Interview

Juden in Deutschland: Kanzler Scholz fordert Zivilcourage von allen Bürgern

Im exklusiven Interview mit dem "Mannheimer Morgen" fordert Bundeskanzler Olaf Scholz von allen Deutschen klare Kante gegen Antisemitismus. Außerdem lobt er seinen Vize, Wirtschaftsminister Robert Habeck

Von 
Madeleine Bierlein , Karsten Kammholz und Marco Pecht
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Fordert Zivilcourage gegen Judenfeindlichkeit ein: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Interview in Mannheim. © Torsten Silz

Mannheim. Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Bürger in Deutschland zu Zivilcourage aufgefordert, um Jüdinnen und Juden gemeinschaftlich zu schützen. Dem "Mannheimer Morgen" (Montag) sagte Scholz: "Wer Juden in Deutschland angreift, greift uns alle an. Deshalb sollten wir uns alle für den Schutz von Jüdinnen und Juden in Deutschland einsetzen, da geht es um Zivilcourage." 

Der Regierungschef betonte zugleich, dass es Aufgabe des Staates sei, die jüdischen Einrichtungen zu schützen. Man müsse Antisemitismus bekämpfen – ohne jedes Pardon. "Die Strafverfolgungsbehörden haben die nötigen Instrumente und müssen sie konsequent nutzen. Mein Eindruck ist: Polizeibehörden und Gerichte wissen, was zu tun ist", so der Kanzler.   

Scholz lobt Habeck "ausdrücklich" für Videobotschaft

Scholz zeigte sich beeindruckt von der neuen Videobotschaft von Wirtschaftsminister Robert Habeck: "Der Vizekanzler hat die Position der gesamten Bundesregierung in diesem Social-Media-Video ganz hervorragend formuliert. Dafür möchte ich ihn ausdrücklich loben, genauso übrigens wie Annalena Baerbock, die sich kraftvoll engagiert, um in diesem Konflikt mit allen Seiten im Gespräch zu bleiben."

Lob für den Vizekanzler Robert Habeck hat Kanzler Olaf Scholz beim Gespräch in Mannheim dabei. © Torsten Silz

Nach dem Tod der deutschen Hamas-Geisel Shani Louk äußerte sich der Bundeskanzler auch zu den Bemühungen, die weiteren deutschen Geiseln zu befreien. Auf die Frage, ob er optimistisch sei, antwortete Scholz: "Die Situation ist sehr schwierig, deshalb möchte ich nicht spekulieren. Wir tun alles, um die Freilassung zu ermöglichen."

Scholz in großer Sorge um Geiseln der Hamas

Weiter sagte er: "Wir arbeiten mit den israelischen Behörden zusammen. Gleichzeitig nutzen wir alle Kontakte in die Region, um die bedingungslose Freilassung aller Geiseln zu ermöglichen." Bei seinen Gesprächen mit Staatschefs aus dem Nahen Osten sei das immer ein Thema.

Vor dem Bund-Länder-Treffen hat sich Scholz optimistisch gezeigt, dass es beim Thema Migration zu einer Einigung kommt. Man spreche jetzt über weitere Unterstützung des Bundes für die Länder. „Ich bin zuversichtlich, dass wir uns auch in den Geldfragen einig werden“, sagte Scholz dem „Mannheimer Morgen“.

Scholz stellt Entlastung bei Flüchtlingskosten in Aussicht

Die Unterbringung und Integration von Geflüchteten nannte Scholz „eine gesamtstaatliche Aufgaben“. „Der Bund wird allein in diesem Jahr schon fast 18 Milliarden Euro an Entlastungen für die Länder und Kommunen finanzieren, um die Aufgaben in der Migrationspolitik zu stemmen“, betonte der Regierungschef. 

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An diesem Montag kommen in Berlin erst die Regierungschefinnen und Regierungschefs der 16 Bundesländer zusammen, am Nachmittag werden die Beratungen im Kanzleramt zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fortgesetzt.

Scholz: Es kommen zu viele Menschen irregulär nach Deutschland

Als besonders heikel gilt das Flüchtlingsthema. Hier geht es um die Aufteilung der Kosten, um die Reduzierung der Flüchtlingszahlen und um die schnellere Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Heimatstaaten. 

Scholz betonte: „Im Moment kommen zu viele Menschen irregulär nach Deutschland.“  Eine ganze Reihe von ihnen werde keine Berechtigung erhalten, hier zu bleiben, weil sie die nötigen Schutzgründe nicht geltend machen könnten. Sie müssten nach Abschluss des Asylverfahrens in ihre Heimat zurückkehren.

Im Gespräch (von links): Stellvertretender Regierungssprecher Wolfgang Büchner, Kanzler Olaf Scholz, "MM"-Chefredakteur Karsten Kammholz und "MM"-Nachrichtenchefs Marco Pecht und Madeleine Bierlein. © Torsten Silz

„Wir wollen die Verfahren beschleunigen, so dass Asyl- und erstinstanzliche Gerichtsverfahren grundsätzlich jeweils innerhalb von sechs Monaten beendet werden. Antragstellung und Anhörung sollen noch in der Erstaufnahmeeinrichtung stattfinden“, sagte Scholz.  

Scholz stellt verstärkten Grenzschutz in Aussicht

Zudem soll seinen Angaben zufolge die Einreise nach Deutschland künftig stärker kontrolliert werden: „Wir stärken den Grenzschutz zur Schweiz, zu Österreich, Tschechien und Polen, genauso werden die EU-Außengrenzen verstärkt.“ Der SPD-Politiker warb in dem Interview dennoch für eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften.

„Angesichts von 13 Millionen Babyboomern, die demnächst in Rente gehen, brauchen wir zusätzlich zu unseren jungen Menschen nach Berechnungen von Fachleuten bis etwa 2030 viele zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland.“ 

Das komplette Wortlautinterview können Sie ab diesem Montag auf dem Portal des Mannheimer Morgen hier lesen.

 

Redaktion Nachrichtenchefin mit Schwerpunkt Wissenschaftsjournalismus

Ehemalige Mitarbeit ehem. Chefredakteur

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