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Wie Michael und Uli Roth zeitgleich an Prostatakrebs erkrankten

Beide wurden geheilt: Auf der mobilen Babbelbank erzählen die Zwillingsbrüder und Handballspieler Michael und Uli Roth über ihre Prostata-Krebserkrankung

Von 
Roland Schmellenkamp
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Gespräch auf der Babbelbank: Michael und Uli Roth (v.l.), Patrick Hobeck, Frauke Hess und Katja Linke. © Roland Schmellenkamp

Viernheim. Krebs ist eine ernste Angelegenheit – doch bei der Premiere der „mobilen Babbelbank“ wurde im „Treff im Bahnhof“ (TiB) auch herzlich gelacht. Michael Roth sagte, dass er noch Geschlechtsverkehr ausüben kann, aber ohne Samenerguss. Für Erheiterung sorgte der laute Kommentar einer Frau unter den rund 30 Besuchern: „Saubere Sache!“

Die Zwillingsbrüder Michael und Uli Roth erkrankten mit 47 Jahren fast zeitgleich an Prostatakrebs, beide konnten geheilt werden. Ein Grund dafür war, dass Ärzte die Krankheit im Frühstadium entdeckt hatten. Heute steuern die Ex-Handballer – sie gewannen 1984 mit der Handball-Nationalmannschaft Silber bei den Olympischen Spielen in Los Angeles – auf die Rente zu.

Seit ihrer Genesung haben sie ein Ziel: Sie wollen „Mutmacher gegen Krebs“ sein und Männer über 45 dazu bewegen, regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Moderatorin Frauke Hess sprach die beiden auf ihre Aussage „Der PSA-Test hat uns das Leben gerettet!“ an. Uli Roth: „Der PSA-Blutwert weist darauf hin, dass etwas nicht stimmt.“ Wenn der Wert des in der Prostata entstehenden Proteins erhöht ist, schauen die Ärzte genauer nach der Ursache, zum Beispiel mit Ultraschalluntersuchung oder MRT. Bruder Michael betont: „Es ist ein stiller Krebs, man spürt ihn erst, wenn es zu spät ist.“ Deshalb sei die Tastuntersuchung auch weniger geeignet für Früherkennung.

„Ab 50 steigt das Risiko“

Patrick Hobeck, Professor am Uniklinikum in Mannheim, ergänzt: „Bei Männern um 35 ist die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs verschwindend gering. Ab 50 steigt das Risiko. Wir empfehlen Vorsorge ab 45, bei Risikofaktoren auch ab 40 Jahren.“ Michael Roth sagt: „Unser Papa hatte mit 72 Prostatakrebs. Es ist fast bewiesen, dass er genetisch übertragbar ist.“

Was alle Teilnehmer der „mobilen Babbelbank“ ärgert: Kassenpatienten müssen derzeit 25 Euro für den PSA-Test zahlen, Privatpatienten bekommen ihn meist bezahlt. Die Allgemeinmedizinerin Katja Linke weist auf die hohen Kosten von 20 000 bis 50 000 Euro pro Tag bei Krebspatienten im Endstadium hin. Mit anderen Worten: Investition in die Früherkennung spare den Krankenkassen auch Geld.

Die Zwillinge haben ein Buch über ihre Erkrankung geschrieben, es ist eines von wenigen Büchern über das Thema Prostatakrebs und in ihren Augen ein Beleg dafür, wie wenig sich Männer dafür interessierten. Zumal die Brüder von ihrem Verlag die Auskunft bekommen haben, dass zwei Drittel der Käufe von Frauen getätigt werden – die das Buch ihrem Mann in die Hand drücken. Dagegen gebe es rund 200 Bücher über Brustkrebs.

Das war das zweite Thema des Abends. Linke betonte: „Eigentlich muss man an Prostatakrebs nicht mehr sterben, bei Brustkrebs ist das ähnlich.“ Allerdings nur, wenn die Erkrankung früh erkannt wird. Linke weiß, wovon sie spricht: Sie hat Krebspatienten in ihrer Praxis und erkrankte 2010 selbst an Brustkrebs. Auch sie ist dank Früherkennung geheilt. Über die Männer sagt sie: „Oft kommen sie in meine Praxis und sagen ,Meine Frau hat mich geschickt!’“. Uli Roth dazu: „Männer gehen eher mit dem Auto in die Werkstatt, wenn es scheppert.“ Das würden sie auch häufig besser kennen als den eigenen Körper.

Michael Roth sagt zum Thema Vorsorgeuntersuchung: „An Prostatakrebs zu sterben, ist jämmerlich.“ Eine solche Erkrankung sei eine Belastung für die Psyche. Michael Roth erzählt: „Es gibt oft starke Typen, die mit der Diagnose ins Bodenlose fallen. Eher sensible Naturen werden häufig auf einmal stark.“ Katja Linke ergänzt: „Patienten die kämpfen und ein Ziel haben, packen die Erkrankung oft besser.“

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