Ende November gibt es in der politischen Stimmung wenig Bewegung: SPD und CDU/CSU haben leichte Einbußen, Grüne und Linke verzeichnen ein kleines Plus, FDP und AfD bleiben unverändert. Im Detail erhält die SPD aktuell 30% (‑1), die CDU/CSU kommt auf 18% (-2), die Grünen liegen bei 21% (+1). Die FDP erreicht 13% (+/-0), die AfD wird bei 7% (+/-0) gemessen und die Linke bei 6% (+1). Alle sonstigen Parteien erzielen in der Summe 6% (+/-0).
Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, gäbe es im Vergleich zur letzten Politbarometer-Projektion vor zwei Wochen folgende Veränderungen: Die SPD bliebe stabil bei 28% (+/-0), die CDU/CSU würde leicht verlieren und auf 19% (-1) kommen. Die Grünen könnten auf 17% (+1) zulegen, die FDP würde weiterhin 13% (+/-0) erreichen. Die AfD bekäme unverändert 11% (+/-0), die Linke 5% (+/-0). Alle sonstigen Parteien lägen zusammen bei 7% (+/-0).
Info
- Rundungsbedingt müssen sich die Prozentwerte nicht unbedingt auf 100% addieren und die Abweichungen zur letzten Umfrage nicht gegenseitig aufheben. Der Fehlerbereich beträgt bei 1.250 Befragten und einem Anteilswert von 40% rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10% rund +/- zwei Prozentpunkte.
- Da mit Umfragen immer nur Stimmungen in der Bevölkerung zum Zeitpunkt der Befragung gemessen werden, sind Schlussfolgerungen auf eine mögliche Wahlentscheidung an einem weit entfernt liegenden Wahltag nicht zulässig.
- Die Politbarometer-Ergebnisse sind wie immer politisch nicht gewichtet. Ein Vergleich der Wahlabsichtsfrage und der Sympathiemessungen der Politbarometer-Untersuchungen mit den politisch gewichteten Ergebnissen anderer Institute ist daher nur bedingt möglich. Aus diesem Grund veröffentlicht das Politbarometer die „Projektion“, bei der die in den aktuellen Untersuchungen gemessenen poli-tischen Stimmungen auf ein Wahlergebnis für eine Bundestagswahl übertragen werden, falls diese am nächsten Sonntag stattfinden würde.
- Dieser errechneten Projektion liegen Erkenntnisse über die langfristige, sozial-strukturell begründete Stabilität im Wählerverhalten bei Bundestagswahlen zugrunde sowie Erkenntnisse über den theoretischen Ausgang einer Bundestagswahl unter „normalen“ Bedingungen, d. h. ohne die Überzeichnungen in der aktuell gemessenen politischen Stimmung. Neben strukturellen Faktoren werden zudem taktisches Verhalten sowie die fehlende Bekenntnisbereitschaft von Anhängern der Parteien an den Rändern des Parteienspektrums berücksichtigt.
Gewünschte Koalition
Bei der ohne Antwortvorgabe gestellten Frage, welche Parteien nun zusammen eine Regierung bilden sollen, bleibt eine Ampel-Koalition auch Ende November klarer Favorit: 34% der Befragten sprechen sich für Rot-Grün-Gelb aus (Okt-III: 41%; Nov-I: 35%), 12% wünschen sich ein Bündnis aus SPD und Grünen (Okt-III: 8%; Nov-I: 11%), 9% präferieren eine Große Koalition (Okt-III: 7%; Nov-I: 8%) und 7% Schwarz-Gelb (Okt-III: 4%; Nov-I: 6%). Alle anderen Koalitionsmodelle erhalten einzeln jeweils weniger als 5% der Nennungen und kommen zusammen auf 22% (Okt-III: 25%; Nov-I: 24%). Explizit keine Konstellation nennen 16% (Okt-III: 15%; Nov-I: 16%).
Ampel-Koalition: Bewertung und Erwartungen
Die Bewertung einer möglichen Ampel-Koalition fällt weiterhin mehrheitlich positiv aus, auch wenn die Zustimmung in der Bevölkerung etwas abnimmt: Nach 62% Mitte Oktober finden es aktuell 55% der Befragten gut, wenn es im Bund zu einer Regierung aus SPD, Grünen und FDP kommt, 22% (Okt-II: 19%) finden das schlecht und 18% (Okt-II: 16%) ist es egal (weiß nicht: 5%). Während ein rot-grün-gelbes Bündnis in den Anhängerschaften von SPD (84%), Grünen (79%), FDP (55%) und Linke (53%) befürwortet wird, stößt es bei CDU/CSU- (schlecht: 40%; gut: 24%) und vor allem bei AfD-Anhänger/innen (schlecht: 71%; gut: 15%) auf Ablehnung.
Wenn es um die Problemlösungskompetenz einer potenziellen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP geht, glaubt eine Mehrheit von 51% (Nov-I: 49%) der Befragten, dass ein solches Bündnis „einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme in Deutschland leisten wird“, 44% (Nov-I: 48%) sind gegenteiliger Ansicht und 5% (Nov-I: 3%) geben darauf keine Antwort. In den Parteianhängerschaften gibt es zur Kompetenzfrage unterschiedliche Meinungen: 73% der SPD‑, 75% der Grünen- und 58% der FDP-Anhänger/innen gehen davon aus, dass eine Ampel-Koalition einen relevanten Beitrag zur Problemlösung leisten wird, wohingegen 63% der CDU/CSU-, 89% der AfD- und 74% der Linken-Anhänger/innen diesbezüglich skeptisch sind.
CDU-Parteivorsitz: Kandidaten
Nach dem angekündigten Rücktritt von Armin Laschet kandidieren nun Helge Braun, Friedrich Merz und Norbert Röttgen für das Amt des CDU-Parteivorsitzenden. Dass Friedrich Merz die CDU am ehesten erfolgreich in die Zukunft führen kann, meinen 35% aller Befragten. 26% nennen hier Norbert Röttgen, 14% Helge Braun und 25% erlauben sich kein Urteil. Im Lager der Union fällt das Votum zugunsten von Friedrich Merz noch deutlicher aus: 51% der CDU/CSU-Anhänger/innen sind der Ansicht, Merz könne als Parteivorsitzender am besten für zukünftige Erfolge der CDU sorgen. 23% sagen das über Norbert Röttgen, 10% über Helge Braun und 16% äußern sich dazu nicht.
Beurteilung von Spitzenpolitiker/innen in Deutschland
Bei der Beurteilung der nach Meinung der Deutschen zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker gibt es im Vergleich zur letzten Umfrage einen Negativtrend: Sieben der zehn bewerteten Akteure erhalten schlechtere Imagewerte. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verliert acht Zehntel und bricht damit beim Ansehen deutlich ein. Ein Minus von zwei Zehntel gibt es für die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel, für CSU-Chef Markus Söder sowie die beiden Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck und Annalena Baerbock. Um ein Zehntel verschlechtern sich der geschäftsführende Bundesfinanzminister Olaf Scholz und FDP-Chef Christian Lindner. Verbessern kann sich lediglich der CDU-Politiker Friedrich Merz; Lars Klingbeil und Sahra Wagenknecht sind neu in den Top Ten. Die Bewertung nach Sympathie und Leistung wurde wie immer mittels der Skala von +5 bis ‑5 (halte sehr viel von / halte gar nichts von) vorgenommen.
Souverän an der Spitze des Rankings bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Durchschnittswert von 2,3 auf der +5/-5-Skala. Unverändert findet sich auf Platz zwei Olaf Scholz (1,9), es folgen Robert Habeck (1,3), Lars Klingbeil (1,2), Christian Lindner (0,8) und Markus Söder (0,4). Friedrich Merz macht zwei Plätze gut und liegt auf Rang sieben (0,0) vor Annalena Baerbock (0,0) und Sahra Wagenknecht (-0,3). Schlusslicht ist jetzt Jens Spahn, der mit einem Wert von -0,9 ein neues Tief erreicht.
Die wichtigsten Themen in Deutschland
Die stark ansteigenden Corona-Fallzahlen in Deutschland spiegeln sich klar in der Themenagenda wieder: Nach nur 24% vor vier und 57% vor zwei Wochen nennen aktuell 80% der Befragten bei der ohne Antwortvorgabe gestellten Frage nach den beiden wichtigsten Problemen in Deutschland die Coronakrise und ihre Folgen. Ähnlich dominiert hat Corona die öffentliche Agenda zuletzt im Frühjahr, wo bis zu 85% aller Nennungen auf diesen Bereich entfielen. Mit deutlichem Abstand und abnehmender Relevanz (Okt-III: 44%; Nov-I: 38%) auf Platz zwei liegt das Thema Umwelt/Klimaschutz/Energiewende, das noch von 29% der Wahlberechtigten als wichtig erachtet wird. Weitere relevante Themen, die jedoch weniger als 10% der Nennungen erhalten sind: Ausgang Bundestagswahl/Regierungsbildung (9%), Flüchtlinge/Ausländer/Integration (7%), Rente/Alterssicherung (5%), Politik(er)verdruss (5%) und Kosten/Preise/Löhne (5%).
Corona: Gesundheitsgefährdung
Die hohen Corona-Inzidenzen haben zur Konsequenz, dass sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger Sorgen um die eigene Gesundheit machen: Hielten vor zwei Wochen noch 49% der Befragten ihre Gesundheit für gefährdet, tut dies nun eine deutliche Mehrheit von 62%, der höchste bisher im Politbarometer gemessene Wert. Lediglich 36% (Nov-I: 49%) sehen für sich persönlich durch das Coronavirus kein Gesundheitsrisiko.
Corona-Maßnahmen: Beurteilung und stärkere Einschränkungen für Ungeimpfte
Angesichts der prekären Corona-Lage werden die Forderungen nach härteren Maßnahmen stetig lauter: Aktuell sprechen sich etwa die Hälfte der Deutschen (52%; Okt-III: 20%; Nov-I: 49%) für eine Verschärfung der Corona-Regeln aus. Der Anteil derjenigen, die mit den gegenwärtigen Maßnahmen zufrieden sind, hat sich hingegen auf 30% (Okt-III: 59%; Nov-I: 32%) reduziert und 15% (Okt-III: 18%; Nov-I: 16%) halten das aktuelle Regelwerk für übertrieben, darunter wie zuvor auch weit überdurchschnittlich viele Anhänger/innen der AfD (65%).
In diesem Kontext gleichermaßen erwähnenswert: 76% der Befragten und Mehrheiten in allen politischen Lagern außer dem der AfD (SPD: 89%; CDU/CSU: 88%; Grüne: 92%; FDP: 63%; Linke: 58%; AfD: 29%) finden es richtig, wenn es jetzt für Ungeimpfte besonders starke Corona-Einschränkungen gibt. Lediglich 22% finden das nicht richtig (weiß nicht: 2%).
Bundesweite Corona-Maßnahmen oder regionale Unterschiede?
Gegenwärtig unterscheiden sich in der Bundesrepublik die Corona-Maßnahmen regional in Abhängigkeit von der jeweiligen Lage vor Ort. 50% der Befragten befürworten diese Regelung, fast ebenso viele (48%) sind jedoch der Meinung, dass in ganz Deutschland überall dieselben Maßnahmen gelten sollten (weiß nicht: 2%). Die Bürger/innen in den alten und neuen Bundesländern haben hier divergierende Einstellungen: Während die Befragten im Westen der Republik mehrheitlich für regionale Unterschiede sind (53%), plädieren diejenigen im Osten für bundesweite Maßnahmen (60%).
Neues Infektionsschutzgesetz: Bewertung einzelner Regelungen
Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen. Demnach kann es unter anderem keine bundesweiten Geschäfts- und Schulschließungen oder Ausgangssperren mehr geben. 58% der erwachsenen Deutschen finden diese Regelung gut, 36% sehen das kritisch und 6% machen hier keine Angabe. Dabei gibt es nicht nur bei den Anhänger/innen der drei potenziellen Regierungsparteien, sondern auch in den Anhängerschaften von CDU/CSU, AfD und Linke Zustimmung für den Ausschluss eines bundesweiten Shutdowns (SPD: 57%; CDU/CSU: 55%; Grüne: 53%; FDP: 61%; AfD: 74%; Linke: 66%).
Zudem beinhaltet das neue Infektionsschutzgesetz eine 3G-Regel am Arbeitsplatz, wonach alle, die nicht geimpft oder genesen sind, täglich einen Corona-Test vorlegen müssen. Nach 71% vor zwei Wochen unterstützen dies nun 83% der Befragten, 16% (Nov-I: 26%) lehnen eine 3G-Regel am Arbeitsplatz ab (weiß nicht: 1%).
Sollten Weihnachtsmärkte abgesagt werden?
In einigen Bundesländern wie beispielsweise in Bayern finden aufgrund von Corona keine Weihnachtsmärkte statt. Dass die Weihnachtsmärkte in Deutschland in diesem Winter generell abgesagt werden sollten, finden 49% der Befragten. Bei ebenfalls 49% stößt diese Überlegung auf Ablehnung und 2% erlauben sich kein Urteil. Ein Blick in die Altersgruppen zeigt, dass es vor allem die ältesten Befragten sind (ab 70-Jährige: 62%), die sich für eine generelle Absage der Weihnachtsmärkte aussprechen.
Coronavirus: Allgemeine Impfpflicht?
Seit kurzem wird bei uns wieder intensiv über eine allgemeine Impfpflicht bei Corona diskutiert. Dabei hat sich die Stimmung in der Bevölkerung im Vergleich zum Sommer gedreht: Während sich im Juli noch 64% der Befragten gegen eine Impfpflicht ausgesprochen haben, befürworten jetzt 69% (Jul-II: 33%) deren Einführung. 29% stehen einer Corona-Impfpflicht kritisch gegenüber (weiß nicht: 2%), darunter eine deutliche Mehrheit der AfD-Anhänger/innen (73%). Von den verschiedenen Altersgruppen sind sich lediglich die 30- bis 39-Jährigen bezüglich einer allgemeinen Pflicht zur Corona-Impfung uneins (dafür: 50%; dagegen: 50%), am größten ist die Unterstützung für deren Umsetzung bei den Deutschen, die 70 Jahre und älter sind (86%).
Wird zum Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus genug getan?
Auch wenn es darum geht, ob in Deutschland zum Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus genug getan wird, ist die Meinung der Deutschen heute eine gänzlich andere als in der Vergangenheit. Im April 2020 äußerten sich vier Fünftel der Befragten (81%) positiv zu den Schutzmaßnahmen und 17% negativ (weiß nicht: 2%). Aktuell geben 31% an, in Deutschland werde genug gegen die Ausbreitung von Corona getan, aber 63% der Befragten bezweifeln dies (weiß nicht: 6%).
Verhalten sich die Bürger/innen in der Corona-Krise vernünftig?
Ebenfalls eher pessimistisch sind die Deutschen im Hinblick auf das Verhalten ihrer Mitbürger/innen: Nachdem im Oktober letzten Jahres die Befragten noch mehrheitlich von einem überwiegend vernünftigen Verhalten der Menschen in der Corona-Krise gesprochen haben (Okt-II 2020: 52%), ist jetzt Gegenteiliges der Fall: 56% der Befragten gehen von einem eher unvernünftigen und 39% von einem eher vernünftigen Verhalten der Bürger/innen aus (weiß nicht: 5%), wobei besonders die 18- bis 34-jährigen Frauen das Verhalten ihrer Mitmenschen kritisch sehen (78%).
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