Energie

Das Land setzt auf grünen Wasserstoff

Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral sein. Ministerpräsident Kretschmann fordert vom Bund den Bau von sechs Hauptpipelines für Wasserstoff bis zum Jahr 2032

Von 
Kai Holoch
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Die Politik baut große Hoffnungen auf die Produktion von grünem Wasserstoff. Unabdingbar ist jedoch auch ein funktionierendes Wasserstoffnetz. © dpa

Stuttgart. Bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral sein. Um das zu schaffen, müssen nicht nur die Effizienz des Energieeinsatzes verbessert sowie Strom vorrangig aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Soll das Ziel erreicht werden, braucht das Land auch jede Menge grünen Wasserstoff, also Wasserstoff, der mithilfe von grünem Strom erzeugt wird.

Diesem zentralen Baustein des anstehenden Transformationsprozesses hat Winfried Kretschmann am Donnerstag seine Regierungserklärung „Wasserstoffland Baden-Württemberg“ gewidmet. Für den Ministerpräsidenten steht fest, dass das Potenzial von grünem Wasserstoff gewaltig ist, denn er sei ein „echter Alleskönner“.

Kretschmann: „Mit grünem Wasserstoff und seinen Derivaten kann man Motoren in Gang setzen, Kraftwerke betreiben, Stahl produzieren oder fossile Rohstoffe ersetzen, zum Beispiel in Kunststoffen, Arznei- oder Düngemitteln – und dies alles klimaneutral.“ Wichtig sei außerdem, dass man Wasserstoff über größere Strecken transportieren und über lange Zeiträume speichern könne.

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Walter Serif
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Noch sei Wasserstoff knapp und teuer. Doch das werde sich in den kommenden Jahren weltweit ändern. Je mehr Wasserstoff produziert werde, desto günstiger werde dieser. In der ersten Entwicklungsphase – dem technischen Hochlauf des grünen Wasserstoffs – könnten die rund 90 bereits existierenden Unternehmen, die sich im Land mit Wasserstoff und Brennstoffzellen beschäftigen, mit ihrer Kompetenz zu weltweit führenden Exporteuren von Wasserstofftechnik entwickeln. Um den bereits existierenden Wissensvorsprung zu verteidigen, seien zudem rund 20 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auf höchstem Niveau tätig.

In dieser ersten Phase müsse das Land selber grünen Wasserstoff in größeren Mengen produzieren, um die Forschung zu ermöglichen und um Wertschöpfungsketten aufbauen zu können.

Später dann importieren

Klar sei aber, dass das Land in einer späteren Phase grünen Wasserstoff in größeren Mengen importieren müsse, weil er anderswo günstiger produziert werden könne. Kretschmann machte deutlich: „Wir sind ein Energieimportland, und wir bleiben ein Energieimportland. Deshalb ist es unsere Aufgabe und Verantwortung, die Versorgung unseres Landes mit grünem Wasserstoff vorzubereiten.“ Dabei gehe es um eine der „großen, entscheidenden Weichenstellungen für die kommenden Jahrzehnte, vergleichbar mit der Schiffbarmachung des Neckars oder dem Bau des Strom- und Gasnetzes im Land: Genauso werde in den kommenden Jahren ein örtliches, regionales, nationales und internationales Wasserstoffnetz entstehen.

Schnelles Startnetz nötig

Kretschmann fordert, der Wasserstoff müsse schnell da ankommen, wo er besonders gebraucht werde, nämlich „in den industriellen Zentren der Republik, also hier bei uns in Baden-Württemberg“. Deshalb begrüßt der Regierungschef die Entscheidung der Bundesregierung, ein Wasserstoffstartnetz bis zum Jahr 2032 aufzubauen.

Dabei müssten, so seine Forderung, in Baden-Württemberg an sechs Leitungen berücksichtigt werden. Neben dem Ausbau der wasserstofffähigen süddeutschen Erdgasleitung SEL gehörten auch die Nord-Süd-Pipelineverbindung vom Rheintal nach Baden-Württemberg und deren Fortführung zur Schweizer Grenze dazu. Auch der Bodenseeraum müsse ans Wasserstoffnetz angebunden und das grenzüberschreitende Projekt Rhyn Interco bei Freiburg berücksichtigt werden. Zudem seien eine Leitung zur Nord- und eine zur Ostsee notwendig. Bis Ende des Jahres will die Landesregierung die Rechtsgrundlage für eine umfassende Planung des Wasserstoffnetzes schaffen.

An Rhein und Neckar arbeiten 13 Projektpartner in den Projekten „H2Rivers“ und „H2Rhein-Neckar“ an der Wasserstoffmobilität der Zukunft. Sie zeigen, wie die wasserstoffgestützte Mobilität der Zukunft konkret funktioniert – von der Wasserstoffproduktion mit Hilfe von Elektrolyse über Wasserstofftankstellen bis hin zu Fahrzeugen wie Lkw, Bussen oder Müllwagen.

In Stuttgart wird an der Luftfahrt der Zukunft gearbeitet – an einem Wasserstoff-Passagierflugzeug, das eine Reichweite von bis zu 2000 Kilometern haben und 40 Menschen transportieren soll. Das Thema Brennstoffzelle ist eine Schlüsseltechnologie: Hier arbeiten das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung daran, wie man Brennstoffzellenprodukte in einer Modellfabrik in Serie herstellen kann.

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