Umwelt

Viernheims Engagement für grünes Stadtbild und Biodiversität

Für uns Viernheimer ist es irgendwie selbstverständlich, das viele Grün in der Stadt. Aber der Blick darauf, wie viel es insgesamt ist, und welcher Aufwand dafür betrieben wird, lohnt sich.

Von 
Martin Schulte
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Bannholzgraben: eine von zwei Flächen der Baumpflanztage. Insektenhotel inklusive. © Bernhard Kreutzer

Viernheim. Wer sich bei einer Fahrradtour kreuz und quer durch Viernheim einmal auf das Grün im öffentlichen Raum konzentriert, wird feststellen: Es ist unheimlich viel. Und er wird womöglich bedauern, dass so viele Menschen auf ihre Stadt schimpfen. Immer wieder großflächige Wiesen, Hecken, Sträucher, Bäume. Ja, die Stadtbäume, es müssen Hunderte sein. Die Stadt betreibt einen immensen Aufwand für das Grün, wie beim Amt für Stadtentwicklung und Umweltplanung (ASU) zu erfahren ist. Ein Perspektivwechsel.

Hunderte Stadtbäume? Von wegen. Es sind 8.277 an der Zahl. Unglaublich. Aber zu den Bäumen kommen wir noch. Am Besprechungstisch im neuen Rathaus sitzen Amtsleiterin und Diplom-Ingenieurin Annemarie Biermas sowie die beiden Landschaftsgärtner („Wir haben das von der Pike auf gelernt.“) Markus Zedlitz und Dirk Faltermann. Sie kümmern sich um die Grünpflege.

Dieser Termin im Rathaus hätte nicht besser fallen können. Denn just hat das ASU ein neues Grünpflegekonzept umgesetzt, wie Biermas erklärt. „Wir haben umgestellt von dem einen großen Dienstleiter, der zuvor für alles zuständig war, auf mehrere kleine. Und damit sind wir sehr zufrieden, sie arbeiten mit viel Liebe zum Detail und machen einen sehr guten Job.“

„Wiesen wachsen zu lassen, ist ökologisch sinnvoller“

Jetzt bekomme man für weniger Geld die gleiche Leistung, sagt die Chefin. Wie das? „Wir lassen einzelne Wiesen länger wachsen, lassen manche nur noch einmal im Jahr mähen. Das ist ökologisch sinnvoller, es ist gut für die Insekten und die Biodiversität“, erklärt Zedlitz.

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Wie der Zufall will, schneit punktgenau zu diesem Aspekt eine Pressemitteilung des BUND Viernheim in die Redaktion. Co-Vorsitzender Uwe Pfenning kritisiert darin das „rabiate“ Vorgehen der Stadt beim Mähen öffentlicher Grünflächen, er nennt etwa die großen, als Sickerflächen angelegten Wiesen im Bannholzgraben.

„Das hier vom BUND angesprochene ‚rabiate‘ Vorgehen im Bannholzgraben bei der Wiesenmad sollte differenzierter betrachtet werden. Je nach Flächennutzung werden unterschiedliche Arbeits- beziehungsweise Pflegearten ausgeführt“, erwidert Markus Zedlitz. Wiesenflächen, die als ökologische Ausgleichsflächen dienen, würden nur noch einmal im Jahr gemäht.

Gebläse rettet Insekten vor den Messern

Bei der Wiesenmad würden dann durch ein vor dem Mäher aufgesetztes Gebläse die Insekten schonend zum Aufbruch gebracht, damit sie nicht unter die Messer kommen. „Auf den intensiv genutzten Rasenflächen im Bannholzgraben, da, wo die Kids Fußball spielen, versuchen wir durch einzelne Maßnahmen, wie die Baumpflanztage, biodiversitätsfördernde Naherholungsgebiete zu schaffen. Dabei legen wir unser Augenmerk auch auf Beteiligung von Kindergärten, Schulen und Anwohnern, um eine möglichst große Akzeptanz zu schaffen“, so Zedlitz.

Im laufenden Jahr hat das ASU bereits 100 Bäume nachpflanzen lassen. Jeder Baum, der abgestorben ist, oder eine Gefahr für den Verkehr darstellt, wird ersetzt. Und mehr. „Und gegen Jahresende machen wir weiter“, sagt Annemarie Biermas. Junge Bäume werden bewässert, der tiefer wurzelnde Bestand muss selber klarkommen. Es sei denn es ist lange extrem heiß. Dann bekommen auch die alten Bäume Wasser.

Straßengrün: Die junge Vogelkirsche im Bannholzgraben bekommt, je nach Witterung, alle paar Tage 120 bis 150 Liter Wasser. © Martin Schulte

Den Großteil der Bewässerung übernimmt ein Dienstleister, aber der Stadtbetrieb (ehemals Bauhof) ist auch unterwegs. Gegossen wird je nach Witterung. Aber wenn, dann ordentlich. 120 bis 150 Liter bekommt ein junger Baum. Im laufenden Jahr hat allein die Stadt für 25.000 Euro Wasser ins städtische Grün gebracht. Zedlitz erklärt, dass die in einem gewissen Abstand zum Stamm montierten Kunststoff -Rondelle für ein langsames Einsickern an den Ballen sorgen. „Außerdem verhindern sie, dass die Rinde von Schneidgeräten beschädigt wird.“

„In der Regel kommt Parkplatz leider vor Baum“

Bei der Radtour durch Viernheim fällt deutlich auf: In der alten Kernstadt sieht es mit öffentlichem Grün nicht rosig aus. Sie ist sehr kompakt bebaut, auf zahllosen Grundstücken stehen Häuser in zweiter Reihe, die Innenhöfe sind versiegelt. Gerade hier wären Bäume sinnvoll fürs Mikroklima. „Wir arbeiten daran“, sagt die Amtsleiterin. „Aber Parkplatz kommt in der Regel leider vor Baum. Wir haben da schon viele Kämpfe gekämpft.“

Für die Grünpflege stehen dem ASU 800.000 Euro als Budget zur Verfügung. „Das reicht allerdings ganz und gar nicht. Wenn das Geld verbraucht ist, gehen wir bei anderen Ämtern betteln“, so Zedlitz. „Mitunter werden dort Projekte ins nächste Jahr verschoben, dann können wir davon profitieren“, ergänzt Biermas.

Nibelungenstraße: viele Bäume und insektenfreundlich blühende Stauden. © Bernhard Kreutzer

Das Amt ist den Bürgern dankbar, die aus freien Stücken die Bäume vor ihren Häusern bewässern. Damit es mehr werden, wird Viernheim in Kürze aufrufen, Baumpatenschaften zu übernehmen und selbst zu gießen. Die entsprechenden Bäume kann das Amt dann in den Gießtouren streichen.

Wie viel Wasser braucht denn so ein Jungbaum? 100 Liter in der Woche sollten es schon sein. Man sollte übrigens einen Brauseaufsatz am Schlauch benutzen, damit das Wasser langsam einsickern kann. Und abends gießen, wenn die Hitze sich verzogen hat. Die 100 Liter kosten rund 22 Cent.

Ähm, und wie weiß ich, wann 100 Liter durch sind? „Ganz einfach: Sie füllen einen Zehnlitereimer und stoppen die Zeit, dann mal zehn, und Sie wissen es“, erklärt Dirk Faltermann. Von der Pike auf gelernt.

Redaktion Reporter.

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