Mannheim. Das grenzte fast schon an eine Liebeserklärung, wie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann den „Alleskönner“ Wasserstoff in den Himmel gelobt hat. Nebenbei rückte Kretschmann im Stuttgarter Landtag das in seinen Augen schiefe Bild vom Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“ gerade. Schief deshalb, weil Wasserstoff zwar auch knapp und teuer, aber anders als Champagner – den der Schwabe Kretschmann für Luxus hält – nicht verzichtbar ist.
Allerdings ist das Bild, das Kretschmann während seiner Regierungserklärung entworfen hat, von einem Optimismus geprägt, der an die Aufbruchstimmung erinnert, die er nach seinem Amtsantritt 2011 überall im Land verbreitete. Fakt ist aber, dass Baden-Württemberg große Probleme hat, seinen Energiebedarf zu decken, weil auf den Stromautobahnen immer wieder Staus entstehen. Das ist Gift für die Industrie, die sich auf die Energiewende einstellen und erfahren muss, dass selbst das grüne Musterländle beim Ausbau der Wind- und Solarenergie eigene Fehler gemacht hat – die die Landesregierung aber lieber Ex-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier anlastet.
Allerdings gibt Baden-Württemberg in letzter Zeit wieder Gas. Auch Kretschmann zeigt mehr Elan und bringt seine Leute auf Trab, die das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren erhöhen sollen. Kretschmann muss nur aufpassen, dass er die Erwartungen, die er geweckt hat, auch einlösen kann.
Dass beim Wasserstoff ein großer globaler Markt entstehen wird, an dem auch die Wirtschaft in Baden-Württemberg verdienen kann, stimmt natürlich. Sie kann zu einem der führenden Exporteure von Wasserstofftechnik werden. Eine Riesenchance, wie Kretschmann zu Recht meint. Aber der Bedenkenträger erinnert sich: Ähnliches hat Kretschmann auch über Wind- und Solartechnik gesagt. Das Ergebnis ist bekannt. Deshalb wäre es schon ein Fortschritt, wenn die Wirtschaft wenigstens genügend Wasserstoff bekommen würde. Wir brauchen mehr Pipelines, aber keine Luftschlösser. Denn ohne genügend Grünen Wasserstoff funktioniert die Energiewende nicht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bitte mehr Champagner!
Dass beim Wasserstoff ein großer globaler Markt entstehen wird, an dem auch die Wirtschaft in Baden-Württemberg verdienen kann, stimmt natürlich. Walter Serif über Winfried Kretschmanns Wasserstoffstrategie