Kampf um Afrika

Von 
Michael Backfisch
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Er ist Putins Mann fürs Grobe: Jewgeni Prigoschin. Er gibt den Kriegsherrn der Privatarmee Wagner, gefällt sich als Vulgär-Macho und propagandistischer Einpeitscher für russische Aggressionen. Prigoschin erledigt die schmutzigen Geschäfte des Kremlchefs derart effizient, dass er sogar ungestraft scharfe Kritik an der russischen Militärführung im Ukraine-Krieg üben darf.

Der 61-Jährige kämpft mit seinen 20 000 Wagner-Söldnern nicht nur in der Ukraine. Der Chef eines weit verzweigten Firmenimperiums betreibt auch in Afrika seine schmutzigen Geschäfte. Die derzeitigen Kämpfe im Sudan, wo sich zwei Generäle bekriegen, werden ebenfalls von Prigoschin befeuert. Der Mann, der seine Karriere als Gastronomieunternehmer („Putins Koch“) begonnen hatte, brachte das zynische Kunststück fertig, beide Konfliktparteien mit Waffen auszustatten. Im Gegenzug erhielt er Goldminen. Prigoschin macht im Kleinen vor, wie Putin im Großen operiert. Russland ist der wichtigste Rüstungslieferant für Afrika. Rund die Hälfte aller registrierten Waffenverkäufe kommt von dort. Darüber hinaus bilden Russen Militärs aus – auch im Bürgerkriegsland Mali, aus dem sich die Bundeswehr und andere europäische Kräfte zurückziehen. Russland exportiert Getreide und Dünger und bekommt dafür wertvolle Rohstoffe.

Putins Propaganda-Narrativ vom „hegemonialen Westen“ fällt in Afrika auf fruchtbaren Boden. Ressentiments aus der kolonialen Vergangenheit werden auf diese Weise wieder zum Leben erweckt. Briten und Franzosen – aber auch die westliche Führungsmacht Amerika – kommen schnell in Misskredit. Moskau präsentiert sich als Bannerträger gegen Unterdrückung. Die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine werden zum Auslöser von hohen Energiepreisen und Nahrungsmittelengpässen hochstilisiert, unter denen Entwicklungsländer besonders leiden.

Russland ist in Afrika wegen des Kriegs in der Ukraine keineswegs isoliert. So haben Russland, China und Südafrika kürzlich im Indischen Ozean ein gemeinsames Marinemanöver durchgeführt. Zudem enthielt sich Südafrika bei der UN-Abstimmung über Russlands Invasion in der Ukraine – wie etliche andere Staaten des Kontinents im Süden. Das Gleiche gilt für Lateinamerika: Auch dort verkauft sich Russland als Vorkämpfer für die Freiheit (von den Vereinigten Staaten).

In vielen Ländern schwingt wegen diverser US-Interventionen (Kuba, Nicaragua, Grenada) in der Vergangenheit ein starker Antiamerikanismus mit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dies bei einer Pressekonferenz mit Brasiliens Präsident Lula Ende Januar hautnah mitbekommen.

Der Westen hat den Kampf um den „globalen Süden“ zu einem Schlüssel für die internationale Isolierung Russlands im Ukraine-Krieg erkoren. Diese Kampagne ist bislang weniger erfolgreich als erhofft. Moskau geht bei der Unterstützung autokratischer Regime in Afrika und anderen Teilen der Welt wenig wählerisch vor. Es liefert Waffen, erhält Rohstoffe und redet herzlich wenig über demokratische Werte. Die Chinesen machen es ähnlich. Sie bauen Straßen, Brücken und Eisenbahnlinien. Finanziert wird das Ganze durch Kredite aus Peking. Die Arbeiter kommen ebenfalls aus der Volksrepublik. Afrikaner oder Lateinamerikaner profitieren relativ wenig davon und haben am Ende eine gewaltige Schuldenlast am Hals. Europäer und Amerikaner haben noch kein passendes Gegenmodell hierzu gefunden.

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