Viernheim. Am Anfang geht es für die meisten noch um nichts. „Ich wollte es einfach mal ausprobieren“, sagt zum Beispiel Maria Hanf. Aber dann packte auch sie der Ehrgeiz – wie die meisten, die das deutsche Sportabzeichen ablegen. 33 Abzeichen hat Hanf mittlerweile gesammelt. Noch mehr hat ihr Mitsportler Horst Schulz. Seine 48. Urkunde nahm der 87-Jährige am Freitagabend bei der Verleihung der Sportabzeichen im alten Viernheimer Ratssaal entgegen. So wie er und Hanf haben im vergangenen Jahr insgesamt 214 Viernheimer die sportliche Prüfung bestanden. Sie wurden dafür jetzt mit dem Abzeichen in Bronze, Silber oder Gold belohnt.
Bürgermeister Matthias Baaß hätte die Feier gern im neuen Rathaus stattfinden lassen. „Aber Sie sind einfach zu viele!“, sagt er lachend. Dabei war ein Großteil der zu ehrenden Sportler nicht anwesend, nämlich die 138 Schülerinnen und Schüler der Albertus-Magnus-Schule, die als einzige Viernheimer Bildungseinrichtung an der Prüfung teilgenommen hat. Zusätzlich zu ihnen haben noch 56 Erwachsene und 20 Kinder und Jugendliche sich der Herausforderung gestellt. „Das sind drei Kinder und Jugendliche und sechs Erwachsene mehr als im Jahr zuvor“, kann Sportabzeichen-Obmann Klaus Arp vermelden. Dazu kommen noch fünf Personen, die das Abzeichen für den Eintritt in den Polizeidienst brauchten.
Sportabzeichen in Viernheim
Die Teilnahme am Sportabzeichentraining ist kostenlos . Jeder darf mitmachen.
Die Gruppe trifft sich ab Oktober zum Wintertraining montags um 19 Uhr im Kraftraum der Waldsporthalle. Ab April geht es stattdessen freitags um 18 Uhr zum Training und zur Prüfungsabnahme ins Waldstadion.
Wer direkt zur Prüfung kommen möchte, kann das auch tun. Technische Disziplinen sowie Laufen werden geprüft am 17. Mai, 28. Juni und 30. August ab 9 Uhr und am 21. Mai, 25. Juni und 24. September ab 18 Uhr im Waldstadion . Am 17. Mai und 28. Juni wird um 8.30 Uhr, am 30. August um 9 Uhr die Prüfung Radausdauer (Achtung: Helmpflicht) mit Start an der Metropolitan International School abgenommen.
Infos gibt es unter viernheim.de , beim Amt für Kultur, Freizeit und Sport unter Telefon 06204/988272 oder bei Sportabzeichen-Obmann Klaus Arp unter Telefon 06204/9382702. mie
Was in Viernheim beeindruckt, ist aber nicht die Zahl der fünf Neulinge, die zum ersten Mal die Prüfung ablegten. Es sind vielmehr die Wiederholungstäter in der Gruppe der 80- bis 89-Jährigen. Mit 13 Personen machen sie einen großen Teil derjenigen aus, die sich das ganze Jahr über unter der Leitung der beiden ehrenamtlichen Trainer Maria Hanf und Gerald Kaiser treffen, um sich fit zu halten – und dabei auch alle Prüfungen für das Sportabzeichen ablegen.
Um fit zu bleiben fürs Tischtennis-Training
„Ich mache das eigentlich nur nebenher“, sagt Horst Schulz. Das Abzeichen sei nur sein Leichtathletik-Training, das er brauche, um für seine wahre Sportleidenschaft beweglich zu bleiben: Tischtennis. Die anderen lachen wissend. Eine Mitsportlerin betont, dass es ihr vor allem darum gehe, gelenkig zu bleiben. Wieder eine andere lockt das gemeinsame Trainieren. „Alleine würde ich nichts machen, aber in einer Gruppe ist es schön“, sagt die Viernheimerin, die auf diese Weise schon 26 Sportabzeichen gesammelt hat, quasi als Nebeneffekt. So wie sie sind viele begeistert von der freien Sportabzeichen-Trainingsgruppe, die sich im Winter in der Waldsporthalle und ab Ostern den ganzen Sommer jeden Freitagabend im Waldstadion trifft. Hier kann jeder dazukommen, trainieren und dabei nach und nach alle Prüfungen für das Abzeichen bestehen. „Als ich das erste Mal dort war, wurde ich gleich gefragt, ob ich danach noch mit den anderen etwas trinken gehe“, erzählt eine Sportlerin begeistert. „So eine Offenheit habe ich in anderen Gruppe noch nicht erlebt.“
Aber irgendwann wenden sich die Gespräche immer einem Thema zu: dem Ehrgeiz. Gold zu schaffen, ist das größte Ziel. Und das ist machbar. Wie schnell gerannt oder wie weit gesprungen werden muss, ist an Geschlecht und Alter angepasst. In jeder der vier Disziplinen Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination und Kraft muss der Prüfling nur einmal bestehen. Sei es im Weitsprung, Radsprint, Schleuderball, Laufen oder einer der vielen anderen Möglichkeiten, die das Sportabzeichen bietet. Nur eines ist für alle Pflicht: Den Schwimmnachweis zu erbringen – wofür es auch reicht, sich eine Viertelstunde schwimmend vorwärts zu bewegen.
Doch noch etwas anderes als Gold treibt viele an: „50 Abzeichen will ich schaffen“, sagt nicht nur Horst Schulz. Das haben sich viele vorgenommen. Auch Olga Lalli. „Als ich vor Jahren in der Zeitung von einer Viernheimerin gelesen habe, die 50 Abzeichen geschafft hat, habe ich ausgerechnet, wann sie angefangen haben muss – und ich war genau in dem Alter“, erzählt sie. Aber was auch immer sonst der Auslöser dafür gewesen sein mag: eine Scheidung, der Auszug der Kinder, die Bundeswehr oder das Gefühl, auf der Couch zu sitzen und sich zu fragen: „Das kann doch noch nicht alles gewesen sein?“ So erzählt es zumindest ein Sportler lachend. Einig sind sich am Ende alle in der Frage, wie lange sie noch das Abzeichen sammeln wollen. „Solange ich laufen kann, mache ich das Sportabzeichen“, meint eine Viernheimerin mit Nachdruck, und alle nicken grinsend.
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