Schriesheim - Freie Wähler bringen Diskussion um Bürgermeisterwahl im Herbst 2021 in Gang / Bewerber halten sich bedeckt

Kandidatenkarussell läuft an

Von 
Konstantin Groß
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„Ich habe jetzt wirklich andere Sorgen“, meinte Hansjörg Höfer, als er zu Beginn des Jahres auf die Wahl seines Nachfolgers im November 2021 angesprochen wurde. Grund waren damals die Probleme bei der Sanierung des Schulzentrums. Die aktuelle Corona-Pandemie wird die Priorität des Urnengangs auch nicht erhöht haben. Bei den Bürgern und in den Parteien wird das Thema dagegen bereits heftig diskutiert.

Anlass für die jetzige Diskussion ist eine Stellungnahme der Freien Wähler. Ausgerechnet in Altenbach, bei einer öffentlichen Fraktionssitzung, bekundeten sie, bei der Wahl nur einen „Verwaltungsfachmann“ unterstützen zu wollen. Damit war eine heftige Debatte losgetreten.

Höfer tritt nicht mehr an

Amtsinhaber Höfer selbst ist im 15. Jahr im Amt. 2005 gewann der Bäckermeister und Grünen-Gemeinderat den Zweikampf um die Nachfolge von Langzeit-Regent Peter Riehl gegen den Mannheimer Bürgerdienstleiter Peter Rosenberger – überraschend, denn dank seiner Unterstützung durch CDU, Freie Wähler und FDP hatte Rosenberger eigentlich die bessere Papierform. Höfers Vorsprung betrug denn auch nur 102 Stimmen; 52 andersrum, und Rosenberger hätte gewonnen.

Bei seiner Wiederwahl acht Jahre danach erhielt Höfer dann satte 73 Prozent. Zwar hatten sich CDU, Freie Wähler und FDP wieder auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigt, nämlich den Eppelheimer Michael Becker. Doch kurz vor dem Urnengang kam heraus, dass dieser zuvor Aktivist der AfD gewesen war. Damit war das Rennen gelaufen.

Nun tritt Höfer nicht mehr an. Am Wahltag, voraussichtlich Ende November 2021, ist er 65 Jahre alt. Insofern werden die Karten völlig neu gemischt, und entsprechend groß ist schon jetzt der Andrang. Aber entsprechend vorsichtig geben sich auch die diskutierten Bewerber.

Das zeigen ihre Reaktionen auf die Fragen, die der „MM“ ihnen gestellt hat: Stehen Sie für eine Kandidatur zur Verfügung? Oder schließen Sie eine solche Kandidatur aus? Die Antworten sind virtuose sprachliche Beispiele der Unverbindlichkeit, ja des Ausweichens. Eindeutige Absagen hören sich dennoch anders an.

„Das Amt der stellvertretenden Bürgermeisterin füllt mich gerade in diesen schwierigen Zeiten voll aus“, betont etwa Grünen-Stadträtin Fadime Tuncer: „Die Grüne Liste wird sich sicherlich erst Ende des Jahres zur Bürgermeisterwahl äußern.“

Ähnlich vage formuliert Michael Mittelstädt. „Es ehrt mich, dass mein Name in Bezug auf eine mögliche Kandidatur genannt wird, das ist es dann aber auch“, betont der CDU-Fraktionschef: „Da ich die Notwendigkeit derzeit nicht sehe, mich zu äußern, gibt es zum Thema Bürgermeister derzeit nicht mehr zu sagen als in der Vergangenheit schon.“

Zumindest etwas deutlicher wird da schon Sebastian Cuny: „Selbstverständlich kann ich mir vorstellen, noch mehr Verantwortung zu übernehmen“, antwortet der SPD-Fraktionsvorsitzende: „Ob ich das als Kandidat anstreben werde, kann ich heute, 18 Monate vor der Wahl, aber noch nicht beantworten.“

Ebenfalls genannt wird zuweilen der langjährige Volkshochschulchef Frank Röger, Schriesemer durch und durch, aber vor kurzem als Hauptamtsleiter ins benachbarte Dossenheim gewechselt – was von vielen so interpretiert wird, dass er sich damit Beinfreiheit für eine Bürgermeisterkandidatur verschaffen könnte. „Zu Ihrer konkreten Anfrage möchte ich mich zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich noch nicht endgültig festlegen“, betont Röger: „Man sollte schließlich niemals nie sagen, wobei man es sich auch reiflich überlegen muss.“

Hauptamtsleiter lehnt ab

Ein klares Votum, und zwar eine Absage, kommt von Dominik Morast, seit einem Jahr Schriesheimer Ratsschreiber: „In meiner noch verhältnismäßig jungen Funktion als Hauptamtsleiter fühle ich mich sehr wohl“, so Morast: „Vor diesem Hintergrund denke ich nicht über eine Bürgermeisterkandidatur nach.“

Wo genaue Festlegungen fehlen, da sprießen eben die Spekulationen. So fällt auch der Name Christiane Haase, der CDU-Ortsvorsitzenden, die einer grünen Kandidatin Tuncer entgegengestellt werden könnte. Oder FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger, der damit zumindest im ersten Wahlgang ein Zeichen für die Liberalen setzen könnte. Doch der Angesprochene beantwortet die „MM“-Frage mit nur einem Wort: „Ich?“, gefolgt von 22 Fragezeichen.

Wegweisende Bürgermeisterwahlen in Schriesheim

  • 1952: Der Sozialdemokrat Georg Rufer, seit 1945 im Amt, tritt aus Gesundheitsgründen zurück. Fritz Urban, Bürgermeister der NS-Zeit, der Rufer 1933 aus dem Amt gejagt hatte, kandidiert für seine Nachfolge. Zu seiner Unterstützung gründen sich die Freien Wähler. Urban gewinnt gegen den Kandidaten von CDU und FDP.
  • 1954: Wegen Urbans politischer Vorbelastung verweigert die Landesregierung ihm jedoch die Amtseinführung. 1954 kommt es zur Neuwahl, die der parteilose Steuerberater Wilhelm Heeger gewinnt. 1962 wird er mit 99 Prozent der Stimmen bestätigt.
  • 1974: Heeger tritt nicht mehr an. Um seine Nachfolge kandidieren der Einheimische Peter Riehl, Ratsschreiber in Heddesheim und unterstützt von CDU und Freien Wählern, und der auswärtige Franz-Josef Barth (SPD). Riehl siegt auf Anhieb mit 60 Prozent und wird drei Mal wiedergewählt.
  • 2005: Um Riehls Nachfolge bewerben sich der Grünen-Stadtrat Hansjörg Höfer und der Mannheimer Peter Rosenberger, getragen von CDU, Freien Wählern und FDP. Im zweiten Wahlgang siegt Höfer mit 102 Stimmen Vorsprung. Bei seiner Wiederwahl 2013 holt er 73 Prozent. -tin

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