Schriesheim. Mittwochabend. Vom Sportgelände schallt die Musik der Fußballer-Party herüber. Doch statt Tanz in den Mai steigt direkt daneben eher ein Tanz auf dem Vulkan, wenn man die Finanzen der Stadt betrachtet. Denn in der Mehrzweckhalle diskutiert der Gemeinderat den klammen Haushalt 2025. Für aktuelle Brisanz sorgt zudem eine Forderung vom Trägerverein des Waldschwimmbades nach 200.000 Euro.
Schwimmbadgebäude ist sanierungsbedürftig
In Schriesheim wird die Freizeiteinrichtung von einem Verein, der IEWS, betrieben. Die Stadt gibt Zuschüsse zum laufenden Betrieb und für Investitonen. Letzteres ist nun nötig, denn das Hauptgebäude ist marode. Unmittelbar vor der Ratssitzung publizierte der Verein daher seine Forderung nach 200.000 Euro. Und verband dies mit einer Ankündigung: „Wenn gar nichts passiert, dann wird es nach jetzigem Stand keine Saison 2026 geben“, mahnte IEWS-Vizechef Kim Koschorreck.
Im Rathaus blieb man gelassen. „Das hören wir seit Jahren“, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Gleichwohl will sich natürlich niemand mit einem Verein anlegen, der 6.000 Mitglieder zählt. Zumal die Ehrenamtlichen vor Ort ja wirklich super Arbeit leisten und der Sanierungsbedarf zudem unbestritten ist. Und so war Bürgermeister Christoph Oeldorf bemüht, das Thema bereits zu Beginn der Sitzung abzuräumen.
Die Haushaltslage sei „beispiellos dramatisch“, steckte der Rathauschef die Rahmenbedingungen ab. Jetzt 200.000 Euro zu genehmigen, würde den Etat in einen „nicht mehr genehmigungsfähigen Rang“ katapultieren. Dennoch sei die Stadt natürlich bereit zu helfen. So soll es eine einmalige Verdoppelung des Betriebskostenzuschusses geben - als Anschubfinanzierung zur Sanierung. Außerdem eine Ausfallbürgschaft der Stadt für einen Kredit, den der Verein aufnehmen soll. So sei es im Übrigen bereits am 27. März mit dem Vorstand besprochen worden.
Nur die Grünen lehnen die Linie des Bürgermeisters ab
CDU und Freie Wähler waren mit dieser Linie vollauf zufrieden, denn in ihren Etatreden kam das Thema gar nicht mehr vor. „Die eingestellten Mittel bis 2028 können ein Grundstock sein“, lobte aber auch SPD-Fraktionschef Sebastian Cuny. Wolfgang Renkenberger (FDP) hatte eine typisch liberale Lösung parat: Eigeninitiative. Er rechnete vor: Wenn jedes der 6.000 IEWS-Mitglieder nur 33 Euro spende, seien die 200.000 Euro sofort beisammen.
Einzig die Grünen sahen das als unzureichend an: „ Der Verein braucht Planungssicherheit und nicht nur eine Absichtserklärung“, kritisierte Bernd Molitor. Immerhin seien ja auch 50.000 Euro für die Sanierung des Ratssaales vorhanden gewesen: Ob das „jetzt die oberste Priorität ist?“, stellte er in den Raum. Ähnlich falsche Schwerpunktsetzungen sah er beim Personal: 10,8 Stellen würden neu geschaffen, darunter zwei für Öffentlichkeitsarbeit, während die Offene Jugendsozialarbeit aus dem Stellenplan gefallen sei. Daher stimmte die Grüne Liste dem Etat nicht zu.
Große Mehrheit steht hinter dem Etatentwurf
Es war am CDU-Fraktionschef Michael Mittelstädt, die Angriffe auf die Verwaltung heftig zu kontern. Die Personalaufstsockung „geschah nicht aus einer Bierlaune heraus“, schlug er zurück, „sondern aus den Ergebnissen der Organisationsstudie.“ Der Vorwurf, dass die Personalkosten wegen der neuen Stellen aus dem Ruder laufen, „ist wirklich eine Mär“. Und die Sanierung des Ratssaales? „Die Verwaltung mit dem Bürgermeister an der Spitze will sich kein Denkmal setzen.“
Doch wie geht es weiter? „Gegebenenfalls muss auch über Gebührenerhöhungen nachgedacht werden“, erklärte Mittelstädt und nannte als Beispiel den Friedhof. Auch Nadja Ewald von den Freien Wählern bekannte sich zu „Grundsteuererhöhung und Anpassungen bei der Gewerbesteuer ab 2026.“ „Die geplanten Erhöhungen der Kindergarten- oder Friedhofsgebühren sehen wir kritisch“, meinte dagegen Sebastian Cuny. Dennoch votierten am Ende neben CDU, Freien Wählern und FDP auch SPD, ISB, Bürgergemeinschaft und sogar die AfD für den Etat in Höhe von 46 Millionen Euro.
Überraschende Erklärung Oeldorfs im Nachklang
Doch nach dieser Abstimmung folgte eine faustdicke Überraschung: In einer ausführlichen persönlichen Erklärung rechnet der Bürgermeister mit den Vorwürfen der vergangenen Wochen gegen ihn persönlich und die Verwaltung als Ganzes ab. Diese hätten dort für „Unsicherheit und Frustration“ gesorgt. Verbreitet worden sei der Eindruck, dort werde „ein schlechter Job gemacht“.
Punkt für Punkt erwiderte Oeldorf die Kritik, auch die von Molitor. Zu viel Personal? Über Monate hinweg habe die Kämmerei aus einer einzigen Person bestanden. Luxus im Ratsaal? Die neue Trennwand sei aus organisatorischen Gründen ebenso unerlässlich wie die Sanierung etwa des Teppichbodens: „Sie möchten nicht wissen, was unter Ihren Füßen schon gelebt hat.“
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