Berlin/Doha. In der Debatte um die Fußball-WM in Katar melden sich Europas Datenschützer mit einem dringenden Alarmruf zu Wort. Ihre Warnung an alle Fußball-Fans in Katar: Die Sicherheitsbehörden des Golfstaates könnten die Mobiltelefone der Besucher ausspionieren, Daten abfassen und Kontakte überwachen. Wie andere Experten auch hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz einen eindeutigen Rat: Für die Reise nach Katar sollte ein separates Handy verwendet werden, auf dem keine persönlichen Daten und Kontakte gespeichert sind – ein offizielles Misstrauensvotum gegen die WM-Gastgeber in Doha.
Zwei Apps im Fokus
Hintergrund ist die Auflage der katarischen Behörden, dass alle aus dem Ausland eingereisten Fans zwei Apps auf ihren Mobiltelefonen installieren müssen: „Hayya“ ist die offizielle WM-App, mit der die sogenannte Hayya-Card zum Eintritt in die Fußballstadien und für den öffentlichen Nahverkehr verwaltet wird. „Ehteraz“ wird zur Kontaktverfolgung nach Corona-Infektionen eingesetzt. Die Behörden nutzten die mit den Apps erhobenen Daten wahrscheinlich viel umfangreicher als offiziell angegeben, fürchtet der oberste Datenschützer des Bundes.
Vor allem bei der App „Ehteraz“, die für den Besuch von Gesundheitseinrichtungen benötigt wird, haben Experten massive Bedenken: Die App kann auf sämtliche Daten des Smartphones zugreifen, sie ändern oder löschen, den präzisen Standort speichern und Handys in der Nähe erkennen, Verbindungen über Wlan oder Bluetooth überwachen – und diese Daten weiterleiten. Das könnte in Katar zum Beispiel für Homosexuelle gefährlich werden. Amnesty International hält die App daher für „menschenrechtlich problematisch bis gefährlich“. „Hayya“ ermöglicht es, einen Wechsel in den Ruhezustand des Handys zu verhindern, alle Netzwerkverbindungen einzusehen und persönliche Informationen weiterzugeben. Der Bundes-Datenschutzbeauftragte meint: „Es liegt nahe, dass die von den Apps verwendeten Daten nicht nur lokal gespeichert, sondern auch an einen zentralen Server übermittelt werden.“
Auch andere Länder warnen
Ähnliche Warnungen kommen von den obersten Datenschützern Frankreichs, Norwegens und der Schweiz. Der Schweizer Datenschutzbeauftragte Adrian Lobsiger sagt: „Ich rate dazu, ein Billig-Smartphone mitzunehmen oder ein nicht mehr benötigtes, auf Werkseinstellung zurückgesetztes Smartphone.“ Die deutsche Bundesdatenschutzbehörde ergänzt: „Auf diesem Gerät sollten keine weiteren personenbezogenen Daten wie etwa Telefonnummern, Bild- oder Tondateien gespeichert sein. Im Nachgang der Nutzung der Apps sollten auf dem verwendeten Telefon, das Betriebssystem und sämtliche Inhalte vollständig gelöscht werden.“
Bereits im Vorfeld der Fußball-WM wurde bekannt, dass Katar schon vor Jahren international auf der Suche nach Überwachungstechnik für das Turnier war.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-politik-das-sollten-wm-fans-in-katar-bei-ihrem-smartphone-beachten-_arid,2021680.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/themen-schwerpunkte_dossier,-fussball-em-2021-_dossierid,241.html