Schriesheim

Jahresabschluss in Schriesheim: „Politische Familie, die sich braucht“

Traditioneller Jahresabschluss des Gemeinderates auch mit ernsten Worten

Von 
Konstantin Groß
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Der wichtigste kommunalpolitische „Ehemalige“ aus 2022: Alt-Bürgermeister Hansjörg Höfer (l.) wird von Vize-Bürgermeisterin Fadime Tuncer mit einem Geschenk bedacht – ebenso wie sein Nachfolger Christoph Oeldorf. © Marcus Schwetasch

Fadime Tuncer ist sichtlich bewegt: „Es ist so wohltuend, dass Sie heute Abend alle hier sind“, bekennt die Erste stellvertretende Bürgermeisterin. Erstmals seit drei Jahren feiert der Gemeinderat der Stadt Schriesheim wieder gemeinsam den Jahresabschluss. Und die Grünen-Politikerin sieht darin für dessen Funktion Notwendigkeit und Beweis zugleich: „Wir sind eine politische Familie, wir brauchen uns gegenseitig.“

Seit Jahrzehnten ist es Tradition, dass sich die Räte zu diesem Anlass versammeln, organisiert nicht vom Bürgermeister, sondern von dessen Stellvertreter/in. Den prachtvollen Rahmen bildet dafür erstmals die Weinscheuer von Christiane Majer. Mit dabei sind auch jene drei Bürger, die das gesamte Jahr über an den Gemeinderatssitzungen teilnehmen – „egal, was auf der Tagesordnung steht, egal, wie lange sie dauern“, wie Tuncer formuliert: Hans Edelmann, Kurt Büchler, Karl-Robert Röhrig.

Oeldorf: Nicht alles geschafft

„Wir haben nicht alles so gemacht, wie wir uns das gewünscht hätten“, bekennt Bürgermeister Christoph Oeldorf in seiner kurzen Rede. Als Gründe nennt er die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, der Corona-Krise und nicht zuletzt des Cyber-Angriffs auf die Stadtverwaltung.

Der Rathaus-Chef dankt für ein „sehr gutes Miteinander“, mit dem „wir konstruktiv an Lösungen gearbeitet haben“. In diesem Geiste, so zeigt er sich überzeugt, werde man weiter „ein modernes und zukunftsfähiges Schriesheim gestalten.“ Ins Detail geht er nicht, nach eigener Aussage aber ganz bewusst: „Der Rückblick fällt diesmal aus, Haushaltszahlen sind nicht sehr sexy.“

Einen Rückblick gibt seine Stellvertreterin Fadime Tuncer jedoch sehr wohl, und zwar mit einem Blick über die Grenzen der Stadt hinaus. Sie erwähnt den Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, aber auch die beklagenswerte Lage der Frauen im Iran: „Es ist kein gutes Jahr für Freiheit und Frieden in der Welt.“

Lob für die Zivilgesellschaft vor Ort

Aber die Kommunalpolitikerin widmet sich auch und vor allem dem, was das alles für Schriesheim bedeutet. Und da fällt die Bilanz der Grünen-Politikerin durchaus positiv aus. „Die Hilfe für die betroffenen Menschen gelingt wunderbar“, betont sie: „Seit dem 24. Februar ist die Hilfsbereitschaft sehr groß.“

Tuncer berichtet von Menschen, die sich selbst in Gefahr bringen, um vor Ort Hilfe zu organisieren; vom Push-Verein, der seine Halle zur Verfügung stellt, damit ein Zwei-Tonner mit Hilfsgütern beladen werden kann; von der Einrichtung einer Kleiderkammer, die seither zu einer festen Einrichtung wird, betrieben freitags von 17 bis 19 Uhr von Ehrenamtlichen wie Alexandra Lorenz und CDU-Chefin Christiane Haase. Und auch der Lage im Iran widmet man sich in Schriesheim, zum Beispiel in Form einer Lesung zum Thema.

Tradition ist es, bei dieser Veranstaltung auch diejenigen zu verabschieden, die im zurückliegenden Jahr ihre Ämter aufgegeben haben. Ganz vornedran steht dabei Hansjörg Höfer, der nicht wieder kandidiert hatte und am 31. Januar aus dem Amt schied. „In den 16 Jahren Deiner Amtszeit wurde in Schriesheim viel erreicht“, lobt Tuncer, nennt beispielhaft die Kinderbetreuung und die Erinnerungskultur.

Höfer selbst erinnert an die schwierigen letzten Monate seiner Amtszeit auf Grund der Corona-Pandemie: „Vor einem Jahr konnten wir nicht gemeinsam Silvester feiern, sondern mussten um 21 Uhr zu Hause sein.“ Und er schließt daraus: „Es ist nicht selbstverständlich, wie wir leben, und daher ist es eine ständige Aufgabe, unsere Gemeinschaft stabil zu halten“, lautet sein Appell.

Dank an Hasenkopf-Konrad

In den zurückliegenden drei Jahren ausgeschieden sind aber auch mehrere Mitglieder des Gemeinderates, allen voran 2021 der Grüne Robert Hasenkopf-Konrad, der 32 Jahre lang dem Gremium angehörte, zuletzt als versierter Haushaltsexperte seiner Fraktion. „Die 32 Jahre im Rat waren schön, das Jahr ohne ihn war aber auch schön“, schmunzelt er.

Erstmals findet diese Veranstaltung in der Weinscheuer von Christiane Majer statt, die dafür ihre besten Weine kredenzt. Das Menü von Viola Keller und die Musik des Gitarrenensembles der Musikschule unter Leitung von Stefan Schäfer bilden den schönen Rahmen eines Abends, der für die letzten Gäste erst weit nach ein Uhr nachts zu Ende geht.

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