Mannheim/Berlin. Wird die Eizellspende demnächst auch in Deutschland legal? Anders als in vielen anderen europäischen Ländern ist die Eizellspende hierzulande verboten. Doch eine Kommission, die von der Bundesregierung vor einem Jahr eingesetzt worden war, spricht sich für eine Aufhebung des Verbots aus. „Das bisherige Verbot der Eizellspende ist verfassungsrechtlich nicht geboten“, heißt es in der Stellungnahme der Kommission, die am Montag offiziell in Berlin vorgestellt wird. Denn die Hauptbegründung, die der Gesetzgeber seinerzeit angeführt hatte, dass ein Kind Identitätsfindungsprobleme haben könnte, wenn es erfährt, dass es zwei Mütter hat – eine genetische Mutter, die die Eizelle gespendet hat, und eine biologische Mutter, die das Kind ausgetragen und zur Welt gebracht hat – gilt als überfällig. „Mittlerweile weiß man, dass diese Probleme gar nicht bestehen“, erklärt der Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz im Gespräch mit dieser Zeitung. Taupitz ist einer der 18 Expertinnen und Experten der Kommission, die in zwei Gruppen die Legalisierung von Eizellspende und Leihmutterschaft einerseits sowie die Möglichkeit, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches zu regulieren, andererseits geprüft hat.
Wie Taupitz einräumte, gibt es zwar nach wie vor Vorbehalte gegen die Eizellspende. Ein Fortbestand des Verbots müsste seitens des Gesetzgebers aber gut begründet sein, dies hält Taupitz für schwierig. „Wir leben in einer freiheitlichen Gesellschaft, jede gesetzliche Einschränkung von Grundrechten bedarf einer hinreichenden Begründung“, so der Medizinrechtler. Zu den Grundrechten gehörten die Fortpflanzungsfreiheit und die Familiengründungsfreiheit, diese gewährleisteten das Recht, sich fortzupflanzen und dafür auch reproduktionsmedizinische Verfahren in Anspruch zu nehmen. Ferner verursache ungewollte Kinderlosigkeit großes Leid bei den Betroffenen. „Mit welcher Begründung sollte man Methoden, die dieses Leid verhindern, verbieten?“, betont Taupitz. Jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist nach den Zahlen des Bundesfamilienministeriums in Deutschland ungewollt kinderlos.
Kommission hält zwei Optionen der Eizellspende für rechtlich und ethisch vertretbar
Denkbar wären laut Kommission zwei Formen der Eizellspende: Es werden Eizellen gespendet, die nur für diesen Zweck hergestellt werden, oder es werden Eizellen genutzt, die im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung entstanden sind, die aber nicht mehr benötigt werden. In deutschen Fortpflanzungskliniken lagern zahllose solcher Eizellen, sie dürfen auch dann nicht entsorgt werden, wenn die Mütter keine weiteren Kinder mehr möchten. Zudem könnte eine Eizellspende einer Partnerin in einer lesbischen Beziehung möglich sein, damit das Paar ein gemeinsames Kind bekommt.
Was die Eizellenspenderin erwarten würden
Die Kommission gibt dem Gesetzgeber in ihrer Stellungnahme jedoch einen engen Rahmen vor, sollte dieser sich entscheiden, die Eizellspende zu erlauben. So müsse die Eizellspenderin umfassend und neutral aufgeklärt werden. Ferner müsse sie Anspruch auf eine angemessene Aufwandsentschädigung haben. Auch müsse geregelt werden, wer mögliche gesundheitliche Folgekosten trage. Die Risiken einer Eizellspende gelten zwar als überschaubar, die Datenlage ist jedoch dünn, speziell was etwaige Langzeitfolgen betrifft. „Wir schlagen deshalb vor, dass es eine angemessene Versicherung der Spenderin gegen mögliche kurz- oder langfristige Gesundheitsrisiken geben sollte – analog zur Probandenversicherung bei Medikamentenstudien“, erklärte Taupitz. Das so geborene Kind müsse darüber hinaus erfahren können, von wem es abstammt. Legitim sei deshalb auch nur eine offene Eizellspende. Die Daten, die das Kind später abrufen kann – dazu zählen unter anderem Namen und Adresse der Spenderin – ließen sich im bislang schon existierenden Register für Samenspenden erfassen, schlägt die Kommission vor.
Thema Leihmutterschaft komplex - und könnte verboten bleiben
Auch die Leihmutterschaft war Thema in der Kommission. Diese könnte aber weiter verboten bleiben. Weil die ethische und rechtliche Situation hier jedoch komplexer ist und auch erhebliche Gefährdungspotenziale für die Leihmutter bestehen, hat der Gesetzgeber nach Meinung der Kommission einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Ein Verbot der Leihmutterschaft könnte deshalb „aus guten Gründen“ aufrechterhalten bleiben.
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