Stuttgart. Für die Krankenhäuser im Land war das Jahr 2022 kein gutes: Aktuell hat die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) den BWKG-Indikator veröffentlicht – an der Befragung hatten 120 von insgesamt 197 Mitgliedseinrichtungen teilgenommen. Das entspricht einem Anteil von 61 Prozent.
Danach erwarten 74 Prozent der Klinikverantwortlichen für 2022 rote Zahlen. Acht von zehn Kliniken (79 Prozent) bezeichnen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als schlecht, und 84 Prozent erwarten eine weitere Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten. Was sind die drängendsten Baustellen, mit denen die Kliniken zu kämpfen haben? Ein Überblick.
Energiekrise
Dass die Bundesregierung eine milliardenschwere Entlastung der Kliniken von den steigenden Energiekosten zugesagt hat, begrüßt Heiner Scheffold, Vorstandsvorsitzender der BWKG. Die Hilfen würden allerdings „die finanzielle Situation der Krankenhäuser nicht grundlegend verbessern, weil die Hilfen nicht zielgenau sind“. Schwierig zu finanzieren seien nach wie vor die durch die Energiekostensteigerung mittelbar ausgelösten Preissteigerungen, etwa bei Lebensmitteln, Dienstleistungen und medizinischen Produkten. Praktisch alle Lieferanten und Vertragspartner der Krankenhäuser hätten in den vergangenen Wochen und Monaten die Preise erhöht, so Scheffold.
Corona-Pandemie
Verschärft werde die finanzielle Situation der Kliniken durch die auslaufenden Corona-Schutzschirme, so Scheffold. Denn eine Absicherung gegen sinkende Fallzahlen durch die Pandemie gibt es für 2023 nicht mehr. Die Krankenhäuser müssen das Risiko schwankender Behandlungszahlen tragen, wenn etwa durch Krankheitsfälle beim Personal nicht so viele Patienten wie erwartet behandelt werden können.
Personalmangel
Nach Zahlen des BWKG-Indikators geben etwa drei Viertel (74,8 Prozent) der Mitgliedseinrichtungen an, dass es schwierig oder eher schwierig ist, freie Stellen im ärztlichen Dienst wieder neu zu besetzen, im Pflegedienst sind dies sogar 90,8 Prozent. Hauptkritikpunkte sind nach wie vor der große bürokratische Aufwand und die Dokumentationspflicht, die insbesondere von den Pflegekräften angemahnt wird, weil somit weniger Zeit für die Fürsorge der Patienten bleibt.
Patientenversorgung
Als „deutliches Alarmsignal“ bezeichnet es der Vorstandsvorsitzende, dass geplante Operationen oder Behandlungen verschoben werden müssen. So geben 66 Prozent der Krankenhausgeschäftsführer an, dass die Wartelisten für planbare Eingriffe im Vergleich zum Vorjahr länger geworden sind. Schon vor der Pandemie konnten die Krankenhäuser zehn bis 15 Prozent der Betten wegen des Personalmangels nicht belegen. In der Pandemie mussten immer wieder Kapazitäten für schwer kranke Covid-19-Patienten freigehalten werden. Jetzt sind es vor allem Ausfälle von Mitarbeitern, die selbst krank sind oder sich um ihre kranken Kinder kümmern müssen.
Reformdruck
Grundsätzlich hält die BWKG die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für sinnvoll. Wenn die Reform sich auf die Anzahl und die Struktur der Krankenhäuser auswirkt, darf sie nach Meinung Scheffolds nur im Einvernehmen mit den Ländern umgesetzt werden. Voraussetzung sei zudem, dass die Finanzierung der jetzigen Strukturen sichergestellt wird. Außerdem dürfe Baden-Württemberg nicht für den schon weit fortgeschrittenen Strukturwandel bestraft werden. Wichtig sei, dass der Diskurs über die Reformvorschläge zügig geführt werde.
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