Schriesheim. Es gibt eine gute Nachricht vom Branichtunnel: Spätestens Ende Juni soll er eröffnet werden, wie Bauleiter Ralph Eckerle erklärt. Die schlechte Nachricht: Das Projekt wird nicht 85 Millionen Euro kosten, sondern 92 Millionen Euro. "Die Sicherheitstechnik ist jetzt auf dem neuesten Stand", nennt der Oberbaurat beim Regierungspräsidium Karlsruhe den Grund für die Kostensteigerung. Er zählt auf: komplette Kameraüberwachung, die aufgerüstete Lüftungsanlage, zusätzliche Notrufkabinen und einiges mehr.
Sicherheit ist ohnehin das große Thema bei diesem Megaprojekt. Und hier wiederum geht es vor allem um das schlimmste Szenario: einen Brand in dem 1796 Meter langen Tunnel. Natürlich gibt es Brandmeldeanlagen. Und am Osttor neben der Talstraße wurde ein Löschwasserbehälter angelegt, der 72 Kubikmeter Wasser fasst.
Zwei Lüftungssysteme
Zum Sicherheitskonzept zählt auch das aufwendige Lüftungssystem, das heißt, eigentlich sind es zwei Systeme. Das eine greift dann ein, wenn der natürliche Luftstrom nicht ausreicht, um die Abgasmengen zu bewältigen. Das andere kommt bei einem Brand zum Einsatz. Dann öffnen sich große Klappen zu einem etwa mannshohen Zwischendeck oberhalb der Fahrbahn, und riesige Ventilatoren ziehen den Rauch nach oben, der dann über einen großen Kaminschacht ins Freie entweicht. Eine spektakuläre Angelegenheit. Vor Eröffnung des Tunnels wird das System getestet. Und danach, so Ralph Eckerle, wird es hoffentlich niemals mehr gebraucht.
Falls es doch brennen sollte, können sich die Fahrzeuginsassen über fünf Notausgänge in zwei Fluchttunnel retten. Wenn die Tür des Notausgangs geöffnet wird, springt im Ernstfall ein Ventilator an, der verhindert, dass der Rauch in den Rettungstunnel eindringt. "Ab hier sind die Leute in Sicherheit", betont der Oberbaurat. Der östliche Tunnel ist 110 Meter lang und mündet an der Talstraße unweit von Kling Malz, der westliche weist stolze 1200 Meter auf und endet neben dem Betriebsgebäude oberhalb des Westportals.
Die 2,25 Meter breiten und ebenso hohen Rettungstunnel sind zu schmal für Autos oder gar Feuerwehrfahrzeuge. Deshalb erhielten die Schriesheimer Brandschützer ein Quad mit Anhänger, um rasch zum Einsatzort zu gelangen. Falls es eine Person mit Müh und Not in den Fluchttunnel schafft und dort zusammenbricht, bleibt das nicht unbemerkt. "Jeder Meter wird mit Kameras überwacht", betont Eckerle. So sehen die Rettungskräfte in der Leitstelle Ladenburg immer was passiert. Und über die Lautsprecher können sie Anweisungen geben.
Viele riesige Kabeltrommeln stehen im Tunnel. Kein Wunder: Es gilt, 200 Kilometer Kabel zu verlegen. Der Straßenbelag glänz schwarz im diffusen Licht, lediglich die Markierungen fehlen. Aber es gibt noch viel zu tun: Überall wird gehämmert und gebohrt, werden Leitungen verlegt. Unweit des Ostportals steht bereits die neue Ampelanlage, und vor dem Westportal liegen die großen Schilder, die den Autofahrern bald die Richtung weisen.
Ralph Eckerle zählt beim Regierungspräsidium zu den Experten für Großprojekte. So war er am sechsspurigen Ausbau der A6 zwischen Mannheimer und Viernheimer Kreuz federführend beteiligt. 2011 übernahm der Diplomingenieur die Leitung des Tunnelprojekts von einem Kollegen, der auf eine andere Position wechselte. Und ab Anfang August leitet er den Bau der Brücke an der A6 beim Bahnhof Friedrichsfeld. Weshalb so viele Großbaustellen? Der Oberbaurat lacht: "Um das zu erfahren, müssen Sie meinen Chef fragen."
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