Mathaisemarkt

Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut im Festzelt

Festrednerin der traditionellen Mittelstandskundgebung auf dem Schriesheimer Mathaisemarkt war Landes-Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.

Von 
Konstantin Groß
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Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut bei ihrer Rede im Festzelt. © Marcus Schwetasch

Schriesheim. Hilmar Frey begegnet den Schriesheimern diesmal in ungewohnter Funktion. Die meisten kennen ihn als Stadtrat der Initiative Schriesheimer Bürger (ISB). An jenem Nachmittag trägt er Polizeiuniform samt Schussweste und steht mit seinem jungen Kollegen am Rande des Festplatzes. Denn erwartet wird ein protokollarisch hochrangiger Gast: die Wirtschaftsministerin des Landes Baden-Württemberg.

Die Wirtschaftsministerin sprang kurzfristig ein

Nicole Hoffmeister-Kraut ist kurzfristig eingesprungen für den Festredner der Mittelstandskundgebung: Manuel Hagel, Partei- und Fraktionschef der Landes-CDU, ist in Berlin zu Beratungen über die neue Koalition gebunden, kann wegen des Flughafenstreiks nicht schnell genug zurück und sagt ab, sorgt aber für Ersatz. „Am Sonntagabend hat er mich angerufen“, berichtet die Ministerin: „Nicole, Du musst das machen.“

Und so fährt ihr Dienstwagen mit Chauffeur am Montagnachmittag in der Bismarckstraße vor dem Gästehaus Hauser vor. Ein Elektrofahrzeug der Vorzeige-Automarke im Ländle. Fast pünktlich. „Da war ein Unfall“, entschuldigt sich die Ministerin vor dem an der Treppe wartenden Empfangskommitee: Granden des BdS, Weinhoheiten, Bürgermeister Christoph Oeldorf mit Amtskette: „Herausgeputzt!“, entfährt es ihr freudig.

Kritische Fragen beim Pressegespräch

Im Frühstücksraum das Pressegespräch. So wie seit 40 Jahren. Schon Strauß, Kohl & Co. saßen hier. Interessiert blättert Hoffmeister-Kraut im Goldenen Buch der Stadt, in das auch sie sich eintragen darf, entdeckt dabei die Vorgänger-Redner. Etwa Sigmar Gabriel 2015. „Ein guter Wirtschaftsminister“, lobt sie den Sozialdemokraten: „Ich habe gerne mit ihm zusammengearbeitet.“

Danach Fragen. Die brisanteste an eine CDU-Politikerin derzeit und für diese spürbar alles andere als angenehm: Was sie denn zur Kehrtwende ihrer Partei in Sachen Schuldenbremse meint? Und zum Vorwurf von Horst Seehofer, das sei Wählertäuschung? Die Antwort dauert mehrere Minuten, rekurriert auf Trump, die Ukraine, sogar Südkorea. Doch eindeutig ist sie nur in einem Satz: Nein, Seehofer habe nicht Recht.

Hauptgewinn beim Glücksrad am Stand der Stadt

Wohl erleichtert registriert die CDU-Politikerin das Signal zum Aufbruch ins Gewerbezelt. Die Zeit drängt, aber die Austellung dort ist ja auch überschaubar. Am Stand der Stadt dreht sie das Glücksrad und holt, welch Wunder, den „Hauptgewinn“: eine Jutetasche mit dem Aufdruck „Mitenanner packe ma’s“.

Am Weinstand Jäck warten die Montags-Mädels, ein Dutzend fröhlicher Damen, die sich seit vielen Jahren zu diesem Zeitpunkt hier treffen, um die FestrednerInnen abzupassen und mit ihnen anzustoßen.

Ein älterer Herr beobachtet das Treiben: „Wer ist diese Frau?“, fragt er. Der Name sagt ihm nichts. Doch beim Stichwort Festrednerin gerät er ins Schwärmen: „Früher war ich oft dort“, erzählt er: „Mit Stoiber oder Westerwelle. Das war noch was.“ Diesmal geht er nicht hin.

Mäßiger Besucherandrang im Festzelt

Da ist er offenbar nicht der Einzige. Beim Einzug des Trosses ins Festzelt fällt der Blick auf fast leere hintere Bankreihen. Vorne, bei den Ehrengästen, sieht es besser aus. Wohlmeinende Schätzungen sprechen von 600 Anwesenden. Profi, wie sie ist, lässt sich die Ministerin nichts anmerken. „Schön, hier zu sein!“, beginnt sie herzerfrischend ihr Fishing for Compliments.

Doch fortan bleiben ihre Augen ans Manuskript gefesselt, dessen Text sie abliest. Bei der Suche nach Formulierungen, die besonders spritzig erscheinen, um hervorgehoben zu werden, wird der Berichterstatter lange Zeit nicht fündig. Eine kommt dann doch: „Früher war im ‚Tatort‘ der Gärtner der Mörder“, sagt sie: „Heute ist es der Geschäftsführer.“

Doch der Moment, an dem sie das Zelt mitreißen würde, der fehlt. Dennoch wird sie 15 Mal von höflichem Beifall unterbrochen. Es ist eben ein Publikum, das ihr politisch und menschlich ausgesprochen gewogen ist.

Bekenntnis zur Bedeutung des Mittelstandes

Inhaltlich hört man Formulierungen, die an dieser Stelle seit der ersten Mittelstandskundgebung vor exakt 75 Jahren zu hören sind: der „Mittelstand als Pfeiler der Wirtschaft“, aber auch „Leistung muss sich wieder lohnen“ und - natürlich der Dauerbrenner - Bürokratieabbau.

Neu ist alleine der aktuelle Bezug, und der ist ernster denn je: „Die jetztige Bundesregierung hat eine letzte Patrone“, zitiert sie Markus Söder: „Sie muss liefern.“ Und die Landesministerin ruft dazu auf: „Lassen Sie uns diese Bundesregierung mittragen.“

Darum muss sie in diesem Zelt nicht bitten: Der Tisch vor ihr, an dem sich regionale CDU-Granden wie Noch-MdB Alexander Föhr und sein Vorgänger Karl Lamers konzentrieren, ist der erste, der sich zum Schlussapplaus erhebt. Zaghaft folgen die umliegenden Tische mit den Bürgermeistern aus der Region: Die jedoch höflich bleibende Standing ovation bringt es immerhin auf knapp eine Minute. Es gab an dieser Stelle schon enttäuschtere Reaktionen.

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