Ein Krieg im Osten Europas, große Probleme in der Energieversorgung, rasant gestiegene Preise, ein bisher ungebremster Klimawandel und schließlich der Wiederanstieg der Coronazahlen – es gibt aktuell ein ganzes Bündel von Krisen. Wie reagieren darauf die Menschen in Baden-Württemberg?
Der BaWü-Check, eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, gibt Antworten auf diese Frage. Die Untersuchung entstand im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage.
Zukunftssorgen
Insbesondere der Ukraine-Krieg und die Inflationssorgen beeinflussen die Stimmungslage der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg massiv. Der Zukunftsoptimismus verharrt weiterhin auf einem historischen Tiefststand. Nach wie vor sieht nur knapp jeder vierte Baden-Württemberger den kommenden zwölf Monaten mit Hoffnungen entgegen, die große Mehrheit bleibt tief besorgt: Knapp jeder Dritte blickt mit ausgeprägten Befürchtungen auf die nächsten Monate, ebenso viele mit Skepsis. Damit liegt die Zuversicht in Baden-Württemberg unter dem Durchschnitt im Bundesgebiet: In einer zur gleichen Zeit durchgeführten bundesweiten Befragung waren 28 Prozent der Bevölkerung für die kommenden Monate zuversichtlich gestimmt.
Landesweite Umfrage
- Der BaWü-Check ist eine Umfrage der Tageszeitungen in Baden-Württemberg, die das Institut für Demoskopie Allensbach durchführt.
- In der Zeit vom 8. bis zum 14. Juni 2022 wurden in Baden-Württemberg 1068 erwachsene Personen online befragt.
- Die Teilnehmer erhielten eine E-Mail und konnten über einen Link zum Fragebogen gelangen. Dieser umfasste 13 Fragen. Die Teilnehmer konnten dabei vorgegebene Antworten anklicken.
- Befragt wurden Personen ab 18 Jahren aus der deutschsprachigen Bevölkerung in Baden-Württemberg. Die repräsentative Stichprobe wurde durch eine nach Geschlecht, Alter, Schul-abschluss und Regierungsbezirk geschichtete Zufallsauswahl ermittelt, erklärt das Institut für Demoskopie in Allensbach.
Preisanstieg
Als besonders belastend empfindet die Bevölkerung die Inflation bei den Kosten für Benzin, Strom, Lebensmittel und Heizen. Entsprechend versucht ein Großteil von ihnen, auch gerade hier sparsamer zu sein und sich einzuschränken – mit Spritsparen, weniger Restaurantbesuchen, Einschränkungen beim Kleiderkauf, Verzicht auf Reisen und dem kostenbewussten Einkaufen von Lebensmitteln. Viele drosseln ihren Stromverbrauch oder unternehmen weniger in ihrer Freizeit. Personen, die sich von den Preissteigerungen besonders stark belastet fühlen, schränken sich in allen Bereichen weit überdurchschnittlich ein. Insbesondere bei den Ausgaben für Lebensmittel und Kleidung, aber auch für Urlaube, Genussmittel und Hobbys versucht sich dieser Personenkreis überdurchschnittlich einzuschränken.
Mehrausgaben des Staates
Bundesweite Umfragen des Allensbacher Instituts zeigen, dass die Bevölkerung infolge der Aneinanderreihung von Krisen die finanzielle Lage des Staates aktuell deutlich kritischer einschätzt als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Dennoch sehen die Bürger beim Staat nur geringe Einsparpotenziale.
Im Gegenteil: Die große Mehrheit der Bevölkerung fordert von der baden-württembergischen Landesregierung in vielen Bereichen Mehrausgaben. Dies gilt insbesondere für Gesundheitseinrichtungen, Schulen, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, die Ausstattung der Polizei, die Forschungsförderung, den Klimaschutz sowie für öffentliche Einrichtungen. Jeweils rund drei Viertel fordern zudem höhere Ausgaben für die Ausstattung der Polizei, für die Förderung von Forschungsvorhaben sowie für Maßnahmen zum Schutz von Klima und Umwelt.
Umgekehrt gibt es nur wenige Bereiche, in denen die Bevölkerung Einsparpotenziale sieht. Am ehesten noch bei großen Bauvorhaben, bei kulturellen Einrichtungen sowie der Sportförderung. So meinen 78 Prozent, dass Baden-Württemberg bei großen Bauprojekten eher sparen sollte. 63 Prozent finden, dass auch bei Kultureinrichtungen wie Theater und Museen eher Geld gespart als ausgegeben werden sollte. Bereiche, in denen sich aus Sicht der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung Sparmaßnahmen verbieten, sind Gesundheitseinrichtungen und Schulen.
Viel Unmut über Bürokratie
Das Thema Bürokratieabbau ist zwar fester Bestandteil von Wahlkämpfen und Parteiprogrammen, in der politischen Praxis werden die geäußerten Forderungen jedoch nur selten konkretisiert. Die Bevölkerung würde den Abbau bürokratischer Hürden mit breiter Mehrheit unterstützen, zu groß ist der Unmut über staatliche Regelungen und Verordnungen.
Ein Bereich, in dem derzeit besonders intensiv über den Abbau staatlicher Vorgaben diskutiert wird, ist der Ausbau der Infrastruktur für die Energieversorgung. Um insbesondere die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, gibt es verschiedene Vorschläge. So wird unter anderem darüber diskutiert, Abstriche beim Natur- und Umweltschutz zu machen oder auch die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger einzuschränken. Gegenüber beiden Vorschlägen gibt es erhebliche Vorbehalte: Nur 31 Prozent würden es begrüßen, wenn es beim Klima- und Umweltschutz weniger strenge Auflagen gäbe. Ebenfalls nur 31 Prozent halten es für einen guten Vorschlag, die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger einzuschränken.
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