Schriesheim. Ausgebucht und leergefuttert, so könnte man die ersten Tage von Hajni Dénes neuem Bistro „Aubergin“ in der Schriesheimer Altstadt zusammenfassen. „Es ist viel Arbeit, viel Stress - aber positiver Stress“, sagt die 51-Jährige mit den kurzen blonden Haaren und lacht. Dass das Bistro (25 bis 30 Plätze, je nachdem, wie kuschelig man es mag) in der Heidelberger Straße so hervorragend angelaufen ist, freut sie natürlich. Und auch, dass der Blaufränkische aus Ungarn bei ihren Gästen so gut ankam, dass sie direkt nachbestellen musste.
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Neben ausgesuchten Weinen unter anderem vom Weingut Teutsch aus Hirschberg, bietet Hajni Dénes auch Craftbier vom Brauhaus zur güld’nen Rose aus Ladenburg an. „Das trinken auch Frauen sehr gerne“, sagt die erklärte Weinliebhaberin, die inzwischen aber selbst auf den Bier-Geschmack gekommen ist. Auch beim Essen setzt Hajni Dénes auf regionale Produkte und den besonderen Geschmackssinn ihrer Heimat Siebenbürgen.
Regionale Produkte
Das Fleisch, zum Beispiel vom Pulled Pork kommt von der Metzgerei Worschte Miller aus Weinheim, das Gemüse für die Gemüse-Bowl (getoppt von einem in Teig herausgebackenen Camembert) von der Gärtnerei Lenz in Heidelberg. „Dort bekomme ich sogar Süßkartoffeln. Die sind nämlich meine neue Liebe“, verrät Hajni Dénes. Die gewissermaßen „alte Liebe“ ist Ehemann László, der seine Frau trotz der vielen Arbeit, die er als Architekt selbst hat, tatkräftig unterstützt. Die liebevoll gestaltete Getränke- und Speise-Tafel im „Aubergin“-Gastraum beispielsweise trägt buchstäblich seine Handschrift. Und Sohn Dénes (16) hat beim Service-Team seiner Mutter angeheuert.
Das Händchen für eine gute Küche und die Gastronomie liegt wohl in der Familie. „Meine Großmütter und meine Mutter waren hervorragende Köchinnen. Und meine Großeltern hatten einen Bauernhof und waren quasi Selbstversorger“, sagt Dénes - und dass sie der Geschmack ihrer Heimat geprägt hat. Sie wurde in Siebenbürgen, auch bekannt als Transsylvanien, in Rumänien geboren. Nach der Schule, mit nur 18 Jahren, zog Hajni Dénes in die ungarische Hauptstadt Budapest. „Eigentlich bin ich ja Sportlehrerin“, sagt sie. Doch die Leidenschaft fürs Kochen war offenbar stärker. „In Ungarn habe ich einmal pro Monat eine Art kulinarischen Abend mit einem Winzer veranstaltet.“
Doch so richtig in Schwung kommt die Sache mit der Gastronomie erst an der Bergstraße. Vor sieben Jahren tritt Hajnis Ehemann einen Job in Heidelberg an, die Familie zieht nach Hirschberg. „Wir sind hier sehr glücklich. Die Menschen sind wahnsinnig nett, wir fühlen uns wohl - es ist so eine schöne Gegend“, schwärmt Hajni Dénes. Sie beginnt, ungarische Weinabende und Weintastings zu veranstalten und einen kleinen Weinexport aufzubauen.
Picknicks in Weinbergen
Doch dann lernt sie Johannes Teutsch vom gleichnamigen Weingut in Hirschberg kennen. Die beiden organisieren zunächst Picknicks in den Weinbergen, dann kommt eine neue Idee: Man könnte ja auch eine kleine Gastro aufziehen. Mitten in der Corona-Pandemie, im Sommer 2021, eröffnet Hajni Dénes ihren Foodtruck „Aubergin“ im Teutsch-Weinberg.
„Der Zeitpunkt war dafür hervorragend. Ich hatte so viele Gäste, weil es ja kaum andere gastronomische Angebote gab“, sagt sie. Doch es gibt einen Haken. Der Foodtruck sollte, so war es vereinbart, im Sommer nur drei Monate bei Teutsch stehen. Hajni Dénes: „Drei Monate, das sind zwölf Wochenenden. Ich wollte mehr!“
Die Frau, der die Ideen niemals auszugehen scheinen, wusste auch gleich, wie das gehen sollte: „Ich suche mir ein Ziel und das erreiche ich dann auch“, sagt sie. Mit Hund Maxi läuft sie an einem Tag 22 Kilometer kreuz und quer durch Heidelberg, um einen geeigneten Standplatz für ihren Foodtruck auszukundschaften. Am Ende wird es die Neckarwiese. Eine Goldgrube? Nicht wirklich. „Es lief nicht so gut. Auf und rund um die Neckarwiese geht es ein bisschen chaotisch zu, es gibt viele andere Gastro-Angebote und mein Essen ist hochwertig, kein schnelles Fastfood. Es hat einfach nicht gepasst“, sagt sie. Zwar macht sie an den Wochenenden ein gutes Geschäft, doch unter der Woche läuft es mau.
Ausgerechnet die vermeintliche „Konkurrenz“ sorgt am Ende aber für ein kulinarisches Happy-End, von dem die Gastro-Szene in Schriesheim profitiert. Andreas Pfeifer, Chef vom Craftbier+Kaffee-Laden „HandWerk“ in der Heidelberger Straße in Schriesheim gibt ihr den Tipp, dass nur ein paar Häuser weiter ein Laden frei geworden sei. Mit dem Vermieter wird sich Hajni Dénes schnell einig. Und wie ihr eigenes Bistro eingerichtet werden soll, das weiß sie auch schnell. Inspiriert von ihren vielen Reisen, entscheidet sie sich für einen individuellen Mix aus Second-Hand und neu gekauft. Von vorne bis hinten „durchgestylt“ - „das hat kein Herz“, findet Hajni Dénes, die auch ihre Gastro-Kollegen aus dem benachbarten Hirschberg fest ins Herz geschlossen hat.
Neue Ideen gibt es immer
Johannes Raiber von den inzwischen in Weinheim ansässigen Bistronauten beispielsweise und Achim Sagstetter vom FantasTisch in der Hirschberger Raiffeisenstraße standen Hajni Dénes mit Rat und guten Tipps zur Seite. „Das ist wirklich toll, der gute Zusammenhalt mit den Betrieben, die mich beliefern und Kollegen aus der Gastronomie, das gibt mir viel Kraft“, sagt sie.
Den Foodtruck und Veranstaltungen wie das Truckfest samt DJ oder das Glühweinfest wird es übrigens weiterhin geben. Und neue Ideen? Sowieso, sagt Hajni Dénes, „die habe ich immer!“
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