Am Ende ist dieser Fehler sogar ein gutes Omen. Der offizielle Flyer zum Schriesheimer Straßenfest kündigt den Verkaufsoffenen Sonntag nämlich für „05. September 2022“ an. Doch das wäre dieser Montag. Irritieren lassen sich die Menschen in der Region davon nicht. Im Gegenteil: Gerade der Sonntag wird zum Erfolgstag des Schriesheimer Straßenfestes, dessen Start verregnet ist.
Und so muss sich die Darstellung des Straßenfestes 2022 am Wetterbericht orientieren. Am Samstagmorgen schüttet es. Hart trifft dies die Flohmarktstände, die normalerweise ab 6 Uhr morgens aufbauen. Mühsam bedecken die Verkäufer ihre Waren auf den Tischen. Doch was nützt das, wenn keine potenziellen Kunden unterwegs sind. „Die erste Million ist immer die schwerste“, nimmt es ein Aussteller gelassen.
Trotz alledem: Sobald der Regen aufhört, strömen die Besucher wieder. Und sie bleiben. Am Samstagmittag sind die Bänke im von den Winzern betriebenen Weindorf vor dem Zehntkeller bereits ganz gut gefüllt. Auf den Stühlen des Kaffeehauses am Marktplatz genießen die Gäste die Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolken durcharbeiten. Und am Abend ist mächtig was los – wie in den Jahren vor Corona. „Eine Superstimmung“, freut sich Ilana Bender, Geschäftsführerin des KSV, der direkt neben der Bühne seinen Stand hat. Und der Sonntag reißt es dann endgültig raus. Das Weindorf etwa ist am Mittag voll besetzt.
Lücken bei den Ständen
Es ist also noch einmal davon gekommen, das erste richtige Straßenfest seit drei Jahren. Vieles konnte über die Pandemie-Pause hinweggerettet werden. Immer noch gibt es zwei Locations mit Live-Musik attraktiver Bands: am Stadtbrunnen und im Weindorf. Doch das Fehlen des Jazz in der Oberstadt macht sich bemerkbar. „Hier ist nichts los“, konstatiert Michael Stang, der im Hof seines Hauses einen Flohmarktstand hat. Völlig verödet wäre diese Ecke, würde die Grüne Liste den Bereich vor dem Fanfarenzug-Keller nicht großflächig beleben. Zumal im Oberen Schulhof das Kinderprogramm fehlt. „Das schmerzt mich besonders“, bekennt Julia Geiss, als Chefin des Ordnungsamtes für die Organisation des Festes zuständig.
Auch sonst sind die Lücken nicht zu übersehen. In der gesamten Heidelberger Straße findet sich – abgesehen von den Ringern und den Handballern direkt am Stadtbrunnen – kaum noch ein Stand. An den wenigen, die es noch gibt, wie etwa vor dem Feinkostladen Divino, bilden Besucher bei gutem Wetter dicke Trauben. Auch die SPD muss am Roten Eck, das zumindest am Samstag am anderen Ende der Heidelberger Straße für Leben sorgt, immer wieder Waffelteig nachladen.
Klassische Straußwirtschaften gibt es nur noch zwei: die der Angler im Hof des Kaffeehauses mit Bratfisch und – neu – die der Freien Wähler in der Heidelberger Straße mit Wildschwein-Spezialitäten. Und dank ihres attraktiven Angebotes – und bei Regen auch dank ihrer Sitzmöglichkeiten im Trockenen – können diese beiden voll zufrieden sein.
Dass es diesmal weniger Straußwirtschaften gibt, das hat nichts mit dem Wetter zu tun. Sondern damit, dass keine Höfe mehr zur Verfügung gestellt werden und den Vereinen die Helfer für deren Bewirtschaftung fehlen. Bürgermeister Christoph Oeldorf, für den es das erste Straßenfest im Amt ist, sieht die Problematik: „Die Höfe und die Menschen, die sie betreiben – beide sind für ein erfolgreiches Straßenfest eben unerlässlich“, sagt er, nach seinen Eindrücken befragt: „Ich kann nur hoffen, dass es wieder mehr werden.“
Gleich geblieben ist die Zahl der Geschäfte, die beim Verkaufsoffenen Sonntag mitmachen. „Wie immer sind es zwölf“, berichtet BdS-Chef Rolf Edelmann. Konstanz trotz des eingangs erwähnten Schreibfehlers. Aber vielleicht sorgt der ja gerade am heutigen „05. September“ nochmals für einen Besucherschub.
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