Landgericht Mannheim

Frau in Schriesheim betrunken vergewaltigt? - 31-Jähriger schweigt

Er soll in Schriesheim eine Frau vergewaltigt und einen Zeugen mit einem Schlagring verprügelt haben: Jetzt steht Mateusz P. vor dem Mannheimer Landgericht. So lief der Prozessauftakt

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Julian Eistetter
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Die Hauptverhandlung findet am Landgericht Mannheim statt. © Roland Schmellenkamp

Mannheim. Der kräftige Mann hängt mehr auf seinem Stuhl, als dass er sitzt. Die dunkelblaue Adidas-Kappe hat er abgenommen, das braune Kopfhaar ist kurz geschnitten. Auf den Armen Tattoos. In seinem königsblauen T-Shirt beugt er sich weit nach vorne. Gefühlsregungen sind im bleichen Gesicht von Mateusz P. nicht zu erkennen, während Staatsanwältin Susanne Wörner die Vorwürfe gegen ihn verliest. Seit Mittwoch muss sich der 31-Jährige wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung vor dem Mannheimer Landgericht verantworten.

Der polnische Staatsbürger P. soll laut Anklage am 6. April dieses Jahres gegen Mitternacht gewaltsam in die Wohnung eines ihm bekannten Mannes in Schriesheim eingebrochen sein. Der Bekannte habe sich dort mit einer entfernten Verwandten aufgehalten, die in dieser Nacht bei ihm habe übernachten wollen. Die Anwesenheit der Frau habe den Angeklagten geärgert, so Wörner. Dennoch habe der bereits zu diesem Zeitpunkt erheblich alkoholisierte Mateusz P. beide aufgefordert, mit ihm Alkohol zu trinken, den er mitgebracht hatte: Whisky-Cola.

Auf das Bett gestoßen und vergewaltigt

Im Verlauf der Nacht sei P. aggressiv geworden, habe sein Glas auf dem Tisch zerschlagen, wobei ihm ein Schlagring aus der Tasche gefallen sei. „Die spätere Geschädigte hat Angst bekommen und ihn darauf angesprochen“, so Wörner. Weil sie Gewalthandlungen befürchtet habe, soll die Frau versucht haben, die Wohnung zu verlassen. P. habe sich ihr in den Weg gestellt und sie aufgefordert, sich auszuziehen.

Als das Opfer sich weigerte, habe der Angeklagte sie auf das im Zimmer stehende Bett gestoßen, ihr Bluse und BH aufgerissen und die Unterhose heruntergezogen. Anschließend soll er sie mehrere Minuten lang vergewaltigt haben, wobei er laut Anklage ihre Arme festhielt und ihre Schreie und ihr Flehen ignorierte.

Auch der eingeschüchterte Zeuge soll verbal auf Mateusz P. eingewirkt haben. Ihm soll der Angeklagte mit dem Schlagring mehrere Hiebe ins Gesicht verpasst haben, nachdem er von seinem ersten Opfer abgelassen hatte. Der Geschädigte erlitt laut Staatsanwaltschaft unter anderem eine Fraktur des Nasenbeins und zahlreiche Prellungen.

Bevor P. das Weite gesucht habe, soll er noch einen Krankenwagen gerufen haben. Den Verletzten habe er am Kriegerdenkmal in diesem Zustand gefunden, so seine damalige Behauptung gegenüber den Rettungskräften.

Zu den Tatvorwürfen macht Mateusz P. am Mittwoch keine Angaben. In einem nichtöffentlichen Rechtsgespräch erörtern sein Verteidiger Rüdiger Betz, die Kammer unter Vorsitz von Michael Pfau, Staatsanwältin Susanne Wörner und der Nebenklagevertreter Patrick Welke die Möglichkeiten einer Verständigung. Dabei stellt die Staatsanwaltschaft in Aussicht, dass bei einem Geständnis eine Freiheitsstrafe von sechs bis sechseinhalb Jahren in Betracht kommen könne. Nach Wörners Einschätzung habe der Alkoholkonsum den Angeklagten in der Tatnacht zwar enthemmt, eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit liege jedoch nicht vor.

Mateusz P. hat keinen Beruf gelernt

Verteidiger Betz hofft auf eine Freiheitsstrafe „mit einer Fünf vor dem Komma“. Bis zum nächsten Verhandlungstermin am Mittwoch, 8. November, will sich Mateusz P. Gedanken machen, ob er sich zur Sache einlässt. Eine solche Einlassung könnte dem Opfer eine umfangreiche Vernehmung ersparen. In Betracht kommt auch eine Unterbringung in einer Entzugseinrichtung, wie der Vorsitzende Richter Pfau bereits eingangs der Hauptverhandlung in einem rechtlichen Hinweis mitteilt.

Denn Alkohol, das wird am ersten Prozesstag deutlich, bestimmt den Lebensweg des Angeklagten. Er sei in Polen geboren, berichtet der 31-Jährige in seiner Muttersprache, übersetzt von einer Dolmetscherin. In der Schule sei er nicht besonders gut gewesen, einen Abschluss habe er dennoch gemacht. Einen Beruf habe er nicht erlernt, sondern direkt bei seinem Vater auf dem Bau gearbeitet. Wegen des schlechten Einkommens sei er im Alter von 19 oder 20 nach Deutschland gegangen - seine Eltern waren bereits zwei Jahre zuvor nach Dossenheim gezogen.

Keinen Plan für die Zukunft

Dort habe er ein Gewerbe angemeldet und als Subunternehmer auf Baustellen gearbeitet. Doch während er in der Anfangszeit erst nach Feierabend getrunken hatte, konsumierte er mit der Zeit auch während der Arbeit. Er verlor seinen Job und in der Folge noch weitere, habe täglich bis zu 14 Bier sowie Wodka und Whisky getrunken. Seine Eltern wollten ihn so nicht mehr zuhause haben. Einen ersten Entzug brach P. ab. Mehrfach kam er mit dem Gesetz in Konflikt. Welche Perspektive er für seine Zukunft sehe, fragt Pfau. „Ich habe keine Ahnung“, sagt P.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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