Viernheim. Bayram Gül ist ein türkischer Name voller Poesie: „Bayram“ steht für „Tag der Freude“ und „Gül“ für „Rose“. Der 41-jährige Viernheimer ist mit der deutschen wie türkischen Sprache groß geworden und heute Schutzmann der Polizei vor Ort in Viernheim. Seine Kenntnisse der beiden Sprachen und des Englischen sind für ihn bei der Arbeit durchaus von Nutzen.
Vor allem kann er Vorbild für Kinder mit Migrationshintergrund sein, die gerne eine Ausbildung bei der Polizei absolvieren würden – denn er lebt ihnen die Integration vor. Er sagt: „Ich liebe Viernheim, ich bin dankbar, dass ich in Deutschland in Sicherheit und Wohlstand leben darf.“
Die Familie von Bayram Gül stammt ursprünglich aus der ostanatolischen Stadt Malatya in der Türkei, wo im Frühjahr das Erdbeben große Schäden anrichtete. Auch jetzt gibt es noch Nachbeben. Gül sagt: „Meine Familie in Malatya hat „nur“ Sachschäden erlebt. Doch die Frau meines Cousins hat eine Familie mit acht Personen verloren.“ Er gibt offen zu: „Das Leid in der Region hat mich tief im Herzen getroffen.“
Deutsche Sprache über das Fernsehen gelernt
Schon sein Großvater Mahmut kam in den 1970er Jahren nach Deutschland, um Geld zu verdienen und später in die türkische Heimat zurückzukehren. Er war zuerst in Bayern, bevor er nach Viernheim kam und hier Arbeit fand. Bayram Güls Vater Ibrahim folgte seinem Großvater erst mit 18 Jahren nach Deutschland. Nachdem er in der Türkei geheiratet hatte, entschied er sich endgültig für Viernheim. Hier ist sein Sohn Bayram aufgewachsen.
Bayram Gül erinnert sich: „Zuhause haben wir nur türkisch gesprochen.“ Er lernte vor allem über das Fernsehen mit ARD und ZDF die deutsche Sprache – und natürlich mit Spiel und Sport mit multikulturellen Freunden. „Wir haben viel Fußball gespielt und sind Fahrrad gefahren, und wir hatten unsere Fantasie.“
Nach dem Besuch der Grundschule und dem Abschluss der Mittleren Reife machte Bayram Gül an der Alexander-von-Humboldt-Schule in Viernheim das Abitur: „Ich wollte, dass mir alle Türen offenstehen.“ Nebenbei lernte er von der ersten bis zur neunten Klasse einmal pro Woche Türkisch in Wort und Schrift. „Eine schöne Zeit.“
Das Studium der Informationstechnologie an der Technischen Universität Darmstadt befriedigte den Studenten Gül nicht. Er sagt: „Mir fehlte der menschliche Kontakt, doch ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten.“ So arbeitete er zunächst in der Produktion der Firma Freudenberg, dann in einem Geschäft des Rhein-Neckar-Zentrums und später in einem Fitness-Studio.
Vor allem engagierte er sich ehrenamtlich als „Brückenbauer“ zwischen Menschen. Er übersetzte für Immigranten türkisch und deutsch. Später war er im islamisch-christlichen Dialog im Kreis Bergstraße ebenfalls als Übersetzer tätig. Auch für Flüchtlinge setzte er sich ein. Er bringt den Menschen mit Fluchterfahrung ehrliches Mitgefühl entgegen: „Sie haben in ihrer Heimat und auf der Flucht Krieg, Angst und Gewalt erlebt und suchen nun in einem wildfremden Land Schutz. Da braucht es Zeit und Geduld, bis sich diese Menschen wieder neu orientieren können.“
Studium bei der Polizei
Über den ehrenamtlichen Einsatz kam Bayram Gül in Kontakt mit Fahri Erfiliz. Nun half der Migrationsbeauftragte der Polizeidirektion Bergstraße dem Helfer, einen Wunsch aus der Kindheit und der Jugend in die Tat umzusetzen: Bayram Gül hatte sich schon immer für die Polizei interessiert. Aber es hatte die persönliche Ermutigung für eine Bewerbung gefehlt.
Als sich der Viernheimer nun tatsächlich um eine Ausbildung bei der Polizei bewarb, bestand er die Aufnahmeprüfung sofort. Er durchlief den Diplom-Studiengang der Polizei und hatte anschließend seinen ersten Einsatz bei der Bereitschaftspolizei in Mainz-Kastel.
Jugendliche überzeugen
Über Stationen in Pfungstadt und Lampertheim kam er nach Viernheim. Ist der Migrationshintergrund seiner Familie von Vorteil? Manchmal schon. Bei einer Kontrolle von Jugendlichen in Viernheim hielt ein Kollege den jungen Leuten eine „Standpauke“, während sich Bayram Gül im Hintergrund hielt. Schließlich sagte er gelassen: „Jungs, Hände aus den Taschen.“ Die Jugendlichen waren überrascht: „Sind Sie Polizist?“ Er erwiderte nur: „Ja, das bin ich auch.“ Großes Staunen bei der Gruppe.
Die Gewaltprävention mit Kindern und Jugendlichen liegt ihm besonders am Herzen. Bayram Gül sagt: „Wir sprechen mit Kindern und Jugendlichen über körperliche, seelische und strukturelle Gewalt.“ Es kommt vor, dass junge Leute den Schutzmann vor Ort dann bitten: „Herr Gül, kann ich Sie bitte mal unter vier Augen sprechen?“
Der verheiratete Vater lebt mit seiner Frau, den zwei Kindern und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaus. Wenn er einen Wunsch frei hätte, dann würde er sich wünschen: „Weltfrieden, das wäre schön.“
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