Dass Kunstwerke über den Tod ihrer Schöpfer hinaus lebendig bleiben, ist ein Wunsch, der viele Werke beseelt. Mit der Ausstellung „Ping –Pong“ verleihen die Stiftung Künstlernachlässe und die Freie Kunstakademie Mannheim dieser nur allzu verständlichen Intention ein Forum, denn hier setzen sich heutige Kunstschaffende, die an der Akademie studieren, mit dem auseinander, was ihre Vorgängerinnen und Vorgänger an Wegen der Darstellung für sich gefunden hatten. Gezeigt werden die Resultate im Kunstverein Viernheim auch öffentlich (soweit es die aktuell gültigen Corona-Verordnungen zulassen).
Zu sehen ist hier zunächst einmal eine große Collage von Norbert Nüssle, der dazu Papierreste von den Originalplätzen sammelte. In diesem Falle ist es der Mannheimer Marktplatz. Zu diesem stellte Cordula Hilgert in ihrer 3-D Installation, wofür sie auch eine neuartige Hologrammtechnik benutzte, eine direkte Verbindung her. Gegenüber dieser Installation befindet sich das Foto des Raumsegels von Herbert Halberstadt, zu dem Björn Kassner in Gestalt eines tatsächlich hochaufragenden Segels und Gisela Weiss mit übereinander gelagerten Metallstrukturen Stellung bezogen haben.
Methodische Fragen
Vor allem methodische Fragen interessierten Bernhild Hofherr bei ihrer Auseinandersetzung mit Franz Schömbs Relief zum Thema Bewegung in Raum und Zeit, das sie in Lichtmalerei transformierte. Auf das Wechselspiel zwischen Bildraum und Realraum hat sich Gabi Bley eingelassen, indem sie den kompliziert aufgebauten Malgrund von Ute Petry in abstrakte Farbflächen an die Wand übertrug und den Tisch mit Stühlen, so ganz wie in dem kleinen daneben stehenden Stillleben der Künstlerin, anordnete. Edgar Schmandt ist noch den meisten Studierenden der Akademie gegenwärtig, denn er lehrte dort. 90-jährig verstarb er 2019. Bei der Auflösung seines Ateliers in der Sternwarte wirkten auch ehemalige Studenten mit, die auf diese Weise noch einmal von Schmandt Abschied nehmen konnten. Dies drückt sich auch in verschiedenen Werken in Viernheim aus, die sich vor allem mit Schmandts Kopfbildern auseinandersetzen, die mit Gedanken und Reallandschaften verschmelzen.
Besonders anrührend im oberen Stockwerk des Hauses sind die Zeichnungen von Ilana Shenhav, die als junges Mädchen nach Theresienstadt verschleppt wurde. Obwohl dieses schwere Schicksal ihre frühe Jugend prägte, zog sie dennoch in den 70er Jahren nach Mannheim und machte sich hier vor allem durch ihre Zeichnungen einen Namen. Mit ihren Arbeiten setzte sich Anna Siebert auseinander, die sich ebenso wie ihr Vorbild gelegentlich durch zufällige Begebungen mit Menschen in einem Café zum Zeichnen inspirieren ließ.
Trude Stolp-Seitz mit ihren stark konturierten Strukturen, von denen sich Stefan Wiegand anregen ließ, und Alice Richter-Lovisa, die Konkrete Kunst in Räumen mit Leiterplatten realisierte, sind zwei weitere substanzielle Künstlerinnen, deren Werke in der Viernheimer Ausstellung zu sehen sind und die hier Vorlagen für geistige Synthesen in der Kunst der Gegenwart bieten.
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