Wiesbaden. Die Kriminalitätsbelastung geht in Hessen von Jahr zu Jahr zurück. Dennoch klagen weiterhin Bürger gerade in den Städten über „Angsträume“ – schummerige Orte, an denen sie sich bedroht fühlen. Helfen Waffenverbotszonen gegen dieses nicht mess- und faktisch belegbare, subjektive Bedrohungsgefühl? Das Interesse der hessischen Kommunen an der Einrichtung solcher Zonen bleibt verhalten.
Um für mehr Sicherheit in der Bevölkerung zu sorgen, schuf die Stadt Wiesbaden Anfang des Jahres 2019 die erste Waffenverbotszone in Hessen. In Kassel gibt es nach Angaben des Innenministeriums konkrete Prüfungen für ein ebensolches Vorhaben.
Die nordhessische Stadt stehe dazu im Austausch mit Vertretern der Landespolizei, teilte ein Sprecher in Kassel der Deutschen Presse-Agentur mit. Ein abschließendes Ergebnis, ob das Vorhaben umgesetzt wird, gebe es aber noch nicht. Dem hessischen Städte- und Gemeindebund liegen derweil keine Hinweise über weitere konkrete Initiativen vor, wie Geschäftsführer David Rauber der dpa erklärte.
In Wiesbaden konnten nach Angaben des Innenministeriums bis Ende vergangenen Jahres 172 verbotene Waffen in den Straßen und auf den Plätzen der mit Hinweisschildern markierten Zone sichergestellt werden. Darunter waren 137 Messer. Wegen der Corona-Pandemie sei der Großteil dieser Sicherstellungen in das Jahr 2019 gefallen.
Polizei-Gewerkschaft skeptisch
In den beiden Folgejahren habe es gerade während der Lockdown-Zeiten weniger Menschen auf den Straßen und damit auch weniger Kontrollen durch Landes- und Stadtpolizei in der Waffenverbotszone gegeben. Deshalb seien auch weniger Waffen sichergestellt worden, erklärten die Experten des Innenministeriums.
In Hessen wurden bereits im Juni 2018 die nötigen Voraussetzungen geschaffen, damit Kommunen Waffenverbotszonen an bestimmten Plätzen einrichten können. Die Erwartungshaltung an die Waffenverbotszone war und ist nach Angaben der Sicherheitsbehörden, dass durch einen hohen Kontrolldruck und die präventive Sicherstellung von Waffen und gefährlichen Gegenständen Taten, Tatgelegenheiten oder zumindest die Schwere von Taten reduziert werden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) steht der Einrichtung von Waffenverbotszonen im Land zurückhaltend gegenüber. Es bleibe abzuwarten, ob Wiesbaden wirklich eine Vorbildfunktion für Hessen einnehmen könne, sagte GdP-Landeschef Jens Mohrherr der Deutschen Presse-Agentur. Die Einrichtung dieser Verbotszonen bedeute auch, dass entweder Polizisten von anderen Orten abgezogen oder mehr eingestellt werden müssten. „Mehr Kontrolldruck bedeutet auch mehr Personal.“
Mohrherr verwies auch darauf, dass die Sicherheit in den Städten und Gemeinden nicht alleine durch die Landespolizei gewährleistet werden könne. Um für ein besseres Sicherheitsgefühl der Menschen zu sorgen, gehe es etwa auch um eine bessere Beleuchtung einzelner Straßen und Plätze sowie eine Ausweitung der Videoüberwachung und die Stärkung der Verkehrs- und Stadtpolizei. Die hessische Landesregierung sollte jedoch grundsätzlich für den Doppelhaushalt 2023/24 mehr Stellen für die Polizei schaffen.
Der Hintergrund für die Einrichtung der Waffenverbotszone in Wiesbaden war eine deutliche Zunahme von Vorfällen mit Messern, die über Jahre in der polizeilichen Kriminalstatistik dokumentiert wurden. Die Stadt Wiesbaden hatte für die Jahre 2019 bis 2021 zur Weiterentwicklung einen Evaluationsbericht der Waffenverbotszone angefertigt. Da es wegen der pandemischen Lage in der Zeit mit Lockdown-Phasen aber keine aussagekräftigen Ergebnisse gab, wurde beschlossen, den Zeitraum der Evaluation um die Jahre 2022 bis 2024 zu verlängern.
Das Innenministerium betont, dass die Sicherheit im öffentlichen Raum ein dauerhafter Schwerpunkt der hessischen Polizei sei. Um mehr Präsenz vor Ort zu zeigen, werde die Zahl der Ordnungshüter weiter deutlich ausgebaut. Zudem seien bereits in 20 Städten 28 Schutzbereiche mit 299 Kameras zur Sicherung öffentlicher Straßen und Plätze in Betrieb.
Die Sicherheitsinitiative „Kompass“ werde zudem deutlich ausgeweitet. Ziel der Initiative ist, im Netzwerk von Polizei, Kommunen und Bürgern die Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl vor der Haustür zu optimieren. Wichtige Bausteine sind etwa Videoüberwachung, Schutzmänner vor Ort und der freiwillige Polizeidienst. lhe
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/politik_artikel,-laender-bringen-waffenverbotszonen-sicherheit-_arid,1982914.html