Schriesheim. An den Hängen unterhalb der Strahlenburg in Schriesheim ist die Weinlese in vollem Gange. Die weißen Sorten Riesling, Cabernet Sauvignon, Müller-Thurgau und Pinot Noir, dazu der roten Spätburgunder oder der Weißherbst rosé, überall werden die reifen Trauben geerntet. Gut ein Dutzend Verwandte und Freunde sind an diesem Mittwoch im Wingert von Peter und Hartmut Haas zwischen Schriesheim und Dossenheim bei der Arbeit, um den Grauburgunder zu lesen. „Wir sind schon ein eingespieltes Team“, lobt Senior Peter Haas seine Helferinnen und Helfer im Gespräch mit dieser Redaktion.
Mit einer kleinen Schere bewaffnet, knipsen die Männer und Frauen vorsichtig die dunkelblauen Trauben vom Rebstock und legen die kleinen Früchte in einen großen Eimer. Hier ist Handarbeit gefordert, der Vollernter der Winzer-Familie im Nebenerwerb kann an dieser Stelle wegen der Enge zwischen den Reben nicht eingesetzt werden.
Seit 8.30 Uhr wird im Schriesheimer Weinberg gearbeitet
Aber mit Blick in die Zukunft muss wohl immer häufiger die Vollernter-Maschine eingesetzt werden. „Denn die Helfer bei der Weinlese mit der Hand werden halt immer älter“, seufzt Hartmut Haas. Gibt es einen Unterschied zwischen maschinell und den von Hand geernteten Trauben? „Mittlerweile ist die Erntetechnik so gut, dass da kein Unterschied mehr besteht. Doch unsere Leute lesen immer noch gerne mit der Hand“, antwortet Hartmut Haas. Für Außenstehende ist das trotzdem ein harter Job!
Seit 8.30 Uhr ist die engagierte Truppe im Weinberg. Es ist noch voll Nass im Gras zwischen den Reben. Nach diesem trüb nebligen Morgen kommt aber tatsächlich die Sonne durch. Aber auch die paar Regentropfen gegen Mittag kümmert die Arbeiterinnen und Arbeiter im Wingert nicht. Sie sind in ihren Gummistiefeln voll konzentriert bei der Sache.
„Ich mache das sehr gerne, seit meiner Kindheit. Die Weinlese liegt mir einfach im Blut“, erzählt Hilde Trautmann aus Schriesheim. Sie weiß genau, welche Trauben sie abschneiden muss. „Wenn sie noch grünlich schimmern, muss man sie hängenlassen“, sagt sie. „Es macht einfach Spaß, mit diesen Leuten zu arbeiten. Außerdem lernt man die Weine kennen, die man später trinkt“, ergänzt Christine Blauth. Ihr Mann Helmut ist auch dabei. „Seit drei, vier Jahren, einfach aus Spaß an der Freud‘ – und als Nachbarschaftshilfe für den Peter“, erklärt er. Bei Fragen zur Reife der Trauben gibt Peter Haas gerne Auskunft, was kann abgeerntet und was muss noch am Rebstock bleiben.
Zufrieden mustert der Senior-Chef seine Rebstöcke. „Gesunde Reben, gesunde Trauben, sauberes Lesegut, ein gutes Jahr. Auch der Pflanzenschutz hat prima gewirkt“, stellt er fest. So geht er davon aus, dass der 2025er „ein guter Jahrgang mit guter Qualität wird“. Das Wetter habe da aber auch „mit idealen Temperaturen“ mitgespielt, freut er sich.
So muss an diesem Tag kaum Lesegut aussortiert werden. „Viele Hände, schnelles Ende!“, weiß Christian, der aus dem Landkreis Karlsruhe nach Schriesheim gekommen ist, um zusammen mit seiner Partnerin aus der Weinstadt an der Badischen Bergstraße im Weinberg mitzuhelfen. „Ich bin jetzt zu dritten Mal dabei, das gehört einfach zur Familie, die brauchen alle Hände bei der Weinlese“, berichtet der Mann, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. „Jeden Tag, von Kindesbeinen an, bin ich dabei, vom Rebschnitt bis zur Ernte“, blickt Sabine Hartmann auf viel Erfahrung im Weinberg zurück.
Stefan Schuppe dagegen ist noch „ein Lehrling“, wie er betont und schmunzelt – „aber das mit absoluter Leidenschaft!“, gesteht der Wilhelmsfelder. Mit Peter Haas spielt er zusammen im Posaunenchor und hat ihn dort immer wieder aufgefordert: „Nimm mich doch mal mit in deinen Wingert!“ Bis er dann vor drei Jahren endlich erhört wurde. Jetzt arbeitet der Rentner sehr gerne in der Natur, „vom Rebstock setzen, der Pflege der Stöcke bis zu Ernte, ich bin jetzt fast immer mit Peter unterwegs“, sagt er mit einem Leuchten in den Augen.
Zum Ausklang des Tages gibt es ein zünftiges Vesper
„Das klappt gut, die Leute sind sehr engagiert. Aber so muss es sein“, würdigt Peter Haas das Engagement seine Helferinnen und Helfer. Stefan Schuppe trägt zwei schwere Eimer voll mit Trauben zur Sammelstelle am Fuß der beiden Rebstock-Reihen, zu einem großen Zuber, den Hartmut Haas später mit dem Bulldog ins Tal zur Kelter transportiert. „Da stehen schon drei Zuber“, sagt er. So 800 bis 900 Kilo Weintrauben gehen in den grünen Kunststoff-Trog.
Und wie es bei der Weinlese so üblich ist, treffen sich alle nicht nur zur Mittagspause, sondern auch am Ende des Tages zu einer zünftigen Vesper bei der Familie Haas. Auch wegen der Gemütlichkeit und dem Zusammenhalt der Truppe kommen die Verwandten und Freunde immer wieder gerne zusammen. Am nächsten Tag soll vom Grauburgunder zum Cabernet Sauvignon gleich nebenan im Wingert gewechselt werden. Seit vier Generationen wird von der Familie Haas Wein angebaut – und Enkelin und Tochter Ann-Kathrin Kern will diese Tradition im Nebenerwerb fortsetzen, wie Peter und Hartmut Haas stolz berichten.
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