür sorgen muss, „dass der Laden zusammenhält“ und als Team auftrete, sagte Scholz. „Wenn das nicht der Fall ist, muss man früher öffentlich sagen: So geht das nicht“, erklärte er Konsequenzen aus der gescheiterten Ampel-Koalition. In einer Demokratie würde es nicht funktionieren, Meinungsverschiedenheiten „hinter den Kulissen“ lösen zu wollen. Unterschiedliche Auffassungen müssten stattdessen „rechtzeitig öffentlich“ werden. „Auch wenn das das Leben nicht einfacher macht.“

So habe er zu oft „gewartet, bis wir einig sind“, räumte Scholz ein. Für Bürgerinnen und Bürger sei der Weg dorthin schwer nachzuvollziehen. Der Wunsch des Regierungschefs, den Konsens zu repräsentieren, könne in einer Welt, in der die Meinungsbildung kompliziert sei, nur dann funktionieren, indem er auch mal sagt: „Hier stehen wir und der und der muss sich noch bewegen“, erklärte Scholz.

Auf das TV-Duell mit Merz bereitet sich Scholz eigenen Angaben zufolge nicht speziell vor. Die vielen Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern während des Wahlkampfes seien wichtig. „Ich bin gerne im Wahlkampf. Ich finde das ist eine große Zeit, in der es darum geht, wie es weitergeht in unserem Land“, sagt Scholz. Er bereite sich „am besten natürlich durch das Leben, durch das was ich immer gemacht habe in den vielen Regierungsämtern, die ich hatte“ vor, so Scholz.

Redaktion Nachrichtenchef

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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