Mannheim. Die Ampel tritt auch im aktuellen Politbarometer auf der Stelle. „Eine Trendwende ist nicht in Sicht“, sagt Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. „Solange die Bundesregierung sich nicht in den Griff bekommt und Friedrich Merz die Schwäche der Union nicht beseitigt, wird sich das auch nicht ändern“, so Jung weiter. Von alldem profitiert die AfD und kann den Protest der Wählerinnen und Wähler auch deshalb aufnehmen, weil die Linke derzeit in einem miserablen Zustand ist.
„Offensichtlich wirkt die stramm rechte Ausrichtung der AfD nicht abschreckend auf die Deutschen, für sie steht der Protest im Focus. Weil bei der AfD das Führungspersonal ausgetauscht wurde, tritt sie jetzt radikaler auf. Da fallen die Hemmungen“, erklärt Jung mit Blick auf Höcke & Co.
Protestpartei profitiert
Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Ampel schwächt sich auch nach der Sommerpause kaum ab. 55 Prozent der Befragten bescheinigen der Bundesregierung eine schlechte Arbeit, im August waren es noch 58 Prozent. Auch die Performance des Bundeskanzlers bleibt mies. 48 Prozent bewerten die Leistung von Olaf Scholz eher schlecht.
„Die Koalition steckt in einer Abwärtsspirale. Das liegt auch daran, dass ein Dreier-Bündnis nicht so reibungslos funktionieren kann wie eine Regierung mit zwei Partnern. Die Positionen sind dann einfach zu unterschiedlich“, sagt Jung. Die Koalitionäre würden sich dann mehr profilieren und voneinander abgrenzen, das wiederum stärkt die AfD. „Ein wahrer Teufelskreis“, sieht Wahlforscher Jung gegenwärtig keinen Ausweg aus dem Dilemma, vor dem die Ampel steht.
Und weil die AfD so stark ist, reicht es zum Regieren nicht für zwei Partner. Davon wiederum profitiert die rechte Protestpartei. Sie sammelt aber auch viele Menschen ein, die Angst vor der Zukunft haben. 60 Prozent der AfD-Anhänger befürchten, dass es ihnen in einem Jahr wirtschaftlich schlechter gehen wird. Und 93 Prozent meinen, dass es in der Bundesrepublik sozial ungerecht zugeht - bemerkenswert ist dabei, dass diese Position mit 63 Prozent der Befragten auch die deutliche Mehrheit der Deutschen vertritt.
Die Umfrage ist für die Ampel aber auch in anderer Hinsicht düster. Im September hätte sie wie schon seit mehreren Monaten keine Mehrheit mehr, wenn schon am Sonntag Bundestagswahl wäre. Aber auch für Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot würde es nicht reichen. Mehrheiten gäbe es nur für ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP oder die Deutschland-Koalition (Union, SPD und FDP). Diese zwei Bündnisse sind bisher nur auf Landesebene erprobt worden.
An der Spitze der Rangliste der zehn beliebtesten Politikerinnen und Politikern zieht Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter einsam seine Kreise. Mit einem Imagewert von plus 1,8 auf der Skala von plus fünf bis minus fünf ist der Sozialdemokrat der einzige in den Top Ten, der passabel abschneidet. Aber immerhin können sich alle sechs Regierungsmitglieder verbessern. Drei von ihnen verlassen den Minusbereich. Schon krass ist es allerdings, dass sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) den zweiten Platz mit dem lausigen Wert von plus 0,2 teilen.
Alice Weidel populär im eigenen Lager
„Das hat es in der Vergangenheit tatsächlich so nicht geben. Die schlechten Werte, die ja auch die Protagonisten der Oppositionsparteien zu verzeichnen haben, spiegeln aber wie auch die in den Umfragen die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Personal wider“, sagt Jung. Interessant ist dabei der Blick auf den letzten Platz. AfD-Chefin Weidel kommt mit minus 2,6 auf einen ausgesprochenen schwachen Durchschnittswert. Das ist natürlich kein Wunder und hängt damit zusammen, dass sich an der AfD die Geister scheiden und deshalb die Polarisierung bei Weidel besonders groß ist.
Allerdings schneidet keiner in der Rangliste bei den eigenen Anhängern so gut ab wie Alice Weidel. Die Politikerin erzielt plus 3,2. CDU-Chef Friedrich Merz, der mit minus 0,6 einen deutlich besseren Wert hat, ist dagegen in der eigenen Anhängerschaft deutlich unpopulärer. Er erntet mit plus 1,7 weniger Zuspruch in den eigenen Reihen als die AfD-Chefin. Insgesamt reicht es für Merz nur für den drittletzten Platz.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Die AfD versprüht ihr Gift mit offenem Visier