Dresden. Gerade erst am Montag hatte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) öffentlich gehofft, das Einheitsfest in Dresden möge frei von Störungen bleiben. Keine zehn Stunden später knallte es zweimal in der Stadt. Unbekannte verübten zwei Sprengstoff-Anschläge auf das Internationale Congress Center (ICC) und auf die Fatih Camii Moschee.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) war wütend, als er gestern vor die Presse trat. Es sei jetzt "Aufgabe der Polizei, alles daran zu setzen, dass die Täter identifiziert und einer Strafe zugeführt" würden, sagte der 52-jährige CDU-Mann. Am Vormittag hatte Ulbig die Familie des Imams, dem einer der Anschläge galt, besucht. Dass der Sprengsatz direkt vor der Tür explodierte, hinter der die Familie lebt, fand Ulbig unfassbar. Die Frau sei noch ganz verängstigt gewesen. Die Bombe ging hoch, als die beiden sechs und zehn Jahre alten Söhne gerade ins Bett wollten. Die Familie blieb zum Glück unverletzt.
"Professionelle" Sprengsätze
Weniger dramatisch verlief der Anschlag auf das Congress Center. An dem Glasbau am Elbufer gingen nur ein paar Glas-Elemente zu Bruch. Doch das ICC spielt eine herausgehobene Rolle bei der Einheitsfeier am kommenden Montag. Hier will Bundespräsident Joachim Gauck Staatsgäste empfangen.
An den Tatorten fand die Polizei Reste von selbstgebauten Sprengsätzen, deren Bau auf kundige Hände schließen lässt. "Ich glaube, sie waren schon professionell", sagte Dresdens Polizeipräsident Horst Kretzschmar, ein kantiger Ermittler-Typ. Die meisten Fragen beantwortete er abschlägig - keine Infos zu laufenden Ermittlungen. Wieso er die Anschläge erst gestern Früh bekanntgab, mit acht Stunden Verzögerung? Weil er erst "Ermittlungsansätze verfolgen wollte". Dass das Ereignis nun medial in der Welt ist, "erschwert uns unsere Arbeit", so der Polizeipräsident. Von einem "Anschlag auf die Religionsfreiheit und die Werte einer aufgeklärten Gesellschaft", sprach Regierungschef Tillich. Der Tod von Menschen sei bewusst "in Kauf genommen" worden.
Für alle muslimischen Einrichtungen der Stadt kündigte Kretzschmar Polizeischutz an. Das betrifft die drei Moscheen, eine Begegnungsstätte und einen Gebetsraum. Schätzungen zufolge leben rund 4000 Muslime in der Stadt. Man wolle am Einheitstag auch das islamische Leben in der Stadt präsentieren, sagte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP).
Mehrere Demos angekündigt
Trotz der angespannten Lage will Dresden für den Einheitstag keine Demonstrationen einschränken. Kretzschmar will sich auf die Störer konzentrieren, nicht auf die friedliche Menge: "Ich gehe davon aus, dass wir das das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gewährleisten können", sagte er.
Als direkte Reaktion auf die Anschläge hat die Polizei den Kontrollbereich in der Innenstadt früher eingerichtet - er gilt nun bis Montagnacht. Insgesamt rechnet die Stadt für die drei Feiertage mit 750 000 Besuchern. Statt mit den ursprünglich geplanten 1000 Beamten plant die Polizei nun mit 2600. Darunter auch an die 100 Wachpolizisten sowie Kräfte aus anderen Bundesländern.
Im Fokus der Sicherheitsbehörden steht das Bürgerfest, das laut Kretzschmar als weiches Ziel durchaus "eine attraktive Bühne" für Anschläge bieten würde.
Angekündigt ist für den 3. Oktober eine Demo der Linken mit 1000 Teilnehmern. Für die Pegida-Bewegung rechnet die Polizei am Montag mit 2500 bis 3000 Anhängern. Die Splittergruppe rund um die Ex-Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling wird wohl mit 200 Leuten vertreten sein. Polizisten werden auch verdeckt unterwegs sein. Innenminister Ulbig hofft, dass die Feierlichkeiten ein Erfolg werden: "Es soll ein klares und deutliches Zeiten von Dresden ausgehen, wo die überwiegende Zahl aller Menschen friedlich ist."
Fatih Camii im Dresdner Stadtteil Cotta ist eine von drei ...
Fatih Camii im Dresdner Stadtteil Cotta ist eine von drei Moscheen in der sächsischen Landeshauptstadt. Das einstöckige Gebäude befindet sich wenige Kilometer westlich des historischen Zentrums und wird seit 2007 genutzt.
Die Moschee der seit 2001 bestehenden Türkisch-Islamischen Gemeinde ist tägliche Anlaufstelle für rund 30 Menschen, sie betreut in Dresden lebende Türken und Flüchtlinge. Sie wird von einem Freundeskreis unterstützt. Nach dessen Angaben kommen freitags regelmäßig bis zu 300 Menschen zum Beten in die Moschee, vor der am Montagabend ein Sprengsatz explodierte.
Etwa zwei Kilometer von der Moschee entfernt liegt das Internationale Congress Center Dresden (ICD), vor dem es zur zweiten Explosion kam. Das Zentrum ist der zentrale Tagungsort in Dresden. Es bietet nach Angaben der Betreiber Platz für bis zu 6800 Besucher.
Das ICD liegt an der Elbe - in unmittelbarer Nähe des Landtags. dpa
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