Jahreswechsel

Silvesterfeuerwerk dulden oder verbieten?

Ins neue Jahr starten ohne Feuerwerk? Die Deutsche Umwelthilfe fordert genau das - und schlägt kleine Alternativen vor. Doch manche bezeichnen ein Verbot als "kurzsichtig". Die Meinungen gehen auseinander

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Renate Allgöwer
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Abgebrannte Böller liegen nach der Silvesternacht häufig auf den Straßen herum. © dpa

Stuttgart. Arne von Boetticher aus der Heilbronner Gegend ist ein begeisterter Feuerwerker. „Ein Silvesterfeuerwerk weckt Kindheitserinnerungen. Die Lichteffekte sind faszinierend wie ein Lagerfeuer.“ Tradition ist ein zu schwaches Wort. Für ihn hat ein Feuerwerk geradezu „archaischen Charakter“. Das mag er nicht missen.

Die Deutsche Umwelthilfe hat nun allerdings erneut ein Verbot gefordert: Es soll „ein für alle Mal ein Ende der archaischen Silvesterböllerei geben“, sagt Jürgen Resch, der Geschäftsführer der Umwelthilfe. Gemeinsam mit einem Bündnis, dem Ärzte, Tierschützer und die Gewerkschaft der Polizei angehören, fordert die Umwelthilfe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf: „Schluss mit der sinnlosen privaten Böllerei! Schützen Sie endlich unsere Tiere, unsere Gesundheit und unsere Umwelt.“

„Nie sind unsere Städte und Dörfer so schmutzig wie in den Stunden nach dem Jahreswechsel“, klagt Resch. Die Aktivisten führen neben dem Abfall die hohe Belastung durch Feinstaub an, die verstärkt zu Atemwegsinfektionen führen könne. Sie warnen vor der Verletzungsgefahr durch Knallkörper. Tiere würden in Panik geraten - in den Wäldern, Ställen oder Häusern. Die Peta-Vertreterin Jana Hoger sprach von einer Häufung von Wildunfällen durch verängstigte Wildtiere. Der Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen sagt: „Feuerwerk ist unvernünftig. Man sollte es einfach beenden.“

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Die Aktivisten wollen – wie in Dänemark – nur Tischfeuerwerk und Wunderkerzen zulassen. Auch Lichtinstallationen oder Drohnenballette sind für sie denkbar.

„Das weckt Erinnerungen“

So etwas kommt für Timm Schmitt nicht infrage. Der Mittvierziger heißt in Wirklichkeit anders. Er brennt mit Leib und Seele für sein Silvesterfeuerwerk. „Von Kind auf haben wir Feuerwerke gemacht. Das weckt Emotionen und Erinnerungen“, sagt der Mann aus dem Nordschwarzwald. Je nach Budget gibt er zum Jahreswechsel 1000 bis 2000 Euro dafür aus. Dann macht er auf einer Wiese zehn bis 20 Minuten ein Feuerwerk, das auch die Nachbarschaft begeistert. „Das ist einmal im Jahr ein besonderes Erlebnis.“

Das geht Schmitt mit „Hirn und Verstand“ an. Bis das Feuerwerk abgebrannt ist, gilt für ihn Alkoholverbot. „Das Erlebnis würde ich mir auch nicht verbieten lassen“, sagt er und räumt freimütig ein, dass er auch in den vergangenen beiden Jahren ein Feuerwerk zusammengebracht hat. „Es gab Mittel und Wege, sich das Material woanders zu kaufen. Die hat man genutzt.“ Schmitt kennt sich aus, doch er sagt, ein Verbot wäre kontraproduktiv, denn diese Wege nutzen auch Leute, die nicht wissen, was sie kaufen, und dann wird es gefährlich.

Auch Christof Gohl von der Firma Feuerwerk Stuttgart hält ein Verbot für kurzsichtig. „Der Handel mit illegalem Feuerwerk hat in den Verbotsjahren massiv zugenommen. Es gab viele Schwerverletzte“, sagt Gohl und folgert: „Man sollte die illegalen Feuerwerke verbieten.“

Die Hobbypyrotechniker reisen bei Verboten auch ins benachbarte Ausland und rüsten sich dort für den Jahreswechsel aus. Wirtschaftlich wäre für den Händler ein erneutes Verbot privater Feuerwerke das Ende: „Das würde die Firmenschließung bedeuten.“ Gohl führt an, dass die Umweltverschmutzung deutlich geringer sei als von der Umwelthilfe behauptet. Doch auch er sieht die Probleme: „Ich sage jedem Kunden, nach dem Feuerwerk räumt ihr euren Müll auf.“ Auch die Produzenten denken um. Knaller findet Gohl selbst problematisch. Es gebe aber bereits geräuschreduzierte Shows.

Firmen denken um

Arne von Boetticher hat ebenfalls beruflich mit Feuerwerken zu tun. Er ist in der Geschäftsleitung des Cleebronner Feuerwerksunternehmens Zink und bestätigt: „Die lauten Böller sind schon viel weniger geworden.“ Überhaupt glaubt er, der Trend könnte von der Masse weggehen – auch aus Kostengründen: „Vieles wird in diesem Jahr deutlich teurer werden.“

Von Boetticher meint, einzelne Raketen könnten die inzwischen weit verbreiteten Batterien ersetzen. „Die Batterien erzeugen viel mehr Rauch und setzen viel mehr Pulver ein“, erklärt er, lauter seien sie auch. Wie der Stuttgarter Christof Gohl erwartet der Cleebronner auch, dass die Forderungen der Umwelthilfe verpuffen. „Wir sind zuversichtlich, dass es dieses Jahr kein Verbot gibt“, sagt er.

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