Ukraine

Bei den Waffenlieferungen liegen die USA klar auf Platz eins

Die Bundesregierung stellt jetzt doch Schützenpanzer für die Ukraine bereit. Nach langem Zögern liegt Deutschland mittlerweile im internationalen Vergleich bei den Waffenlieferungen mit an der Spitze, wie die Statistik zeigt

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Michael Backfisch
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Ein Schützenpanzer vom Typ Marder rollt in Sachsen-Anhalt von einer Schwimmbrücke an Land. Deutschland will die Ukraine mit weiteren Waffenlieferungen unterstützen. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Die Bundesregierung wurde immer wieder dafür kritisiert, zu wenige Waffen an die Ukraine geliefert zu haben. Tatsächlich steht Deutschland im internationalen Vergleich an dritter Stelle. Nach Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft haben die USA zwischen dem 24. Januar und dem 20. November 2022 Militärhilfe über 22,9 Milliarden Euro an die Ukraine geleistet. Dahinter folgen Großbritannien, Deutschland, Polen, Kanada und Norwegen. Was sind die wichtigsten verschickten Waffensysteme? Und wie haben sie den Krieg beeinflusst? Ein Überblick.

USA: Die Vereinigten Staaten haben bislang Waffen im Wert von 22,9 Milliarden Euro an die Ukraine geliefert – Platz eins. Unter den schweren Waffen befinden sich Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, Flugabwehrsysteme, Haubitzen, Mi-17-Hubschrauber und Ghost-Drohnen. Neu hinzu kommen Schützenpanzer vom Typ Bradley, wie US-Präsident Joe Biden jetzt angekündigt hat. Militärexperten schreiben vor allem den Himars-Mehrfachraketenwerfern eine große Wirkung zu. „Die Himars konnten Ziele bis zu 70 Kilometer hinter der russischen Frontlinie zerstören. Mit den Himars und den deutschen Raketenwerfern vom Typ Mars II ist die gesamte ukrainische Gegenoffensive ab August 2022 vorbereitet worden“, sagt Carlo Masala von der Hochschule der Bundeswehr in München. „Damit wurden zum Beispiel russische Munitionsdepots komplett zerstört. Die Russen hatten Probleme, Nachschub zu ihren Stellungen zu bringen.“

Doch auch die US-Aufklärung hat den Ukrainern im Krieg bedeutende Vorteile verschafft. „Sehr wichtig ist die aufklärungsbasierte Information der Amerikaner. Dazu gehören Satellitenbilder, Handyortung und auch der Austausch von Geheimdienstinformationen. Das hilft den Truppen, ihre Ziele präzise zu treffen“, sagt der frühere Bundeswehrgeneral Hans-Lothar Domröse. „Dass die ukrainischen Verbände die russischen Truppen nördlich vonKiew zu Beginn des Krieges zurückschlagen konnten, führen Militärs auf die hervorragenden Aufklärungsergebnisse der Amerikaner und Briten zurück.“

Großbritannien: Mit einem Volumen von 4,1 Milliarden Euro ist Großbritannien der zweitgrößte Waffenlieferant für die Ukraine. Die Regierung in London hat Kiew unter anderem Mehrfachraketenwerfer vom Typ M270, Tausende Panzerabwehrwaffen, Hunderte Kurzstreckenraketen, gepanzerte Fahrzeuge sowie einige Flugabwehrsysteme vom Typ Starstreak geliefert oder zugesagt. „Das Vereinigte Königreich hat als einer der ersten Staaten angefangen, bodengestützte Seeraketen an die Ukraine zu liefern. Diese haben mit dazu beigetragen, die russische Schwarzmeerflotte auf Distanz zu halten“, betont Masala. Aber auch bei der Ausbildung hat London stark geholfen. „Sowohl Briten wie Amerikaner haben die Ukrainer seit der Krim-Annexion 2014 sehr intensiv ausgebildet. Das macht sich jetzt für die Ukraine bezahlt“, erklärt Domröse, der eine Nato-Einheit leitete.

Deutschland: Die Bundesrepublik liegt mit Waffenlieferungen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro an dritter Stelle. Darunter befinden sich schwere Waffen wie fünf Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II, 14 Panzerhaubitzen 2000, 30 Flakpanzer Gepard oder das Luftverteidigungssystem Iris-T. Insbesondere das bodengestützte Luftabwehrsystem Iris-T wurde in der Ukraine hochgelobt. „Iris-T ist in der Lage, über einer mittelgroßen ukrainischen Stadt eine Art Flugverbotszone zu errichten.“ Das System solle eine Trefferquote von 100 Prozent haben, unterstreicht Masala. „Die Geparden haben zudem dafür gesorgt, dass die Russen keine Hubschrauber mehr einsetzen konnten“, fügt Domröse hinzu.

Die Bundesregierung hat die zusätzliche Lieferung von Marder-Schützenpanzern sowie einer Patriot-Luftabwehrbatterie angekündigt. Es soll sich dabei um 40 Marder handeln. „Die Marder-Entsendung wird es der Ukraine ermöglichen, bei ihren Offensiven und Gegenoffensiven ihre eigenen Soldaten besser zu schützen, wenn sie ins Kampfgebiet fahren. Das erhöht die militärische Bewegungsschnelligkeit“, analysiert Experte Masala.

Polen: Das Land war im Westen einer der Schrittmacher für mehr Militärhilfe an die Ukraine. Polen hat 1,8 Milliarden Euro hierfür reserviert und liegt damit auf Rang vier. Die Regierung in Warschau ist einer der Teilnehmer des Ringtauschverfahrens: Sie gibt alte Waffen sowjetischer Bauart ab und erhält modernes westliches Gerät, auch von der Bundeswehr. „Polen hat vor allem in großen Mengen sowjetische T-72-Kampfpanzer sowie BMP-Schützenpanzer an die Ukrainer geliefert. Das hat die Kampfkraft der Ukrainer deutlich erhöht“, resümiert Masala.

Kanada: Das nordamerikanische Land steht mit einer Militärhilfe über 1,4 Milliarden Euro an fünfter Stelle. Die schwersten Waffen, die Kanada bislang geschickt hat, sind einige Artilleriegeschütze vom Typ M-777. Zudem stellte Ottawa Tausende Raketenwerfer, Handgranaten und Munition zur Verfügung.

Norwegen: Oslo verschickte Waffen im Wert von 0,6 Milliarden Euro in die Ukraine, liegt damit auf Rang sechs. Das Land lieferte 22 Panzerhaubitzen des Typs M109 sowie Munition und Ersatzteile. Zuvor hatte die Regierung in Oslo unter anderem knapp 100 Flugabwehrraketen vom Typ Mistral, 4000 Panzerabwehrraketen, 2000 Panzerabwehrhandwaffen vom Typ M72 und Schutzausrüstung in die Ukraine versandt.

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